Test: iPhone (8 GB)

Redaktion Macnotes, den 12. Oktober 2007
iPhone 2G
iPhone 2G, Bild: Macnotes

Noch knapp einen Monat dauert es, bis das iPhone auch hierzulande über die Ladentische geht. Wir liefern euch schon jetzt unseren ausführlichen Testbericht, nachdem wir das Gerät mehrere Wochen lang dies- und jenseits des Atlantiks genutzt haben. Dabei musste das iPhone im Review zeigen, ob es nicht nur neidische Blicke auf sich zieht, sondern auch im Alltag überzeugen kann.

Das iPhone sei ein Telefon, ein iPod und eine Internet-Wunderwaffe. Wir legen in unserem Test ganz bewusst den Schwerpunkt auf die Schwachstellen und Unzulänglichkeiten, die leider zahlreicher sind als man dem Gerät auf den ersten Blick ansieht.

Lieferumfang

Das iPhone kommt in einer erstaunlich kleinen Schachtel aus schwarzem Karton, die einen sehr hochwertigen Eindruck macht. Darin befinden sich das Dock, ein Dock-Connector-Kabel, ein Netzteil (nur zusammen mit dem Kabel nutzbar), die Kopfhörer (die als iPhone-Headset dienen) und ein schwarzes Mikrofasertuch. Ansonsten liegen die üblichen Apple-Aufkleber, Garantiehinweise etc. bei. Eine Gebrauchsanweisung sucht man vergeblich – lediglich ein Faltblatt mit Finger-Gesten findet sich in der Schachtel.

Design

In Sachen Design braucht das iPhone selbst den Vergleich mit den Luxus-Handys der Marke Hause Vertu nicht zu scheuen. Die glänzend-glatte Front aus Glas und Chrom und die Rückseite aus mattem Aluminium harmonieren hervorragend und vermitteln einen edlen, aber sachlichen Eindruck. Das übliche Tastenwirrwarr haben Apples Designer auf ein absolutes Minimum reduziert.

Das iPhone bringt mit 135 Gramm mehr Gewicht als die meisten Konkurrenten auf die Waage, beult dank seiner schlanken Figur aber weder Hemd- noch Hosentaschen aus. Da nahezu die gesamte Vorderseite vom berührungsempfindlichen Display eingenommen wird und somit kaum Platz zum Ablegen der Finger bleibt, liegt das iPhone allerdings nicht ganz so gut in der Hand.

Die Verarbeitung des iPhone ist ingesamt überdurchschnittlich gut und die Spaltmaße sind verschwindend gering. Bei einigen Modellen konnten wir allerdings einen kleinen Verarbeitungsmangel feststellen: Der Chromring scheint zuweilen nicht exakt auf dem Alu-Gehäuse platziert zu sein, so dass die recht scharfen Kanten des Rings an manchen Stellen überstehen. Soweit uns bekannt, hat der Apple Store diese Geräte jedoch anstandslos zurückgenommen.

Aktivierung

Ohne Aktivierung des Mobilfunkvertrags geht (offiziell) erst einmal gar nichts – selbst die iPod-Funktion lässt sich vorher nicht nutzen. Die Aktivierung des Vertrags über iTunes ist aber einfach und nach Angabe der Kreditkarten-Daten in wenigen Schritten erledigt.

Alternativ lässt sich die Aktivierung mit einem der unzähligen Tools umgehen, die findige Hacker schon wenige Tage nach Verkaufsstart veröffentlicht haben. Mit der aktuellen Firmware setzte Apple dem und auch dem Entfernen des SIM-Locks ein vorläufiges Ende, aber in den letzten Tagen tauchten schon wieder neue Lösungen auf. Ein wahres „Katz und Maus“-Spiel, wie Steve Jobs jüngst zugeben musste.

Telefon

Als Mobiltelefon schlägt sich das iPhone sehr gut. Dank des großen Displays ist das Wählen ein Kinderspiel und häufig genutzte Nummern lassen sich in einer Favoriten-Liste ablegen. Einziger Kritikpunkt insoweit: Es braucht bis zu sechs verschiedene Schritte, um einen Anruf zu tätigen (Einschaltknopf, „Tasten“-Sperre, ggf. Home-Button, Telefon-Icon, Kontakt auswählen, Nummer auswählen). Erst mit der Firmware-Version 1.1.1 schafft Apple Abhilfe: Die Favoriten-Liste lässt sich nun per Doppel-Druck auf den Home-Button aufrufen.

Während eines Gesprächs schaltet sich das Display Dank des integrierten Entfernungssensors aus – das spart Strom und verhindert vor allem versehentliches Drücken der „Tasten“. Entfernt man das iPhone vom Ohr, schaltet sich das Display wieder ein und ein Menü mit verschiedenen Optionen erscheint. Unter anderem lassen sich dort weitere Gesprächsteilnehmer hinzufügen (Konferenzschaltung), das Gespräch auf „Halten“ stellen und der Lautsprecher zuschalten. Letzteres hätte Apple sinnvollerweise mit dem Entfernungssensor verknüpfen sollen. Dann würde sich der Lautsprecher automatisch zuschalten, sobald man das iPhone vom Ohr entfernt.

Während eines Gesprächs kann man jederzeit über den Home-Button zurück ins Hauptmenü und z. B. eine Adresse raussuchen oder eine E-Mail nachlesen. Das klappt in der Praxis ganz hervorragend – mit einer Einschränkung: Die Internetverbindung über EDGE/GPRS ist während des Gesprächs unterbrochen. Das iPhone signalisiert das laufende Gespräch über einen pulsierenden, grünen Balken über der Statusleiste. Tippt man ihn an, kommt man zurück ins Gesprächsmenü.

Die Sprachqualität ist sowohl auf Anrufer- als auch auf Empfängerseite gut. Zu bemängeln ist jedoch die geringe maximale Lautstärke des Ohrhörers. Vor der Geräuschkulisse der meisten Großstädte wird es damit leider recht anstrengend, dem Gesprächspartner zu folgen. Im Zweifel hilft der Griff zum mitgelieferten Headset. Das kann übrigens auf ganzer Linie überzeugen: Neben den vom iPod bekannten Ohrstöpseln ist im Kabel auf der rechten Seite ein Mikro integriert, außerdem ein kleiner Taster. Drückt man diesen einmal, nimmt man den eingehenden Anruf an. Drückt man zweimal hintereinander beendet man das Gespräch bzw. lehnt es ab. Im iPod-Modus dient dieser Taster als Fernbedienung: Einmal drücken entspricht Play/Pause, zweimal springt zum nächsten Song. Hört man gerade Musik, während ein Anruf eingeht, blendet das iPhone den Song sanft aus und nach Ende des Gesprächs an der gleichen Stelle wieder ein. Besser kann man es nicht lösen.

Weniger gelungen sind dagegen die SMS-Fähigkeiten des iPhones. Die iChat-ähnliche Oberfläche kann zwar durchaus überzeugen, aber leider bietet das iPhone keine Zeichen-Anzeige. Noch ärgerlicher ist allerdings, dass man eine SMS jeweils nur an einen einzigen Empfänger schicken kann. Da dem iPhone eine Copy/Paste-Funktion fehlt, wird das Versenden ein und derselben Nachricht an mehrere Empfänger zur echten Geduldsprobe. MMS unterstützt das iPhone bekanntlich nicht – für manche ein echter Nachteil, aus unserer Sicht aber eher zu vernachlässigen, schließlich steht ein ausgewachsener E-Mail Client zur Verfügung.

iPod

Steve Jobs lässt keine Gelegenheit aus, das iPhone als „best iPod ever“ zu loben. Und kein Zweifel, es ist ein faszinierendes Erlebnis, in Cover Flow mit dem Finger durch seine Musiksammlung zu blättern – gewissermaßen die moderne Variante des Stöberns in Papas Plattenkiste. Video-Podcasts und Filme sind ein Genuss auf dem hochauflösenden Display, das zudem einen unglaublich großen Betrachtungswinkel bietet.

Es sind die kleinen Dinge, die das ansonsten überaus positive Bild trüben: So gibt es keine Möglichkeit, Songtexte auf dem iPhone darzustellen. Schlimmer noch: Intelligente Wiedergabelisten kommen auf dem iPhone völlig unsortiert an. Wer also z. B. in iTunes eine intelligente Playlist mit seinen 50 neuesten Songs angelegt und nach „Hinzugefügt am“ sortiert hat, guckt in die Röhre. Warum solch grundlegende Funktion seit Jahren auf jedem iPod zum Standard gehören, aber auf dem iPhone nicht möglich sind, bleibt Apples Geheimnis.

Internet und E-Mail

Um es vorweg zu nehmen: Der Safari-Browser auf dem iPhone ist bei weitem das Beste, was bisher als „mobiles Internet“ verkauft wurde. Mit dem iPhone hat man tatsächlich zum ersten mal auf einem Handy-Display ein wirklich brauchbares Surf-Erlebnis – sofern man über WLAN mit dem Internet verbunden ist. Über EDGE/GPRS wird das Surfen auf Spiegel Online & Co dagegen zum Geduldsspiel – unterwegs empfiehlt es sich deshalb, auf die abgespeckten Mobil-Varianten umzusteigen, die viele Seiten anbieten. Die fehlende Flash-Unterstützung dagegen klingt auf dem Papier dramatischer als sie in der Praxis ist. Im Gegenteil, ohne die bandbreiten-intensiven Flash-Banner lädt so manche Seite schneller als gewohnt. Viele Video-Angebote werden ohnehin zumindest zusätzlich in Quicktime-kompatiblen Formaten angeboten und lassen sich somit auf dem iPhone nutzen (so z. B. die Kurz-Ausgabe der Tagesschau).

Ganz ohne Tadel ist allerdings Mobile Safari nicht: Teilweise stürzt er ohne Vorwarnung ab, insbesondere bei mehreren geöffneten Fenstern. Noch gravierender ist allerdings folgender Bug: Hört man Musik und surft gleichzeitig in Safari, wird die iPod-Wiedergabe zuweilen unterbrochen. Bei uns trat dieses Phänomen zwar nicht regelmäßig, aber dennoch häufig genug auf, um es als Ärgernis zu vermerken. Ähnlich geht es vielen anderen Nutzern, die sich in Apples Support-Foren beschweren. Das Problem ist Apple seit längerem bekannt, doch mit der Firmware-Version 1.1.1 wurde es noch nicht behoben.

Der Mail-Client auf dem iPhone bietet Licht und Schatten: Gut gelöst ist die Anbindung an iTunes: Mail-Accounts lassen sich synchronisieren, das umständliche Eingeben der Daten auf dem iPhone entfällt somit. Die technischen Fähigkeiten überzeugen ebenfalls: Selbst mit aufwendigen HTML-Mails hat das iPhone keinerlei Probleme. Schattig wird es wieder einmal in den Details: So fehlt dem Mail-Programm ein Button, mit dem sich alle Nachrichten als gelesen markieren lassen, auch das gleichzeitige Löschen mehrerer Nachrichten ist nicht möglich. Zudem muss man immer erst den Home-Screen aufrufen, um überprüfen zu können, ob neue Mails vorliegen – denn in der Status-Leiste werden neue Nachrichten nicht angezeigt. Abhilfe schafft ein Tool namens Taskbar-Notifier. Dieses lässt sich allerdings nur installieren lässt, wenn Lese-/Schreibzugriff auf das iPhone besteht („Jailbreak“) – wovor Apple ausdrücklich warnt.

Ein weiteres Manko des Mail-Programms fällt vor allem dann ins Gewicht, wenn man nicht über eine mobile Daten-Flatrate verfügt: Das iPhone speichert Mails (und deren Inhalt, wie Bilder, Anhänge etc.) nur in einem temporären Speicher. Somit werden Nachrichten oft mehrfach heruntergeladen, was unnötigen Traffic verursacht. Ohne aktive Internetverbindung lassen sich Mails oft gar nicht betrachten. Uns ist es ein Rätsel, warum Mails nicht dauerhaft auf dem iPhone gespeichert werden – schließlich steht mit 8 GB mehr als ausreichend Kapazität zur Verfügung.

Sonstige Anwendungen

Das iPhone bietet ab Werk eine Reihe weiterer Programme, von denen vor allem der Kalender und Google Maps überzeugen können. Mit letzterem kann man sich z. B. kinderleicht die nächste Tankstelle anzeigen lassen und bei Bedarf sogar direkt aus Google Maps anrufen und fragen, ob noch Benzin vorrätig ist.

An die gleichnamigen Widgets erinnern die Wetter-, Aktien- und Taschenrechner-Anwendungen – weniger spektakulär, aber durchaus nützlich. Berechtigte Kritik hat dagegen das Notiz-Programm hervorgerufen: Die Pseudo-Schreibschrift lässt sich auf dem iPhone nicht sonderlich gut lesen und mit dem Mac werden die Notizen bisher nicht synchronisiert.

Zu YouTube und dem iTunes Wi-Fi-Store erübrigt sich eine nähere Untersuchung: Beide funktionieren wie erwartet. Ob man sie wirklich braucht, ist eine andere Frage.

Eine ganz neue Dimension von Anwendungen eröffnet sich, sobald man sich Lese/Schreibzugriff verschafft und Nullrivers Installer.app installiert hat. Damit lassen sich Programme von Drittherstellern direkt vom iPhone aus herunterladen und installieren. Ob Nintendo-Emulator oder Chat-Client – die Möglichkeiten sind nahezu grenzenlos. Umso ärgerlicher, dass Apple bislang alles daran setzt, Entwickler vom iPhone fernzuhalten.

Konnektivität

Dass das iPhone ohne UMTS-Fähigkeiten daherkommt, wurde schon hinlänglich diskutiert. Letztlich ist die jetzige Lösung mit GSM und EDGE ein Kompromiss zugunsten der Akkulaufzeit. Schon die nächste Generation des iPhone dürfte wohl über ein UMTS-Modul verfügen.

Völlig unverständlich ist allerdings, dass Apple die WLAN-Fähigkeiten im Vergleich zum Mac kastriert hat: Während der Mac seit langem das Authentifizieren über WPA/WPA2-Enterprise unterstützt, kann das iPhone nur Verbindungen im Personal-Modus aufbauen. Viele Drahtlos-Netze in Unis und Büros setzen aber auf den Enterprise-Standard, der Passwort und Nutzerkennung abfragt. Für iPhone-Nutzer heißt es dort: Wir müssen leider draußen bleiben.

Ähnliches gilt leider für manche VPN-Netze, insbesondere die recht weit verbreiteten Cisco-VPNs. Davon abgesehen lassen sich VPN-Verbindungen auf dem iPhone leicht einrichten und über einen extra Button im Einstellungs-Menü mit nur zwei „Klicks“ aufbauen bzw. beenden.

Das Bluetooth-Modul fristet auf dem iPhone dagegen ein Nischendasein: Lediglich entsprechende Headsets oder Freisprecheinrichtungen lassen sich damit nutzen. Wer eine Bluetooth-Tastatur nutzen möchte oder gar auf drahtlose iTunes-Synchronisation gehofft hatte, der wird enttäuscht.

Akkulaufzeit

Die Akkulaufzeit des iPhones überraschte uns positiv: Nach einigen Ladezyklen erreichte das iPhone Standby-Zeiten von 2-3 Tagen je nach Nutzung. Schaltet man die WLAN-Verbindung aus, erhöht sich die Akkulaufzeit noch einmal signifikant.

Fazit

Das Design des iPhones ist überaus gelungen; das Bedienkonzept ist tatsächlich revolutionär und das Display über jeden Vergleich erhaben; die technischen Möglichkeiten sind theoretisch einzigartig. Dennoch kann uns das iPhone nicht vollends überzeugen. Nicht, weil die Kamera nichts taugt (da ist das iPhone in guter Gesellschaft) oder weil ein UMTS-Modul fehlt (EDGE erreicht momentan noch ähnliche Geschwindigkeiten und ist deutlich energieeffizienter). Nein, es sind zum einen die vielen Unzulänglichkeiten der Software, die Apple nach drei Monaten und trotz des jüngsten Firmware-Updates nicht in den Griff bekommen hat. Zum anderen hat Apple mit eben diesem Update – ob beabsichtigt oder nicht – allen Herstellern von Drittprogrammen den Krieg erklärt. Also jenen, die durch eigene Programme und meist ohne kommerzielles Interesse viele der erwähnten Unzulänglichkeiten behoben und darüber hinaus einige gute Ideen zur Weiterentwicklung eingebracht haben.

Viele treue Kunden werden deshalb das Gefühl haben müssen, einen Sportwagen bezahlt zu haben, aber dauerhaft in einer Tempo-30-Zone gefangen zu sein. Wenn Apple hier nicht bald reagiert – entweder mit regelmäßigen, „echten“ Firmware-Updates oder besser noch mit einer offiziellen Entwickler-Schnittstelle – könnte sich die anfängliche Begeisterung schnell verflüchtigen.


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