Solid Snakes Auftritt auf dem iPhone: Metal Gear Solid Touch

Alexander Trust, den 4. April 2009
Metal Gear Solid Touch
Metal Gear Solid Touch

Es war gut, dass Hideo Kojima mit seiner Entwicklungsfirma Kojima Productions die Fäden selbst in die Hand genommen hat. Gut deswegen, weil Konamis erste Gehversuche im App Store bislang eher schlecht als recht ausfielen. Seit Mitte März geht Solid Snake mittlerweile auch auf dem iPhone in Rente, und ich hab mir angesehen, ob die Kultfigur ein Leben auf dem portablen Handheld führen kann.

Spielerisch, muss man sagen, ist Solid Snake eindeutig eine Klasse besser als Silent Hill – The Escape. Aber das war zu erwarten, denn schließlich hatte MGS immer auch die Nase vor Silent Hill auf anderen Plattformen vorne. Es war mir gegönnt, die Wandlung eines einstigen Helden zur alternden Figur Old Snake auf der PlayStation 3 mitzuerleben. Drum haut mich ehrlich gesagt das Schieß-Feuerwerk mit angezogener Handbremse auf der iPhone OS-Plattform nicht mehr vom Hocker, fesselt mich stellenweise aber durchaus.

Intuitive Steuerung

Herrlich leichtgängig könnte man die Bewegungen von Solid Snake auf dem iPhone nennen, zugleich müsste man sie ebenso eingeschränkt betrachten. Die Steuerung erfolgt nur über die Touchscreen-Eingabe. Zwar gibt es ein Fadenkreuz auf dem Bildschirm, doch muss der Spieler dieses nicht unmittelbar verschieben. Stattdessen reicht es völlig aus in einem vorgegebenen Bereich in der Nähe der Spielfigur mit dem Finger herum zu malen. Berührt man den Bildschirm, kommt Snake hinter seiner Deckung hervor und just in dem Moment können wir das Fadenkreuz ebenfalls bewegen. Die Wege, die der Finger zurück legen muss sind bestenfalls extrem kurz. Denn der Koordinatenmittelpunkt ist immer relativ zur aktuellen Position des Fingers beim Tippen auf den Schirm.

Wenn man mich fragt, ist genau die letztgenannte Steuerungsoption ein Wegweiser für potentielle, leichtgängige Ego-Shooter-Steuerungen auf dem System. Zusammen mit einem virtuellen D-Pad am linken Bildrand könnte man so ohne Weiteres durch dreidimensionale Flure und Katakomben eilen, während man den Blick der Spielfigur zeitnah justiert.

Aus der Entfernung treffen

Wie in einem Arcade-Shooter tauchen auf unterschiedlichen Stellen des Bildschirms die gegnerischen Einheiten auf. Diese sind natürlich nicht immer identisch, sondern variieren in ihrem Leistungsvermögen, ihrer Bewaffnung und ihrem Bewegungsrepertoire. Die Gestensteuerung die wir auf dem iPhone vom Herein- oder Herauszoomen bei Bildbearbeitungen kennen, sie hilft uns ebenfalls, weiter entfernte Gegner anzuvisieren. Zunächst positionieren wir das Fadenkreuz ungefähr in der Nähe des Widersachers, führen dann eine Geste aus, indem wir zwei Finger an der Stelle auseinander gleiten lassen und schon zoomt Solid Snake mit einem anderen Kaliber an den Gegenüber heran. Geschossen wird durch wiederholtes Tippen auf den Bildschirm.

Kopftreffer am wirkungsvollsten

Zwar besteht die Möglichkeit, den Gegner innerhalb eines vorgezeichneten Radius zu treffen, doch am wirksamsten stellen sich Treffer am Kopf heraus. Ganz gleich ob sich der Gegner nun in unmittelbarer Nähe, in mittlerer Reichweite oder großer Entfernung befindet. Nicht treffen sollte man immer mal wieder auftauchende Zivilisten.

Notwendige Gimmicks

Stellenweise poppen Quietsche-Entchen oder Gummifrösche auf dem Display auf. Trifft Snake diese, gibt es Extras für ihn. Meist handelt es sich um (temporäre) Verbesserungen seiner Ausrüstung, zu denen natürlich auch die Waffen zählen. In manchen Spielabschnitten ist ein Weiterkommen nicht möglich, ohne eine Extrawaffe zu „erschießen“.

Ebenfalls hilfreich sind umherstehende Fässer, die mit hochexplosiver Flüssigkeit gefüllt sind. Wenn man nicht schnell genug den Gegner anvisieren konnte, hilft vielleicht das Ballern auf das Fass, um den sprichwörtlichen Tropfen zum Überlaufen zu bringen. Alles was in der näheren Umgebung zugegen ist, wird mit in die Luft gesprengt.

End- und Zwischengegner

Wir bekommen es zwischendrin mit größeren Kalibern zu tun. Gegen Ende des zweiten Abschnitts (Spiel ist unterteilt in Akte) beispielsweise wird uns in Mission 7 (Nummerierung geschieht trotzdem fortlaufend) ein „Gekko“ das Leben schwer machen. Dieser zweibeinige Roboter ist eine Mischung aus Metall und organischen Bestandteilen. Er ist jedoch nicht das Ziel unseres Angriffs, erschwert es uns jedoch, die übrigen Soldaten zu eliminieren. In anderen Missionen bekommen wir es zum Beispiel mit Hubschraubern zu tun, die außerhalb unserer gewöhnlichen Reichweite liegen, und mit ihren Raketen dennoch das Leben schwer machen.

Besonders interessant sind allerdings die Kämpfe gegen die diversen Endgegner, die teilweise einfach nur schnelles Reagieren (z. B. Laughing Octopus) erfordern oder aber das Zurechtlegen einer Strategie nötig machen.

„Drebin’s Shop“

Die Anführungszeichen deuten übrigens an, dass ich kein „Deppenapostroph“ verwendet habe, sondern es sich um die englische Schreibweise handelt. Metal Gear Solid ist derzeit noch nicht lokalisiert und wird bis zum Erscheinen des quasi zweiten Teiles wohl noch ohne deutsche Fassung auskommen müssen. Der Kaufladen von Drebin indes ist für das Aufwerten des eigenen Mobiltelefons gedacht. Im Spiel erarbeiten wir uns Drebin-Punkte, die wir im Shop einlösen können. Und zwar für diverse Hintergrundmotive (vgl. oben). Zu diesem Zweck müssen wir allerdings erst ein Screenshot erstellen und das Motiv dann aus der Bilddatenbank des iPhones als Hintergrundbild auszeichnen.

Der iPod-Klon

Wer MGS4 auf der PS3 schon kennt, der wird sich hier prima zurecht finden, denn MGS Touch erzählt dieselbe Geschichte. Spätestens an diesem Punkt kann der iPhone-Klon kaum mehr von sich behaupten, er wäre so etwas wie der kleinere Bruder. Das ist schade, denn der Titel ist ansonsten äußerst gelungen.

Doch es fehlt ihm an der Atmosphäre und an den Fähigkeiten zur Inszenierung. Gamelofts Hero of Sparta hat indes gezeigt, dass animierte Zwischensequenzen auf iPhone und iPod touch durchaus möglich sind. Bei Solid Snakes Abenteuer auf der Plattform muss der Spieler sich mit Standbildern begnügen, vor die ein Text eingeblendet wird, der die Geschichte dokumentiert. Es gibt weder Sprachausgabe, noch Bewegung.

To be continued

Das jetzt für iPhone veröffentlichte Spiel stellt nur so etwas wie die erste Hälfte dar – 12 von insgesamt 20 Missionen umfasst es. An der zweiten Hälfte wird noch fleißig gewerkelt. Käufer der im App Store erschienenen Fassung erhalten die zusätzlichen Spielinhalte kostenlos. Gespannt sein darf man auf das große Finale, weil hier ein Spiel im Spiel auftauchen könnte, so wie es schon bei der PS3-Fassung der Fall war. Solid Snake könnte dann ebenfalls auf dem iPhone Beat ‚em Up-like zum finalen Schlag ausholen.

Fazit

Fans der Metal Gear-Spiele werden ein lachendes und ein weinendes Auge benötigen um ihre Blicke über MGS Touch schweifen zu lassen. Trotz der analog zu Guns of the Patriots (MGS4) erzählten Handlung im Hintergrund kann der iPod touch-Ableger nicht dieselbe Atmosphäre vermitteln. Das Gerät kann allerdings mehr, als man aus ihm heraus geholt hat. Die Dinge, die man in die Tat umgesetzt hat, sind zweifellos einwandfrei umgesetzt. Wegen der intuitiven Steuerung macht MGS Touch weitaus mehr Spaß als so mancher Arcade-Shooter-Verschnitt, der sich selbst um den Spielspaß bringt, weil er sich nur schwerfällig bändigen lässt. Und auf den Spaß kommt es an, oder?


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Testergebnis

URS: 7 von 10
7

Positives

  • technisch einwandfrei
  • tolle Erzählung

Negatives

  • nicht vergleichbar mit bisherigen Metal-Gear-Spielen
  • zu wenig Atmosphäre