Mac-Gaming fehlt die Plattform – Interview mit Frictional Games

Alexander Trust, den 30. April 2009
Penumbra Overture
Penumbra Overture

Mit der Penumbra-Spieleserie haben die Skandinavier von Frictional Games Achtungserfolge erzielt. Sie haben von Beginn an Wert darauf gelegt, die Titel auf verschiedenen Computer-Plattformen anzubieten und den Macintosh als Spielecomputer nicht außen vor zu lassen. Ob es eine Herzensangelegenheit war und wie das das Arbeiten der Firma beeinflusst hat, könnt Ihr im Interview mit Jens Nilsson erfahren. Er äußert sich außerdem zu der Frage, warum der Mac nie so wirklich als Spielecomputer interpretiert wurde und ob sich mit der Einführung von Snow Leopard (OpenCL Unterstützung) etwas daran ändern könnte.

Macnotes:

Wenn nicht das iPhone gewesen wäre, würde man Macgaming immer noch als Nische wahrnehmen. Hast Du eine Erklärung dafür, warum es scheint, als wären der Mac und das Spielen zwei verschiedene Paar Schuhe?

Jens Nilsson:

Als Neuling in der Apple-Welt findet man absolut keine Hinweise übers Spielen, nicht auf Apples Startseite im Internet und auch nicht, wenn man sich einen Mac im Laden ansieht. Fast hat man das Gefühl, als würden sie sich schämen, einen Computer zum Spielen zu benutzen. So als wäre man ungezogen, wenn man es täte. Man muss eine Eingebung haben, um zu wissen, dass die Spiele-Seite auf Apple.com durchaus Informationen bereithält.

Nein, wenn du einen Mac benutzt, wirst du als kunstbeflissen abgestempelt und hast gefälligst Musik und Videos zu produzieren oder Fotos zu machen. Kreativität ist das Zauberwort! Spielen ist was für Geeks.

Ich glaube, dass das Problem sich in der Hauptsache darum dreht: Als Entwickler und Publisher weißt du nicht, wie du den Spieler erreichen kannst. Es gibt nicht viele Zeitschriften oder Webseiten rund um das Spielen am Mac. Und es gibt definitiv kaum Orte, an denen du die Spiele verkaufen kannst. Dann gibt es noch die Illusion, dass Mac-Nutzer nicht spielen würden, dass der Mac nicht zum Spielen ausgelegt ist und ähnliches. Zusammengenommen verringert das die Chancen ungemein, dass größere Unternehmen sich engagieren und bereit wären, Risiken einzugehen. Vielleicht könnte man aus dem Mac sogar eine Spieleplattform machen. Doch dazu bedarf es aktuell einiger Anstrengungen, und wenn ich Anstrengungen sage, dann meine ich damit nicht die Lippenbekenntnisse während einer Keynote mit anschließender Veröffentlichung von 3 Spielen. Das ist mit Sicherheit keine große Anstrengung.

Am Ende reduziert man es auf die Frage, ob man mit dem Mac als Spieleplattform Geld machen kann. Die Antwort lautet höchstwahrscheinlich Nein. Darum ist der Mac kein Ort für Spiele. Die Entscheidung wurde aber lange vorher getroffen, als man sich entschied, aus dem Mac einen Lifestyle-Computer zu machen, etwas mit dem man kreativ sein kann und viele coole und produktive Dinge tun kann. Natürlich erledigt der Mac diese Aufgaben ziemlich gut. Nur dieser Aufwand wurde und wird betrieben, und vielleicht geschieht dies auf Kosten des Gaming.

Macnotes:

Ihr habt bei Frictional Games Macintosh und Linux von Anfang an unterstützt. Welchen Grund hattet ihr dafür?

Jens Nilsson:

Als kleines Entwicklerstudio haben wir uns überlegt, dass es weniger Aufwand bedeuten würde, ein Spiel auf mehrere Plattformen zu portieren anstatt auf einer Plattform viele Spiele zu erstellen. Wir entschieden uns dafür, Cross-Plattform-Technologien zu verwenden, um die Portierung zu vereinfachen und um sicherzustellen, dass unsere Einkünfte eher mehr als weniger sein würden. Es hat sich herausgestellt, dass uns diese Vorgehensweise schon oft „das Leben gerettet hat“. Auf Seiten der PC-Version hatten wir Probleme mit dem Publisher und wenn wir nicht außerdem die Mac und Linux-Versionen gehabt hätten, würden wir heute nicht hier stehen. Ich will nicht behaupten, dass die Mac- und Linux-Versionen ein ziemlich großer Erfolg waren, aber sie haben genug in unsere Kassen gespült um selbst stürmische Zeiten zu überstehen. Ich selbst habe außerdem schon an vielen Mac-Games mitgearbeitet. Das erste Spiel überhaupt, an dessen Entwicklung ich beteiligt gewesen bin war eines für den Macintosh. Also lag ich den anderen mit der Unterstützung für den Mac in den Ohren, wohl zu meiner eigenen Belustigung. Augenblicklich nenne ich einen alten G4 mein eigen, der für alle Sound-Kreationen für unsere Spiele zum Einsatz kommt. Dazu gehören auch alle Teile von Penumbra.

Macnotes:

Hast Du eine Erklärung dafür, warum Macgaming nicht von Apples Hochzeit mit Intel profitiert hat? Zumindest nicht so sehr, wie man es angenommen hatte.

Jens Nilsson:

Das hängt wohl grundsätzlich damit zusammen, dass der Computerspiele-Bereich kleiner wird, oder zumindest von den meisten Publishern im Sinkflug gesehen wird. In Kombination mit der Tatsache, dass es nur wenige Plätze gibt, seine Spiele für Mac zu verkaufen und noch weniger Orte, an denen man die Leute über seine Mac-Spiele informieren kann, werden das die Gründe sein. Es gibt mittlerweile kaum noch Webseiten, die sich ausführlich dem Macgaming widmen, geschweige denn, dass sie groß genug wären, um viele Nutzer zu erreichen. Und allgemeine Spieleportale informieren nur selten ausführlich über eine Mac-Variante, und wenn sie es tun bestenfalls als Randnotiz in der Liste der unterstützten Plattformen. Wenn man sich einen Mac zulegt, weiß man gar nicht, wo man sich informieren könnte. In ein Spielegeschäft kannst du nicht gehen und online wirst du nicht wissen, wo du suchen sollst. Erfahrene Nutzer werden Wege finden, sich zu informieren, und z. B. auf Mac Game Store oder Mac Games Arcade die Spiele online zu kaufen. Doch wo fängt der Neuling an?

Macnotes:

Könnte die Unterstützung von OpenCL in der nächsten Version von OSX (Snow Leopard) einen großen Impuls für das Macgaming liefern?

Jens Nilsson:

Ich bin mir nicht sicher. Vielleicht erweitert es die vorhandenen Möglichkeiten Spiele auf den Macintosh zu bringen, ähnlich wie Apples Umstieg auf Intel-Prozessoren, was nicht zwangsläufig zu einem Mehr an Spielen führte. Doch ich bin mir ganz sicher, dass die Technologie nicht der Grund für den stotternden Spielemarkt rund um den Mac ist. Im Augenblick kann man auf den Einsatz von verschiedenen Cross-Plattform-Bibliotheken zurückgreifen, so wie wir es tun, oder andere Technologien wie Cider verwenden um den Portierungsprozess vom PC möglichst wenig aufwendig zu gestalten, oder umgekehrt und sogar für den gleichzeitigen Release. Der dringendste Impuls, den das Macgaming benötigt, sind mehr Anlaufstellen, seine Spiele an den Nutzer zu bringen. Damit man einen gangbaren Weg hat, seine Investitionen zurück zu bekommen.

Macnotes:

Mit dem Anwachsen des App Store, so scheint es, wird das Entwickeln für das iPhone zum Trend. Eine Vielzahl von Independent-Entwicklern sind wie Pilze aus dem Startup-Boden geschossen. Wird es in geraumer Zeit auch „Cocoa“-Games von Frictional geben?

Jens Nilsson:

Das kann man nie wissen! Im Augenblick aber eher nicht. Wir haben eine Nische gefunden, mit der wir sehr zufrieden sind und Erfahrung im Umgang mit ihr haben. Derzeit sind wir nicht an einem Vorstoß in einen neuen Markt, mit brandneuen Entwicklertools interessiert, der noch dazu sehr hart umkämpft ist. Aber natürlich sind alle Modelle für uns interessant, die den Weg vom Entwickler zum Kunden verkürzen. Dementsprechend beobachten wir die Geschehnisse und knüpfen Kontakte, damit wir zu einem späteren Zeitpunkt vielleicht in die Entwicklung einsteigen können.

Macnotes:

Welcher Begriff beschreibt das iPhone am besten? Ist es eher ein Mobile oder ein Handheld?

Jens Nilsson:

Das kann ich nur schwer beantworten, weil ich nie eines benutzt habe! Aber was ich sagen kann ist, dass es ein Handheld ist, das besser als Mobiltelefon funktioniert als Mobiltelefone es tun. Einsteigern wird das Anrufen sehr einfach gemacht…

Macnotes:

Ihr habt kürzlich Neuigkeiten zu einem neuen Projekt von euch veröffentlicht. Es trägt den Titel „Unknown“. Die Produktionsphase ist angelaufen und ihr habt einen Veröffentlichungstermin für das 2te Quartal 2010 ausgerufen. Ihr steckt sehr viele Ressourcen in dieses Projekt, oder?

Jens Nilsson:

Also alle von uns arbeiten daran, ja. Angefangen haben wir damit schon früh im Jahr 2008, Konzepte entwickelt, Designs und die Engine. Im Laufe des Jahres haben wir dann begonnen „Unknown“ zu unserem Vollzeit-Projekt zu machen. Das verdanken wir auch der Förderung durch das Nordic Game Program, die die Entwicklung eines Prototypen finanziell unterstützen. Derzeit arbeiten wir wie verrückt an den ersten Zügen des Spiels. Es ist aufregend, weil wir Inhalte erstellen, die Teil der späteren Verkaufsversion werden.

Macnotes:

Ein erster Trailer von euch zeigt ein gänzlich anderes Setting in Unknown als wir es aus Penumbra kennen. Welche Gemeinsamkeiten oder Unterschiede weist der neue Titel mit der Penumbra-Serie auf?

Jens Nilsson:

Es ist ein neues Horror-Game, das sich auf die Stimmung fokussiert, das Erkunden und die Verletzlichkeit der Charaktere. Man wird herumschleichen und Gefahren aus dem Weg gehen, während man den Kopf anstrengt, um Rätsel zu lösen und den Ort des Spielgeschehens erkunden. Diese Beschreibung passt prinzipiell auch auf Penumbra. Doch dabei kann man es bewenden lassen. Unknown ist ein komplett neues Spiel, das im 17ten Jahrhundert spielt und in dem der Spieler ein Schloss erkunden muss, dessen Wurzeln im 12ten bis 13ten Jahrhundert zu suchen sind. Die Spielgeschwindigkeit ist höher und es ist in kleinere Einheiten aufgeteilt. Wir verfolgen die Idee weiter, Spiele zu entwickeln, die mehr eine Erfahrung für den Spieler sein können denn eine Herausforderung für ihn darstellen. Auf technischer Seite kommt eine neue Enginge zum Einsatz, die von den neusten Techniken gebrauch macht, die für diese Art von Spiel wirklich sinnvoll sind. Beispielsweise können wir fast beliebig viele Lichtquellen anordnen.

Macnotes:

Wird es in der Zwischenzeit andere Spiele von Frictional Games geben?

Jens Nilsson:

Nein, definitiv nicht. Wir sind lediglich zu Viert in der Firma. Selbst mit externen Angestellten ist das Erstellen alleine eines Spiels schon genug Arbeit!

Macnotes:

Vielen Dank an Jens Nilsson für das Interview


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