Interview mit Ibrahim Evsan: 2008 wird unser Jahr

Alexander Trust, den 30. Januar 2008
Ibrahim Evsan
Ibrahim Evsan

Es liegt schon eine Weile zurück, dass in der Blogosphäre eine kurze Welle schwappte, aus einem ganz bestimmten Lager. Diese Welle schwappte in Richtung eines Kölner Internet- und Medienunternehmens: sevenload. Grund war die Kooperation zwischen der Video-Plattform und Bloggern.

Gerne hätten wir schon damals ein Interview geführt, das wir nun jedoch nachliefern. Gründer und Geschäftsführer von Sevenload, Ibrahim Evsan, steht Sajonara Rede und Antwort, nimmt Stellung zu den Vorwürfen aus dem alten Jahr und blickt positiv ins Jahr 2008. Sevenload wird sich verändern, auch Premiumdienste anbieten.

Unser Dank gilt auch Mike Schnoor, der das Interview möglich gemacht hat.

Alexander Trust:

sevenload plant einen Relaunch und bewirbt diesen in Blogs. Das Blog von Robert Basic ist eines davon. An der Blogbar fand diese Werbeaktion keinen guten Anklang. Was sagt ihr zu der Einschätzung Don Alphonsos, dass die Anzeige auf BasicThinking beiden Seiten schadet?

Ibrahim Evsan:

Wir haben ganz bewusst in Blogs wie von Robert Basic oder Peter Turi eine Werbefläche gebucht. Weitere Buchungen in verschiedenen Blogs werden folgen. Die Reaktionen der Blogosphäre spiegelt genau das wider, womit wir in diesem Feldversuch gerechnet haben. Man spricht über sevenload mit unterschiedlicher Auffassung. Für uns ist es wichtig mit dieser Aktion auch zu zeigen, dass Blogs sich sehr gut als Werbefläche eignen. Wir glauben fest daran, dass Blogs bereits heute wie Redaktionen in der Zukunft funktionieren. Blogs müssen sich jedoch auch refinanzieren können.

Könnt ihr uns mehr zum Relaunch verraten? Welche Features wird sevenload bieten?

Bereits jetzt kann ich eines versichern: Die technische Qualität der abgespielten Videos wird sich deutlich verbessern. Auch der Uploadprozess wird mehr in seiner Usability und Kompatibilität bieten als bisher. Das Design wird vollkommen auf erprobte Mechanismen der Benutzerführung ausgerichtet sein und gleichzeitig einen echten Mehrwert durch mehr Unterhaltungspotential bieten und Interaktivität für jeden Nutzer erzeugen. Wir werden bei sevenload keine Einbahnstraßen mehr haben. Die Vernetzung von Content mit anderen Inhalten wird einfacher.
Es wird eine neue Tagging-Technologie eingesetzt, die das Suchen vereinfachen wird und ebenfalls haben wir die Suchfunktionen generell verbessert.

Wird es auch Veränderungen an der Technik geben? Denn bei Gugelproductions heißt es, dass sevenload die Technik-Krone schon abgegeben hätte, und gegenüber anderen Mitbewerbern ins Hintertreffen geraten ist.

Wir nehmen solche Kritik ernst. Besonders von Experten wie Bertram. Doch ein technisch komplexes System wie sevenload kann man nicht von einem Tag auf den anderen ändern. Aus diesem Grund haben wir uns für die vollständige Überarbeitung von sevenload entschieden. Auch deswegen dauert der Relaunch so lange.

Deutsche Videoplattformen, so wird in der Blogbar, auf Maingold und an anderen Stellen im Netz debattiert, hätten gegenüber YouTube keine Chance. Teilt ihr diese Meinung?

Die Blogger, Journalisten und Medienexperten sind sich immer uneins. YouTube wird die größte Videosuchmaschine bleiben, während sevenload sich in der Vergangenheit auf einige Segmente des Marktes konzentriert hat. Die Künstler- und Talentförderung ist für uns immer noch wichtig, und bei YouTube wird ein Künstler in der Masse untergehen und sich nicht behaupten können. Es bleibt daher immer Auslegungssache des einzelnen, ob und wie man die Plattformen miteinander vergleicht.

Wenn es nach Maingold geht, dann hat sevenload ein großes Imageproblem und bedient quasi die „Unterschicht“. Mit der zukünftigen Ausstrahlung von Big Brother-Inhalten würdet ihr dies nur noch unterstreichen. Zum einen: Was haltet ihr von der diskreditierenden Schublade, in der eure Nutzer gesteckt werden? Zum anderen: Wie begegnet ihr der Aussage, ihr hättet ein Imageproblem?

Im Gegenteil: sevenload hat stark durch dieses Format profitiert. Die Werbebranche hat den Atem angehalten, als ein ursprüngliches Fernsehformat in dieser Vielfalt mit einer unabhängigen Community im Netz ausgestrahlt wird. Diejenigen Blogger, die sich darüber typischerweise in Kritik üben, müssen lernen, dass auch das Web 2.0 im Wandel ist. Wer den Massenmarkt nicht bedient wird über kurz oder lang ein Problem haben, seine Position auszubauen.

Die Verträge mit Endemol würden zeigen, dass es euch nicht um Qualität, sondern vielmehr um Quantität ginge, heißt es auf Maingold. Könnt ihr diese Aussage nachvollziehen?

Ich bezweifle, dass der Autor irgendein Vertragswerk überhaupt kennt.

Ganz allgemein gefragt: Wie viel Wert legt ihr auf die Berichterstattung aus der Blogosphäre? Trifft es euch hart, wenn solche, durchaus nicht unbekannten Blogs eure Plattform so abwerten?

Die Blogosphäre ist für uns unglaublich wichtig, weil hier die ersten User zu sevenload kamen. Ich persönlich zähle mich auch als Blogger, daher nehme ich die Argumentationen meiner Kollegen sehr ernst. Auch nutzt unser Team die Blogosphäre für jegliche Recherche und lässt sich durch die vielseitige Kreativität der Blogger begleiten. Auch wenn einige der unbekannten Blogger negativ berichten, nehmen wir ihre Kritikpunkte wahr, sofern diese logisch und konstruktiv sind.

Betrachtet sevenload sich selbst als Web 2.0-Unternehmen? Wenn ja, was ist Web 2.0 für euch?

Web 2.0 ist ein Zeichen für die mittlerweile allgegegenwärtige Partizipation der Individuen in der Medienwelt. Ohne Blogs, Podcasts, Videos, Bilder, Social Communities und Social Networks würden wir ein unglaubliches Informationsdefizit in unserem Alltag erleben. Recherche, Selektion und Individualisierung aller Informationen ist letztendlich der logische Schritt von staatlich kontrollierter Informationsdistribution über Pressezensur bis zur Pressefreiheit und dem Aufstieg der Medien zu Wirtschaftsmächten. Das Web 2.0 bringt die Meinung des Einzelnen wieder in den Vordergrund. Ich sehe sevenload definitiv als ein Unternehmen, welches im Zeitalter des Web 2.0 groß geworden ist.

Glaubt ihr daran, dass sich eine Geschichte, wie zu Zeiten des dotcom-Tods für das Web 2.0 wiederholen kann?

Der Markt wird sich bereinigen. Von tausend einzelnen Web 2.0-Anwendungen werden sich nur einige Dutzend durchweg finanzieren lassen und schwarze Zahlen schreiben. Doch das ist der seit Jahrhunderten funktionierende Markt und nicht die Auswirkungen von einer Blase. Es können nicht 100 Schuhläden in einer Straße aufmachen – wer sollte die ganzen Schuhe denn kaufen? In ähnlicher Art wird sich auch das Web 2.0 bereinigen und die besten Social Communities werden den Markt dominieren.

Sieht sevenload sich in Konkurrenz zu Social Networks wie Facebook, MySpace oder StudiVZ? Immerhin habt ihr auch eine Community-Funktion. Leute haben Profile bei euch, und euer Kapital ist auch der soziale Graph hinter sevenload.

Jede Plattform ist eine Social Community. Sobald ein Nutzerprofil hinterlegt werden kann und sich über irgendeine kommunikative Ebene wie Kommentare, Nachrichten und Gästebücher oder Fotos, Videos oder Audioinhalte ausgetauscht werden kann, befindet man sich in einer Community. Die genannten Social Networks stehen also indirekt in einer Konkurrenzsituation zu sevenload.

StudiVZ hat in der Vergangenheit Aktionen mit deutschen Bands gehabt. Entsprechende Videobeiträge wurden über sevenload publiziert. Wie sieht die Kooperation mit dem Holtzbrinck-Netzwerk heute aus?

Die Aktionen waren in der Form einzigartig. Wir planen derzeit gemeinsame Aktionen mit anderen Kooperationspartnern. Für eine Zusammenarbeit mit StudiVZ steht für uns jedoch nichts im Weg und sie wird mit Sicherheit wiederholt werden.

Könnt ihr euch bei sevenload auch vorstellen, Premiumdienste anzubieten?

Kurz nach dem Relaunch werden wir auch Premiumdienste anbieten, die einen Mehrwert für den Nutzer darstellen werden. Genaueres möchte ich hierzu vorerst nicht mitteilen.

Wie steht ihr dem Thema personalisierte Werbung gegenüber? Ist das ein Konzept, das sevenload auch reizen würde, oder glaubt ihr, dass der Aufwand sich nicht lohnt?

Web 2.0 ist Individualisierung pur. Die Werbetreibenden werden personalisierte Werbung fordern, und sofern es der Nutzer ihnen auch gestattet, wird sevenload auch diesen Weg einschlagen. Wir haben aus den Fehlern von anderen Anbietern gelernt und unsere Hausaufgaben gemacht.

Da aktuell in Hessen und Niedersachsen, aber auch in Hamburg Wahlkampf gemacht wird/wurde: Gibt es Parteien, die auf sevenload Wahlkampf machen? Wie sind eure Erfahrungen damit? Ist die deutsche Parteienlandschaft schon so medienkompetent wie andernorts (USA bspw.)?

Die Parteien erkennen den Mehrwert der multimedialen Distributionskanäle. Im linearen Fernsehen können die Parteien im Schnitt über 30 Minuten hinweg diskutieren, jedoch gibt es nur das Feedback der Journalisten. Die Wähler können direkt im Web 2.0 partizipieren – und das gibt den entsprechenden Anreiz für gemeinsame Partnerschaften mit allen Beteiligten.

Abschließend bleibt die Frage, auch wieder mit Blick auf den Relaunch gerichtet: Wie schaut die langfristige Planung von Sevenload aus? Welche Ziele habt ihr euch selbst gesteckt? Gibt es Visionen, die ihr umsetzen wollt?

2008 wird unser Jahr werden. Was man heute auf sevenload sieht ist nichts im Vergleich zu dem, was wir mit dem neuen ’sevenload 3.0′ auf die Beine stellen werden.


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