Le Web 3 zu politisch?

Alexander Trust, den 14. Dezember 2006
Le Web 3
Le Web 3

Die diesjährige „Le Web 3“-Konferenz ist vorbei und wie es scheint, gab es einige der Teilnehmer, die das Event in Paris zu „politisch“ fanden. Darüber hinaus werden Inhalte und Organisation kritisiert, sowie die Landessprache.

Politik einfach auslassen

Ian Delaney gehört zu den Personen, die als technikinteressierte Person irritiert war, dass auf der Le Web 3 nicht nur der Nobelpreisträger Shimon Peres auftrat, sondern auch die französischen Präsidentschaftskandidaten Raum für Werbung in eigener Sache bekamen. Von seinem Bekannten Shel Israel, selbst Gastredner auf dem letztjährigen Kongress, bekommt er den Rat sich vorwiegend dem „Netzwerken“ zu widmen und die politischen Veranstaltungen einfach auszulassen.

Anders lauten da die Worte von Nicole Simon, die sich, auf Englisch zwar, aber in typisch deutscher Manier über so gut wie Alles auf Le Web 3 auslässt. Besonders wirft sie dem Initiator Loic Lemeur vor, den Kongress für seine eigenen politischen Ambitionen missbraucht zu haben.

2012, erfährt der Leser, sei sie bereits über das Event enttäuscht gewesen, weil seinerzeit zu viele Geeks auf zu viele ganz normale Leute gestoßen seien. Entsprechend passte sie ihre Erwartungshaltung an und wurde trotzdem erneut enttäuscht.

Fehlerhafte Organisation?

Simon kritisiert die Organisation des Events und dessen Programm. Wenn man 1000 Teilnehmer erwarte, müsse man im Vorfeld genügend Zeit investieren, um ein vernünftiges Programm auf die Beine zu stellen. Sie impliziert, dass Lemeur das nicht getan hat, ohne tatsächlich Hintergrundwissen über den Ablauf der Organisation zu haben.

Darüber hinaus erlebte sie deutlich zu viele politische Inhalte auf Le Web 3, wegen derer alles andere vernachlässigt worden sei. Sie selbst, schreibt Simon, hatte zudem keine Möglichkeit, Einfluss darauf zu nehmen.

Sicherheit

Wegen der politischen Gäste wurde den übrigen Gästen der Besuch des Kongress erschwert, so hatte man zum Beispiel vor dem Eintritt seinen Ausweis vorzuzeigen und wurden die eigenen Taschen währenddessen vor dem Konferenzraum in Verwahrung genommen. Das ist sicherlich der Preis, der für hohe politische Gäste gezahlt werden muss.

Irritation der Redner

Tatsächlich weniger schön ist die Tatsache, dass einige der Redner, zu denen auch Bekannte von Frau Simon gehörten, ihre 20-minütigen Vorträge kurzfristig auf die Hälfte der Zeit reduzieren sollten, damit den politischen Sprechern deutlich mehr Zeit geboten würde. Alles nur, damit Präsident Sarkozy auf einem Kongress für Geeks und IT-Professionals Wahlkampf machen konnte?

Simon argumentierte, dass man doch auf einer „europäischen“ Konferenz sei und deshalb nicht mit ausschließlich französischer Politik konfrontiert werden müsste. Tatsächlich muss man ihr entgegenhalten, dass Frankreich ein Teil Europas ist und darüber hinaus schon alleine der Titel der Konferenz seit seiner Gründung als „Les Blogs“ und später dann „Le Web“ eindeutig immer französisch war.

Sprachbarriere

Deshalb ist es zudem vermessen, alle Vorträge vor Ort dem Diktat der englischen Sprache unterordnen zu wollen. Es mag sein, dass viele Vorträge auf Englisch gehalten wurden und nach wie vor werden, aber das ist eben keine Gewehr dafür, dass jemand in Frankreich nicht auch in seiner Muttersprache vortragen wird. Es gibt Konferenzen wie den Chaos Communication Kongress in Deutschland, auf dem auch nicht alle Vorträge in Englisch gehalten werden, sondern teils auch auf Deutsch. Wenn ein Event wie „Le Web“ richtig ausgewachsen wäre, könnte man von ihm vielleicht Simultan-Dolmetscher und Audio-Sets für internationale Besucher fordern, doch zum jetzigen Zeitpunkt ist der Betreiber dazu scheinbar nicht in der Lage.

Aber wie Simon in ein stolzes Land wie Frankreich zu fahren, und zu „fordern“ (nicht zu hoffen), dort würde Englisch gesprochen, ist vergleichbar naiv mit dem Impetus den deutsche Touristen im Ausland an den Tag legen, weil sie erwarten in Griechenland, der Türkei, Spanien oder Italien müssen die Einheimischen Deutsch sprechen.

Was unter dem Strich bleibt ist das Gefühl, dass Le Web 3 nicht das war, was einige Besucher gehofft hatten. In der Blogosphäre wird derweil über Professionalität und auch die Person Loic Lemeur geschrieben, ein vermeintliches Gegensatzpaar.


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