Kolumne: Kommt, stellt die Maschinen an!

rj, den 24. Oktober 2009
Kommentar
Kommentar

Das Volk hat gewählt, es wird wieder gearbeitet. Die Technik steht für uns bereit – doch über Apples neue Hardware sollte man nicht vergessen, dass außerdem Microsoft neue Software liefert und die FDP neue Projekte. Zur Krönung überwacht Mr. Stasi 2.0 in Zukunft unsere Schattenhaushalte – kein Zweifel, wir sind bedient. Wie, liegt mal wieder im Auge des Betrachters.

Aus dem Olymp der Betriebssystemlager wurden wir reich gesegnet: Windows 7 ist erschienen, viel neues von Apple steht zum Kauf, nur aus dem Linuxlager war wenig zu vernehmen. Entsprechend viel zu schreiben gab es in der letzten Woche: Alles drehte sich zunächst um Apple – neue Hardware, bestes Quartalsergebnis, wachsende Marktanteile und der Einstieg in die Businesswelt. Man könnte meinen, die Welt der OS-Heiligen sei in Ordnung bzw. die Positionen geklärt.

Tja, so kann man sich täuschen. Da hielt man den Windows 7-Release bereits für locker ausgestochen, und dann schlägt der Riese aus Redmond zurück. Aus gegebenem Anlass platzierten wir das Thema Snow Leopard gestern in Form einer Buchverlosung nochmal gegen den allgemeinen Win7-Wahn, aber wenns sogar den passenden Whopper zum Betriebssystem gibt, ist das schwer zu toppen.

MS demonstriert mit Anzeigen wie solchen den Wunsch, das eigene Image zu drehen, schreibt Electronista. „Windows 7: jetzt noch fetter“ wäre in der Tat eine ungekannte Offenherzigkeit. Auch „Bloatware“-Assoziationen liegen angesichts der Werbewhopper nahe, und natürlich Ätzereien der Art, dass bei einem schlechten Betriebssystem natürlich immer alle Welt händeringend nach der neuen Version lechzt. Aber ich werde zu böse, schließlich ist das neue Windows sogar Snow Leopard überlegen. Schreibt zumindest die CHIP und begründet das unter anderem mit der höheren Systemsicherheit. Ein mutiges Statement! Fast so mutig wie die absolut unvoreingenommene Rezension von Windows 7, die bei Cult of Mac geschrieben wurde. Die hat Nebenwirkungen: einerseits mussten sich die rezensierenden Redakteure laut CoM im Verlauf der Rezension mehrmals mit Bleiche waschen, weil sie sich so schmutzig vorkamen. Zum anderen muss ich selber schweren Herzens das Vorhaben aufgeben, irgendwann in einer Macnotes-Kolumne von meinen beiden Begegnungen mit Windows Vista zu erzählen, die ich bisher erdulden musste. Denn der „totally unbiased review“ nebenan toppt das leider lockerst. Außerdem ist Vista irgendwie durch. (Wobei, war das Vista nicht schon immer?)

Nochmal zurück zum Imagedrehen: Man versucht sich in Redmond ja schon länger auch an humoresken Selbstpositionierungen. Neulich nun unter anderem gegen das iPhone.

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Mal sehen, was für Reaktionen kommen. Das Droid-Bashing Verizons rief ja bereits die ersten Videoantworten auf dem Plan.

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Man muss die eigenen Heiligtümer ja verteidigen. Das schöne an Flamewars ist ja, dass die erhabene Betriebssystem-Dreieinigkeit in ihren Verläufen oft recht effektiv geerdet wird. Dafür nimmt man sogar eine Aussage wie „iDont have a Problem with iTunes“ aus dem vorhergehenden Video in Kauf.

Ach, iTunes. Persönlich neige ich zur Ansicht, dass iTunes direkt aus der Hölle kommt. Pflichtet jemand bei? Ich dachte schon in Sachen Mausgeschwindigkeit, ich sei der einzige, der damit auf dem Mac ein Problem hat, dabei gilt auch hier einmal mehr mein Lieblingsgesetz Ugols Law: Die Antwort auf jede Frage, die mit „Bin ich eigentlich der einzige, der…“ beginnt, ist zwangsläufig „Nein“.

Die unvermeidliche Folgefrage: Was tun? Bei langsamen Mac-Mäusen sei USBOverdrive zu empfehlen, installiert hab ich’s hier, aktiviert noch nicht, denn dafür muss man, haha, den Mac rebooten. Für die Magic Mouse ist das aber leider ohnehin nichts, weil die per Bluetooth kommuniziert.

Stichwort Magic Mouse: Das „Steve-Kind“ war nebenbei eine der schönsten macbezogenen Headlines diese Woche. An der Stelle noch der Hinweis, dass meine allgemeinthematische Lieblingsheadline auf einem Tech-Ticker seit zwei Jahren ungeschlagen ist. Liebe Kollegen: das muss doch irgendwie übertrumpfbar sein!

Zum Schluss können wir neben neuer Mac-Hardware und neuem OS aus Redmond nun noch in Demut unsere Wahlgeschenke entgegennehmen. Einen schwarzgelderfahrenen Finanzminister kann man sicher bestens brauchen. Schattenhaushalte überwachen sollte genau auf Schäubles Linie liegen, es wächst an sich zusammen, was zusammengehört. Zuletzt richtet Schäubles Überwachungswahn im Finanzministerium hoffentlich weniger Schaden an als beim BMI. Ob sich dort nun die Lage in Sachen fortgesetzter Aushöhlung von Grundrechten beruhigt? Die FDP erklärte immerhin das Internet zum Superprojekt, und alle so „Yeeaah.“ Von der ganzen Bürgerrechtsdebatte von vor der Wahl ist dabei zwar nicht mehr viel zu erkennen, aber die floss ja bereits in die Koalitionsgespräche ein und wird mit einem „Wir lassen alles so schlimm, wie es ist“ in trockene Tücher gepackt worden sein.

Ein Hoffnungsschimmer am Horizont scheint indes von unerwarteter Richtung auf. Bekanntermaßen gab es gestern einen kleinen Goldrush bei der Denic, die .de-Domains mit zwei Buchstaben neu zuließ sowie solche, die nur aus Zahlen bestehen. Innerhalb kürzester Zeit waren die neuen .de-Domains registriert, und oh Wunder! – das BMI hat nicht verschlafen. Für den sicherlich bald kommenden Internetnotruf hat man sich die 110.de registriert. Sicher wird nun bald alles viel sicherer. An der Stelle einen Glückwunsch ans Innenministerium. Es gab in der letzten Zeit ja nicht viele Gründe, solche auszusprechen.

A Propos trockene Tücher und noch was völlig themenfremdes. Es scheint auf den ersten Blick unglaubhaft, ja geradezu absurd, aber Lebensqualität kann auch mit anderen Mitteln als der Anschaffung von neuer und verbesserter Hardware gesteigert werden. Angesichts des hereinbrechenden Winters empfehle ich einen schrecklich webeinsnulligen Link zu den besten Saunalandschaften Deutschlands. Webdesigner, bitte nur mit großer Vorsicht weiterklicken, die Seite geht eigentlich gar nicht. Die empfohlenen Bäder sind aber großartig und tun Schreibtischnerds, die in interessanten Zeiten leben, definitiv gut. Vertraut mir, ich weiß, wovon ich spreche.

Schönes Wochenende.


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