Politik und Weblogs

Alexander Trust, den 28. Januar 2007
Blog
Blog, Bild: Macnotes

Sind Blogger politischer als andere Akteure der Gesellschaft? Kann man diese Frage überhaupt so stellen? Blogger sind auf jeden Fall eine neue Kategorie in der Sozialstruktur eines Landes.

Einige Blogger politisieren (und polemisieren), andere führen Parteiblogs, die wiederum nicht nur politische Inhalte behandeln. Manche möchten mit ihren Blogs in der Gemeinschaft aller Blogger so etwas wie „Politik“ betreiben. Die überwiegende Mehrheit der Blogger allerdings äußert sich selten politisch und dürfte im Gros ähnlich unpolitisch sein wie andere Gesellschaftsteilnehmer.

Besonders interessant ist, dass der amerikanische Wahlkampf per se irgendeine Art Anziehungskraft auf Menschen ausübt, die nicht aus Amerika stammen. Hingegen stehen landespolitische Angelegenheiten recht weit hinten auf der Agenda derselben Blogger. Dieser Eindruck kann natürlich ein rein subjektiver sein.

Schauen wir uns exemplarisch ein Mal die ersten und letzten Drei aus den deutschen Blogcharts (Top 100) an, und wie in diesen Blogs Politik zur Geltung kommt. Vielleicht lässt sich am Ende sogar ein Erkenntnisgewinn daraus formulieren.

Die Nr. 1: Das BILDBlog zeichnet sich gerade als Watchblog des Springer-Organs BILD-Zeitung aus. Letzteres berichtet oft genug über Politiker, selten jedoch in der Art und Weise, dass man von „politischer“ Berichterstattung sprechen könnte. Der BILDBlog steht dem großen Bruder, den es observiert, in diesem Punkt wohl in nichts nach. In gewisser Weise betreibt das Blog „Politik“ gegen die BILD-Zeitung. Keinesfalls ist der BILDblog jedoch in irgendeiner Form politisch.

Die Nr. 2: Gibt man bei Spreeblick das Suchwort „Politik“ ins Formularfeld ein, erhält man insgesamt wenig Politisches. Allenfalls wird Politprominenz dann und wann lobend erwähnt oder aber durch den Kakao gezogen. Der Blogverlag hinter Spreeblick bietet indes ein politischeres Blog (lautgeben.de) an. Das jedoch wurde eine Weile (Oktober 06) lang nicht mehr aktualisiert.

Die Nr. 3: Basic Thinking mit Robert Basic hat sich zuletzt „politisch“ in Sachen Blogosphäre gezeigt, organisierte zusammen mit dem PR-Blogger abseits vom DLD ein Bloggertreffen. Außerdem scheint er sich für den amerikanischen Präsidentschafts-Wahlkampf zu interessieren, veröffentlichte er in der jüngsten Vergangenheit doch dann und wann Beiträge über die potenziellen KandidatInnen der Demokraten in USA.

Die Nr. 9: Dem Titel nach ist „Netzpolitik“ durchaus politischer in der Berichterstattung. Die Themen des Blogs sind jedoch sehr technikzentriert. Die Agenda umfasst vorwiegend Dinge wie Datenschutz, Urheberrecht oder Meinungsfreiheit. Dies alles sind Themen, die nicht zwingend im gesellschaftspolitischen Mainstream angesiedelt sind, jedenfalls derzeit. Zudem liest man dort immer wieder über web-politische Diskurse.

Die Nr. 71: Bei „bloggen für den Weltfrieden“ ist der Name nicht unbedingt Programm und am Ende mehr ein Lippenbekenntnis, das als Etikett herhalten muss. Die Suche nach dem Stichwort Politik bietet insgesamt drei Ergebnisse. Ein wenig mau, um den Weltfrieden zu beschwören.

Die Nr. 98: Onlinejournalismus.de ist ein sehr spezieller Blog, der wenig Alltagspolitik im Portfolio bietet.

Die Nr. 99: „Journalismus – Nachrichten von Heute“ wirkt wie eine Sammelstelle für freie Autoren. Dort finden sich durchaus sehr politische Themen, meist jedoch auf weltpolitischer Ebene.

Die Nr. 100: „Hans-Wurst.de“ verbreitet einfach nur Blödsinn. Die Leser des Blogs erwarten weder Politisches, noch erheben die Macher den Anspruch, politisch berichten zu wollen.

Außer Konkurrenz: „Sajonara.de“ ist bisweilen politisch gewesen, in letzter Zeit jedoch zu unpolitisch aufgetreten.

Es bleibt die Frage: Ist es überhaupt gut, wenn Blogger politisch sind?


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