Test: A Vampyre Story ist Point and Click für den Mac vom Macher von Monkey Island

Alexander Trust, den 13. Juni 2009
A Vampyre Story
A Vampyre Story, Screenshot

Wir wollen bei der Wahrheit bleiben. Verantwortlich für A Vampyre Story zeichnet sich Bill Tiller. Dieser Mann hat sich seine Finger schon an vielen sehr guten Abenteuerspielen schmutzig gemacht. Am Ur-Monkey-Island war er zwar nicht beteiligt, dafür aber am dritten Teil und einer Reihe weiterer Klassiker hat er mitgearbeitet. Nun durften Mac-Freunde dieses Jahr erleben, dass einige Point and Click Adventure den Weg auf den Mac gefunden haben. Ob der Umweg über Windows der Protagonistin geschadet hat und wer am Ende am meisten zu lachen hat, diesen Fragen wollen wir im Testbericht nachgehen.

Wer aber ist die Hauptdarstellerin in dieser Episode? – Die junge, blutdürstende Mona de Laffite. Sie wurde ins ferne Draxsylvanien entführt, von einem Knilch der nur halb so groß ist wie sie, aber dafür wohl doppelt so grausam. Sie wurde nicht nur entführt, sondern gleich noch mit dem Verbrecher unfreiwillig verheiratet. Dieser heißt Shrowdy von Kiefer und ist Erbe einer alten Dynastie. Ihre neuerliche Hautfarbe und ihr Hunger nach rotem Lebenssaft – damit hat sich die junge Opernsängerin noch nicht so recht anfreunden können. Fest an ihrer Seite flattert Froderick, die vorlaute Fledermaus.

Ich will weg

Mona will fliehen, und unverhofft kommen ihr zwei Vampirjäger zu Hilfe, die ihren trotteligen Gatten auf einer Besorgungsfahrt mit dem Flock ins Herz erlegen. Wer aber nun denkt, dass damit das größte Hindernis schon aus dem Weg geräumt ist, der irrt. Denn auf dem Spielplan stehen einige Stunden süffisanten bis absurden Humors, der dem Spieler sowohl in Englisch als auch auf Deutsch vorgetragen wird. Die Synchronisation hat dabei eine enorm gute Qualität erreicht, weil man mit Comedians wie Tetje Mierendorf oder Hennes Bender professionelle Sprecher engagierte und nicht am falschen Ende gespart hat.

Innovatives im Geiste

Ursprünglich wollte Bill Tiller, so heißt es, keine Hotspotanzeige im Spiel unterbringen. Die gibt es nun aber doch. Mittels TAB-Taste aktivieren wir sie und kriegen dann selbst die subtil versteckten Gegenstände aufgefunden. Das, was eigentlich unser Inventar sein soll, ist es nur virtuell. Die Diva „merkt“ sich nur, wo ein Gegenstand, den sie gebrauchen könnte, zu finden ist. Erst wenn wir ihn wirklich wirklich benötigen, wird er von Ort und Platz weggeholt. Genauso verfährt man übrigens mit Ideen, respektive Aktionsversuchen. Diese Innovation ist allerdings nur eine auf dem Papier, denn faktisch verändert sich für den Spieler dadurch nichts. Die Fledermaus Froderick gehört übrigens genauso zum Inventar und ob Mademoiselle Lafitte ihn alleine für Aufgaben einsetzt, oder beide im Team ein Problem lösen – die vorlaute Fledermaus erfüllt durchaus Sinn und Zweck und ist zudem ein Garant für kruden Humor. Wer immer schon wissen wollte, wie eine Fledermaus sich als kleines Mädchen verkleidet und einen Wachmann ablenkt, der sollte sich den Spaß von A Vampire Story gönnen.

Nicht Anno 2009

Das Adventure habe aber auch eine lange Entwicklungszeit hinter sich. Einigen Szenen merkt man dann an, dass sie zwar generalüberholt wirken, aber keineswegs immer am Zahn der Zeit genagt hätten. Liebevoll und detailliert sind die über 30 Locations im Spiel auf jeden Fall. Die Portierungszeit von Windows nach OSX hat diese Situation nur nicht verbessert. Die voreingestellte Auflösung kann man nicht verändern, leider. Und an Breitbild-Displays oder 2- oder Mehr-Bildschirmsysteme wurde ebenfalls nicht gedacht. Entsprechend gibt es 4:3 Balken am Rand und an modernen, großen Bildschirmen wirken wegen der zaghaften Auflösung manche Dinge reichlich verpixelt. Erst recht die Animationsvideos, die als Zwischensequenzen abgespult werden, wirken leider sehr verwaschen.

Auf die Ohren

Wenn man in puncto Grafik der Operndiva Mona de Lafitte nicht ganz gerecht werden konnte, ist der Soundtrack hingegen stilvoll und sehr gelungen. Jeder einzelne Schauplatz hat ein eigenes Lied spendiert bekommen. Komponist Pedro Macedo Camacho orientierte sich dabei an seinem Vorbild Danny Elfman, der die Soundtracks für Batman oder Nightmare before Christmas komponierte. Eine weitere Verbindung zu Tim Burton gibt es überdies, denn Bill Tiller hat seinerzeit sogar für einige Monate die Schulbank zusammen mit Tim Burton an der Kunsthochschule in Amerika gedrückt.

Ratlos aber nicht hoffnungslos

So wie man sagt, dass Autoren hin und wieder vergessen, dass nicht jeder die eigenen Gedankengänge nachvollziehen kann, werden sich wahrscheinlich viele Spieler bei A Vampire Story nicht immer und zu jeder Zeit auskennen. Wichtig ist auf jeden Fall, dass man gut zuhört. Man ist zwar geneigt, sich einfach den Szenen hinzugeben, doch wer nicht ständig mit voller Aufmerksamkeit dabei ist, wird vielleicht wichtige Hinweise überhören. Und wer mit voller Aufmerksamkeit bei der Sache ist, kann deshalb vielleicht weniger oft lachen. Aber gerade irgendwo zwischen einer Vielzahl von Wortwitzen sind mitunter nützliche Chiffren versteckt. Es gibt viel zu tun, könnte man sagen. Gerade am Anfang des Spiels steht uns ein großes Areal in Form von Schloss Warg schon zur freien Verfügung. Dort können wir aber zu diesem Zeitpunkt manchmal gar nicht und hin und wieder nicht sinnvoll mit der Umwelt interagieren. Streckenweise ist es dann mehr das Prinzip von Versuch und Irrtum (Trial and Error), das vorherrscht und mit der notwendigen Portion Geduld schließlich zum Ziel führt. Logik- und Rätselfreunde, die klare Strukturen bevorzugen, dürfte das irritieren.

Technik

Freigegeben ist das Point and Click-Abenteuer ab 12 Jahren. Die Systemanforderungen nehmen sich insgesamt relativ bescheiden aus. Der Titel benötigt OS X 10.4.11 oder höher und kann aber sowohl auf IntelMacs als auch auf PowerPCs mit G4 CPU betrieben werden. Anders als beispielsweise Edna bricht aus, das der Kollege Joos getestet hatte, macht A Vampyre Story trotz vampirigen Hintergrunds keine Anstalten, ein Ressourcenfresser zu sein. Auf meinem 13-Zoll MacBook lief es problemlos. Da als Minimalanforderung ja sogar ein Onboard Grafikchip wie der GMA950 angegeben ist, dürften ziemlich viele Mac-Besitzer noch als potenzielle Käufer auftreten können. Lediglich mancher Datensammler müsste wohl oder übel dafür sorgen, dass er noch gute 3 Gigabyte Festplattenplatz für das humorvolle Abenteuer in petto hat, wenn es drauf ankommt. Das Spiel wird außerdem eine Internetverbindung für die Produktregistrierung benötigen.

Fazit

Auch wenn man ungerne das Ende vorweg nimmt, ist es ein offenes Geheimnis, dass A Vampyre Story als Trilogie angelegt ist. Wenn Spieler dann irgendwann an ein Ende gelangen, sollten sie diese nicht unwichtige Information im Hinterkopf haben. Ob dann allerdings das Preis-Leistungsverhältnis gestimmt hat, möchte bitte jeder für sich selbst entscheiden. A Vampyre Story ist zu gut, als dass man es verramschen könnte, doch als Mac-Portierung wird der Titel so gut wie gar keinem Inflationsdruck zum Opfer fallen, auch wenn das angesichts des doch recht deutlichen Preises von 40 Euro vielleicht nötig erscheint. Der Preis gilt jedoch nur für die deutsche Fassung. Die ein- und englischsprachige gibt es für knappe 30 Euro in den macüblichen Downloadstores. – So oder so: Adventurefreunde werden Licht und Schatten erkennen, aber dennoch ihre helle Freude haben. Insgesamt hat es bei mir deshalb zu 4 von 5 Macs in der Bewertung gereicht. Eine englischsprachige Demoversion steht zum Download zur Verfügung, für all diejenigen, die sich vorher vom Gesangstalent von Mona de Lafitte überzeugen mögen, ehe sie das Ticket für die Abendvorstellung lösen mögen.


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