Ist Apple out, oder nicht?

Alexander Trust, den 17. Januar 2008
Apple-Logo
Apple-Logo, Bild: Apple

Ich selbst besitze ein Macbook, bin dieses Jahr September, nach 19 Jahren PC-Erfahrung gewechselt. Ich wollte etwas Neues probieren und habe mich recht schnell eingelebt. Gleichwie bin ich kein Apple-Jünger, der alles, was aus dem Hause kommt, gut findet, wie man an meiner Reaktion auf die Enthüllungen in Steve Jobs‘ Keynote auf der Macworld Expo ablesen kann.

Bei zeitgeist lehnt man den Hype um Apple ab präsentiert 12 Gründe, warum Apple out sein soll. Inspiriert sind diese von einem Artikel auf Spiegel Online. Konrad Lischka und Matthias Kremp resümieren darin, dass Apple seinen Kultstatus verloren habe. Ablesen tun die beiden dies unter anderem an der wachsenden Kritik in der Blogosphäre, vor allem Top-Blogger Robert Scoble wird mehrfach zitiert.

Journalisten und Sicherheitsbedenken

Lischka und Kremp haben in ihrem Artikel eine Art Dossier angelegt mit Meinungen und Erfahrungen. Die Verknappung von manchen Informationen könnte den wenig informierten Leser aber in die Irre führen und manches ist kaum noch Wahrheit.

So heißt es dort z. B. über Probleme mit Apples neuem Betriebssystem OS X 10.5 Leopard:

„In der Tat gab Apple zu, dass Probleme bei der Aktualisierung auftreten können – für die häufigsten wie den „Blauen Schirm“ nach der Neuinstallation veröffentlichte der Konzern auch ausführliche Lösungshilfen.“ (Konrad Lischka)

Der „blaue Schirm“ von dem die Rede ist, trat nur bei Besitzern von Macs ohne Intel-Prozessor auf. Es lag jedoch eine Inkompatibilität mit Softwarekomponenten eines Fremdherstellers vor. Die Schuld bei Apple zu suchen ist wenig hilfreich.

Sicherheitsprobleme bei der Firewall in Leopard hingegen sind nicht wegzudiskutieren; Apple hat bereits nachgebessert. Vor einiger Zeit wurde zudem der erste Mac-Trojaner bekannt. Man muss die Tatsache betonen, dass es der „erste“ war. Verglichen mit den vielen tausend Trojanern für Windows-Computer ergibt sich für Käufer kein Grund genau davor zurückzuschrecken. Überlaute Warnungen in diesem Fall sind nicht viel mehr als Panikmache.

Sicherheitsexperten in den USA, so stellen Lischka und Kremp außerdem vor, warnen vor Angriffen auf Apples iPhone 2008. Alle Besitzer von Mobiltelefonen mit Internet-Zugang haben jedoch dasselbe Problem. Sie setzen sich potenziellen Attacken aus. Das ist ebenfalls kein Apple-spezifisches Problem. Richtig ist, dass Apple-Nutzer bislang so eine Art Minderheit waren und deshalb kaum interessant für Angreifer. Aber das ist ebenfalls kein Argument für oder gegen Apple-Produkte, geschweige denn, um zu signalisieren, dass hier ein Hype am Ende ist.

Verschwörungstheorie à la Scoble

Lischka und Kremp zitierten Robert Scoble mit einem seiner Blogartikel, in dem er Probleme beim Anschluss seiner Videokamera an den Mac beschreibt. Scoble thematisiert, dass wir viel zu sehr an die Versprechungen der Werbung glauben. Als Apple-Nutzer müsste man cool sein. Treten dann Probleme auf, würden wir uns lieber selbst in Frage stellen als das Produkt. Überhaupt nicht wissenschaftlich hat Scoble diese Annahme anhand eigener Erfahrungen in einer Runde mit Freunden beobachtet. In der Wissenschaft würde aber nicht eine Theorie aus einem Einzelfall abgeleitet.

Lustig ist indes folgende Annahme Scobles:

„And then there’s something else. Apple has an ARMY of people who are anonymous who will come and call you every name in the book. I know. They hit yesterday here. I deleted them all, but, dozens, if not hundreds, of comments calling me every name in the book.“ (Robert Scoble)

Apple verfügt laut Scoble über eine Armee an anonymen Kritikern, die ihm jederzeit Kontra geben. Dabei bliebe es nicht immer sachlich. Dieses Argument ist allerdings eher für eine Verschwörungstheorie geeignet. Scoble vergisst, dass er eine Person der Öffentlichkeit ist. Viele Leute lesen sein Blog, nicht jeder ist seiner Meinung. Wir haben nicht reflexartig Holtzbrinck dafür verantwortlich gemacht, als in den Kommentaren Befürworter von StudiVZ sich verbal gegen uns stellten.

Darüber hinaus kritisierte Scoble, dass Apple Blogger und Journalisten manipulieren würde, weil man ihnen Laptops zur Verfügung stellte. Doch dieses Argument musste Scoble recht bald korrigieren.

„UPDATE: That’s not totally fair on my part. I know these journalists will report when they are sent something that doesn’t do what it promises. I need to correct this post. The journalists don’t get free products that they get to keep (most of the times). They do send them back. I’m sorry to the journalists who I made this point about.“ (Robert Scoble)

Nun ist das Verschicken von Rezensionsmustern, ganz gleich ob bei Büchern, CDs, Computerspielen und anderer Technik gängige Praxis in der Industrie. Wie anders sollten die Tester vor allem frühzeitig an die gelangen, wenn nicht über den Hersteller selbst? Wie viele Redaktionen könnten es sich leisten sofort ein neues MacBook zu kaufen, um es danach mit Wertverlust zu verkaufen, nur um einen Test darüber zu schreiben?

In diesem Punkt hat Scoble also geirrt. Doch Lischka und Kremp scheinen das zu ignorieren oder nicht zu wissen. Man darf außerdem an einen Skandal aus dem Vorjahr erinnern, bei dem tatsächlich Blogger ACER-Laptops mit Windows Vista behalten durften, wenn sie darüber schrieben.

12 Thesen

Kommen wir nun zu dem bereits zitierten Artikel auf zeitgeist. 12 Gründe werden uns darin präsentiert, warum Apple out sein soll. Apple böte schlechte Qualität (1), heißt es. Von explodierenden iPods wird geschrieben, als Spitze des Eisbergs. Firmen wie Dell oder Sony mussten ganze Notebookserien zurückrufen, weil die Akkus Feuer hätten fangen können. Darüber hinaus erinnere ich gerne nicht nur an deutsche Fahrzeughersteller die Rückrufaktionen für ihre Autos einrichten müssen. Das ist kein Argument der Ablenkung, sondern ein Hinweis darauf, dass Schwachstellen in Produkten ein Problem unserer Zeit zu sein scheinen. Inwiefern das allerdings dazu führt, dass sich die Kundschaft überlegt, Apple nicht mehr cool zu finden, darf bezweifelt werden.

Argument (2), Apple sei proprietär, ist nicht wegzudiskutieren. Aber viele andere Hersteller gehen den gleichen Weg. Kann ich in meinem HP-Drucker Epson-Tinte verwenden? Ist es ein Leichtes Office-Dokuemnte in Anwendungen anderer Hersteller ohne Fehler zu öffnen und zu bearbeiten? Ist das aber ein Grund, warum Apple auf einmal out sein soll?

(3) Apple ist der einzige große Anbieter von Musik, der noch auf DRM besteht. Dieses Argument ist bereits seit der MacWorld Expo nicht mehr zulässig, da Apple zukünftig auf DRM verzichten wird. Tatsächlich aber muss man das Argument kritisch hinterfragen. Denn der riesige Erfolg von iTunes ist gerade trotz DRM entstanden.

(4) Apples Produkte sind nicht umweltfreundlich. Das trifft keinesfalls auf alle Apple-Produkte zu, sollte in meinen Augen jedoch nicht relativiert werden. Steve Jobs hat dieses Thema in seiner Keynote am Dienstagabend aufgenommen, als er das Macbook Air vorstellte. Die Komponenten des Macbooks Air enthalten nicht mehr die beanstandeten Inhaltsstoffe wie z. B. Weichmacher. Apple ist also nicht taub auf diesem Ohr, wie bereits berichtet.

(5) Ausbeutung von Arbeitern in Billiglohnländern. Dieses Argument ist nicht von der Hand zu weisen, und es macht wenig Sinn, mit dem Finger auf die PlayStation, Wii oder den DVD-Player und Fernseher der Konkurrenz zu zeigen, die allesamt unter gleichen Arbeitsbedingungen produziert werden. Dies ist eine gesellschaftliche Frage, die uns aber nicht erst seit Apple beschäftigt. Darüber hinaus ist es aber erneut kein Argument, den Status Quo der Angesagtheit von Apple messen zu wollen. Denn die Produkte des Herstellers aus Cupertino verkaufen sich trotz der miesen Arbeitsbedingungen prächtig.

(6) bis (12): Auf zeitgeist werden noch weitere Thesen präsentiert, die aber zunehmend willkürlicher anmuten. Der Hype um Apple-Produkte beispielsweise, oder der Preis des iPhones. Wenn das Argumente sein sollen, warum Apple out ist, dann haben mir die Meinungen auf Spiegel Online noch besser gefallen.

Eins ist wahrnehmbar: Die Kritik wird lauter. Aber wohl, weil der Erfolg zunimmt.


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