Christian Teister im Interview: Mac-Version von Grappling Hook ist genauso wichtig

Alexander Trust, den 12. November 2009
Grappling Hook
Grappling Hook

Christian Teister ist erst 23 Jahre alt, aber hat schon ein eigenes Computerspiel programmiert: Grappling Hook. Im Interview erzählt er uns, welche Ziele er noch hat und woher die meiste Inspiration für sein ungewöhnliches Puzzle-Spiel aus der First-Person-Perspektive stammt und warum er der Mac-Version mindestens die gleiche Bedeutung beimisst wie der Windows-Fassung.

Alexander Trust:

Hast du irgendeinen Antrieb gehabt, das Spiel zu programmieren?

Christian Teister:

Ich hatte die Idee für Grappling Hook schon recht lange vor der Entwicklung und wertete es als ein gutes Zeichen, dass sie mich nach dieser langen Zeit immer noch begeisterte. Bei einem Gespräch mit einem guten Freund und Kollegen hat sich meine Überzeugung, dass es bisher meine beste Spielidee war, gefestigt. Daher entschloss ich mich einen Prototypen für die Spielidee zu erstellen. Das dauerte glücklicherweise nur wenige Tage und so konnte ich schon sehr früh Feedback von anderen einholen, wie ihnen die Idee gefällt. Die Idee hat jede dieser Prüfungen bestanden und mir immer wieder das Gefühl geben, dass es das beste ist, was ich bisher gemacht habe. Das war der Hauptantrieb für mich. Zusätzlich habe ich mich durch meine Erfahrungen bei dem Entwicklerstudio Replay Studios bereit für ein eigenes Projekt gefühlt.

Wie lange hast du bis zum ersten Release programmieren müssen?

Ich habe Mitte März 2009 angefangen Vollzeit an dem Spiel zu arbeiten, wobei die Programmierung nur ein Teil der Arbeit war. Das Erstellen von Texturen, Grafiken, 3D-Modellen, Sounds und der 30 Level hat auch sehr viel Zeit in Anspruch genommen. Glücklicherweise habe ich viele wertvolle Ratschläge von anderen professionellen Spieleentwicklern bekommen.

Du bietest Dein Spiel für mehrere Plattformen an und hast auch eine Version für den Mac – wie wichtig ist dir der Mac-Port?

Die Mac-Version ist mir genauso wichtig, wie die Windows-Version. Es gibt sehr viele gute Spiele für Windows und damit ist die Konkurrenz sehr groß. Auf dem Mac ist es deutlich überschaubarer.

Wie viel „mehr“ Arbeit hat der Port für Mac gemacht?

Die Portierung hat recht wenig Arbeit gemacht, weil die Engine und das Spiel in Java geschrieben sind und OpenGL verwenden. Es gab einige Fehler auf dem Mac die etwa 2 Tage Arbeit in Anspruch genommen haben. Die Hauptarbeit war das ausgiebige Testen, bei dem ich glücklicherweise viel Hilfe hatte.

Warum denkst du, steckt Mac-Gaming noch in den Kinderschuhen, respektive fristet ein Nischendasein?

Ich denke das hat drei Hauptgründe:

  1. Viele Entwickler arbeiten lieber mit DirectX als OpenGL, weil OpenGL eine ganze Liste von Nachteilen und Problemen hat. Mit DirectX sind Entwickler aber erst einmal an Windows gebunden, auch wenn es Möglichkeiten gibt DirectX-Spiele auf anderen Platformen laufen zu lassen.
  2. Der Marktanteil von Mac ist immer noch relativ klein und damit ist es als Erst-Plattform für AAA-Spiele, die ein Millionen-Budget haben und entsprechend viele Käufer benötigen, nicht so attraktiv.
  3. Microsoft unterstützt die Entwicklung von Spielen und entwickelt selbst Spiele. Sie haben damit einen guten Einblick in die Bedürfnisse und Anforderungen von Spieleentwicklern und Spielen. Nutzt man DirectX und XNA von Microsoft ist sogar eine Portierung auf die XBox 360 mit meist akzeptablen Aufwand möglich.

Microsoft leistet insgesamt einiges, damit Windows weiterhin die erste Wahl für AAA-Spiele auf Computern bleibt. Die wachsende Zahl an erfolgreichen platformunabhängigen Browser-Spielern wird das vielleicht ändern, wobei Browser-Spiele spielerisch zumindest heute noch nicht mit AAA-Titeln vergleichbar sind.

Neben der geringeren Konkurrenz hat die Entwicklung für Mac aber auch weitere Vorteile. Einer wäre die geringe Anzahl an Rechner-Konfigurationen, was nötige Kompatibilitätstest deutlich reduziert und vereinfacht.

Wenn man dein Spiel zunächst betrachtet, könnte man denken, es handelt sich um einen First Person Shooter. Wie kam es, dass du dir so eine grafische Umgebung ausgesucht hast, um ein Puzzle-Spiel zu realisieren?

Ich liebe Spiele, bei denen man den Charakter viel und schnell bewegt und als Spieler auch sehr viel von der Beschleunigung und Geschwindigkeit fühlt. In einer First-Person-Pespektive werden diese Eindrücke und Gefühle am besten vermittelt. Das Fühlen der Bewegung und die Erkundung der Bewegungsmöglichkeiten ist für mich das wichtigste Element in Grappling Hook. Ein Spieler kann sich in Grappling Hook unglaublich schnell beschleunigen, extrem weit fliegen, seine Bewegungen in der Luft stark beeinflussen, sich im Sprung drehen und zielen und sehr hoch springen. Die Puzzle sind für mich eher ein Grund all diese Bewegungsmöglichkeiten und die Kombination davon zu erkunden und damit die eigenen Fähigkeiten und Erfahrungen zu erweitern. Aus jeder anderen Perspektive würde dies nicht so gut funktionieren und der Kern des Spiels wäre ein vollkommen anderer.

Hat dich das Setting vom Film Tron inspiriert oder sind Ähnlichkeiten rein zufällig?

Ich habe lange nach einem Grafik-Stil gesucht, der im Rahmen meiner Möglichkeiten liegt. Tron war neben dem Film Cube, dem Kurzfilm „The Room“ von der Vancouver Film School, der Serie „Galaxy Rangers“ und dem Spiel Multiwinia, eine wichtige Inspirationsquelle.

Und hat ein Titel wie Bionic Commando dich inspiriert?

Ich habe das erste Mal von Bionic Commando gehört, als ein Freund mir nach dem Spielen meines Prototypen davon erzählt hat. Daraufhin habe ich eine Zeit lang darüber nachgedacht den Grappling Hook auch nutzbar für physikalische Interaktionen mit Objekten zu machen. Da der Kern des Spiels aber die Bewegung des Spielers selbst sein sollte, habe ich diese Idee wieder verworfen.

Cold Ice, ein Deathmatch-Mod für Half-Life 1, den ich vor etwa 8 Jahren gespielt habe, hat mich am meisten inspiriert. Es gab mit Sicherheit schon vorher First-Person-Spiele mit einem Grappling Hook, aber dort hat er mich das erste Mal richtig begeistert. Ich wollte diese Erfahrung einfangen, herauskristallisieren und ausdehnen.

Spiele wie Braid, Portal, Mirrors Edge und Super Mario haben mich beim Design von etwa 30 % der Level und Puzzle inspiriert.

Wo möchtest du mit Grappling Hook noch hin? D. h. bist du auf der Suche nach einem Publisher für das Spiel oder möchtest du es weiterhin selbst anbieten?

Ich bin erst 23 Jahren alt und trage nur wenig Verantwortung. Das möchte ich noch nutzen um möglichst viele Erfahrungen zu sammeln. Die selbstständige Vermarktung und Vertrieb bietet die meisten Möglichkeiten für solche Erfahrungen, auch wenn es der anstrengendste und schwerste Weg ist.

Seit wann programmierst Du schon Spiele?

Ich habe 2001 angefangen mich für Spieleentwicklung zu interessieren. Begonnen habe ich mit Game-Design, Projekt-Management und 3D-Modellierung. Erst 2004 habe ich mein erstes kleines Spiel selbst programmiert.

Du hast vor kurzem einen Level-Editor freigegeben, der der Vollversion jetzt beliegt – was versprichst Du Dir davon?

Ich wurde von vielen Spielern darum gebeten, den Level-Editor freizugeben und eine Anleitung dazu zu schreiben. Es würde mich sehr freuen Level von anderen kreativen Köpfen spielen zu können. Das schönste wäre, wenn jemand ein Level oder Puzzle bauen würde, dass eine komplett neue Erfahrung eröffnet, an die ich bisher nicht gedacht habe.

Gibt es weitere Spiele, die wir von dir erwarten können?

Ich werde auf jeden Fall weiterhin Spiele entwickeln. Ich glaube, dass ist meine Berufung. Was das nächste Spiel sein wird, weiß ich allerdings selbst noch nicht. Es gibt zwar etwa 15 neue Ideen für mögliche Spiele, aber keine davon begeistert mich so sehr wie Grappling Hook. Daher werde ich weiter suchen. Die Einstiegsanforderungen für Grappling Hook an den Spieler sind relativ hoch, sodass nur ein Teil der Spieler die Bewegungserfahrungen voll auskosten kann und die starken Erfolgsgefühle der notwendigen Frustration überwiegen. Das nächste Projekt wird daher vielleicht ein 2D-Spiel sein, da 2D-Spiele deutlich leichter zu verstehen und erlernen sind.

Wir danken Christian Teister für das Interview.


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