Interview: Quinn – endlich wieder da

Redaktion Macnotes, den 3. September 2006
Quinn - Screenshot
Quinn – Screenshot

Anfang Juli bekamen die Macher des beliebten Tetris-Klons Quinn unliebsame Post von den Anwälten der Tetris-Company. Die witterte Urheberrechtsverletzungen und drohte mit Schadensersatzklagen, sollte Quinn weiter zum Download angeboten werden. Doch mittlerweile ist das Spiel wieder erhältlich. Wir haben im Interview mit Simon Härtel, dem Entwickler von Quinn, unter anderem darüber gesprochen, wie es dazu kam.

Macnotes:

Viele kennen Quinn, aber nur wenige das Team dahinter. Was machst du, wenn du gerade nicht an Updates für das Spiel arbeitest? Wer ist neben dir noch an dem Projekt beteiligt?

Simon Härtel:

Ich studiere im Moment Informatik an der TU Ilmenau. Außer mir ist seit Anfang des Jahres Chris Wells mit an Bord, der den Quinn-Webserver betreut.

Der Mac als Spiele-Plattform?

Macnotes:

Der Mac ist nicht gerade als Spiele-Plattform berühmt. Warum hast du Quinn trotzdem für den Mac entwickelt?

Simon Härtel:

Nun, da stecken eigentlich gar keine tiefgründigen Überlegungen hinter: Vor fünf Jahren, im Sommer 2001, hatte ich gerade ein neues iBook G3 bekommen, auf dem zum ersten Mal das (damals noch ganz neue) Mac OS X lief. Viele Leute schwärmten von Apples Cocoa-Framework, also kaufte ich mir das zu diesem Zeitpunkt einzige Buch darüber, arbeitete es durch und suchte dann nach einem kleinen, nicht zu schwierigen Projekt, mit dem ich ein bisschen üben konnte. Mir kam die Idee einer Tetris-Implementierung, und dank Apples ausgereifter Programmierumgebung kam das Projekt schnell voran. Nach ein paar Wochen waren die Grundfunktionen fertig, und das Ergebnis eigentlich viel zu schön, um es im Experimente-Ordner verschwinden zu lassen. Also entschied ich mich, das, was eigentlich nur meine erste „Fingerübung“ sein sollte, zum Download auf meine Website zu stellen.

Macnotes:

Tetris-Klone gibt es wahrscheinlich einige tausend, aber Quinn sticht aus der Masse heraus. Was glaubst Du, macht eure Version so beliebt?

Simon Härtel:

Bei Quinn habe ich mir am Anfang überlegt, welche Features für den Spieler wirklich wichtig sind – konfigurierbare Tasten, eine vernünftige Dokumentation, saubere Grafik oder eine Highscore-Tabelle zum Beispiel. Auf diese Dinge habe ich dann meine Arbeit konzentriert, um sie so gut wie möglich umzusetzen. Das ist oft wichtiger als sich besonders ausgefallene Spielregeln auszudenken.

Simon Härtel:

Erst in späteren Versionen habe ich angefangen, Funktionen einzubauen, die ich nicht zu den „Essentials“ zählen würde – Netzwerkunterstützung zum Beispiel, den Zwei-Spieler-Modus oder das berühmte Polished-Metal-Design. Ursprünglich hätte ich nicht gedacht, dass sich Tetris besonders gut als Netzwerkspiel eignet, aber es gab eine große Nachfrage, und viele Leute nutzen es heute.

Simon Härtel:

Allerdings habe ich immer aufgepasst, nicht den Fokus zu verlieren, und überlege mir jedes zusätzliche Feature sehr gut. Mac-User legen ja bekanntlich viel Wert auf gutes Design und ausgefeilte Details, deswegen konzentriere ich mich auf das Wesentliche und mache das elegant und durchdacht. Immer wieder kommen begeisterte E-Mails von Usern, die sich über kleine Details freuen – z. B. die Gestaltung des Dialogs für das Tastaturlayout, die kurzen Animationen während des Spiels, oder die Tatsache, dass das Spiel automatisch pausiert, wenn man das Fenster wechselt.

Wenn der Anwalt droht

Macnotes:

Anfang Juli drohte die „Tetris-Company“ wegen angeblicher Urheberrechtsverletzungen mit rechtlichen Schritten gegen euch. Worauf stützte sich diese Drohung genau? Und was hat euch bewogen, trotzdem weiterzumachen und Quinn jetzt wieder zum Download anzubieten?

Simon Härtel:

Seit Ende der neunziger Jahre versucht die Tetris Company, unabhängige Tetris-Varianten vom Markt zu drängen. Anwälte verschicken an die Autoren der Spiele sogenannte „cease and desist“-Briefe, in denen unter Androhung einer Klage dazu aufgefordert wird, den Vertrieb der Spiele einzustellen. In einigen Fällen hatten sie damit Erfolg, in vielen nicht. Die rechtliche Grundlage dieser Forderungen ist, vorsichtig gesagt, sehr umstritten, und hauptsächlich geht es wohl um den Einschüchterungs-Effekt. Abgesehen vom Versenden dieser Briefe hat die Tetris Company (meines Wissens) nie irgendwelche juristischen Schritte ergriffen bzw. vor Gericht Recht bekommen.

Simon Härtel:

Nachdem wir so einen Brief erhalten hatten, haben wir Quinn erst einmal offline genommen, um uns die rechtliche Situation genau anzuschauen. Dabei wurden wir besonders von der Electronic Frontier Foundation sehr unterstützt, und inzwischen kenne ich mich richtig gut mit dem US-Urheberrecht aus. Ich möchte jetzt nicht alle juristischen Details ausbreiten, aber schlussendlich sind wir sicher, dass die reine Spielidee nicht schutzfähig ist.

Simon Härtel:

Während Quinn offline war, haben wir eine überwältigende Unterstützung durch die Quinn-Community bekommen, die uns ermutigt hat, nicht einfach aufzugeben.

Simon Härtel:

Ich will aber nicht nur juristisch argumentieren, denn selbst wenn es rechtlich erlaubt ist, möchte ich anderen nicht ihre Ideen wegnehmen. Allerdings haben in den vergangenen Jahren unabhängige Entwickler hunderte Tetris-Spiele programmiert, für die meisten Plattformen gibt es gar keine anderen. Die Tetris Company hat nie eine Tetris-Version für Mac OS X angeboten. Insofern kann ich den Zweck ihres Treibens nur schwer nachvollziehen. Man könnte fast den Eindruck bekommen, das Unternehmen sieht seinen Auftrag darin zu verhindern, dass die Leute Tetris spielen.

Die Zukunft von Quinn

Macnotes:

Was dürfen wir in Zukunft noch von euch erwarten? Bleibt Quinn Freeware? Und gibt es Pläne für weitere Spiele?

Simon Härtel:

Bei mir bleibt für neue Projekte im Moment leider keine Zeit, denn selbst wenn ich Quinn nicht mehr aufblähen möchte als nötig, gibt es immer noch eine Menge von Verbesserungen und Ideen, die ich in der gewohnten Qualität verwirklichen möchte. Mac-Entwickler verraten ja im Voraus nur ungern Details, deswegen nur soviel: Schon sehr bald wird es eine neue Quinn-Version mit äußerst interessanten neuen Features geben, und in wenigen Monaten oder vielleicht Wochen kommt ein noch größeres Update. Und Quinn bleibt selbstverständlich Freeware.


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