Apple Store Down: Peinliches Relikt oder cooles Marketing?

cd, den 9. Februar 2010
Apple Store down
Apple Store down, Screenshot

Immer mal wieder schließt der Apple Store seine Pforten, um einige Zeit später mit neuen Angeboten wieder erreichbar zu sein. Währenddessen wird im Netz wild spekuliert, was es geben wird – die Hypemaschine rennt, bis zu den Apple Store-Widgets, die Downtimes live anzeigen. Marketing at its best? Oder ein verbrauchtes Buzzinstrument, das auf die meisten allenfalls peinlich und unprofessionell wirkt? Auch in der Macnotes-Redaktion gehen die Meinungen auseinander.

Verdammt peinlich, Apple. (Richie)

Eben warf ich den Satz „Ich bin grade schwer fuer einen Rant in Richtung Wer eine Shopsoftware einsetzt, die zum Einpflegen eines verdammten Softwareprodukts weltweit offline genommen werden muss, ist ein erbaermlicher Pfuscher.“ in den Macnotes-Chat und war nicht ganz unvorbereitet, was den folgenden Widerspruch angeht. Über seine Vehemenz war ich aber allerdings verblüfft. Man stelle sich vor: man fährt zum Supermarkt. Dort ausgestiegen, wird einem eröffnet, das Regal mit den Dosentomaten werde gerade neu eingeräumt, man solle doch bitte in einer Stunde wiederkommen. Ich neige nicht zur Cholerik, aber meine Reaktion wäre heftig. Nun ist Apple nicht Kaufland und ein MacBook Pro keine Dose Tomaten. Trotzdem ist es vollkommen irrsinnig, einen riesigen Onlineshop zu schließen, nur um ein neues Produkt einzustellen.

Aber die Spannung! Die Aufmerksamkeit! Auf Macnotes ists doch auch ne Topnews! heißt es dann. Geschenkt. Das mag was für die Die-Hard-Macfans sein, die (wie jedes andere Stammesvolk auch) Rituale und althergebrachte Bräuche eben toll und identitätsstiftend finden. Alle anderen tun das nicht. Ein Onlineshop im Internetzeitalter, der zum Einpflegen eines neuen Produkts vom Netz muss, ist

  • unprofessionell
  • Pfusch
  • Kundenärgernis und damit
  • verschenktes Geld.

Dass eine Shopdowntime „viral verbreitet“ zum Ruhm von und zum Kult um Apple beitragen soll, ist eine Illusion. Rational und vernünftig denkende Menschen verbinden mit einem ohne Not geschlossenen Laden schlicht Unfähigkeit. in der Ausfallzeit verschenkt Apple bares Geld. Wer auf dem Apple-Hypezug mitfährt und die F5-Taste malträtiert, sobald er irgendwo ein gelbes Post-It sieht, der dürfte ohnehin bereits Stammkunde bei Apple sein. Kundenakquise: mangelhaft.

Wer noch kein Applefan ist, sieht einen geschossenen Store und assoziiert ein Unternehmen, das entweder keine ordentliche Shopsoftware zustandebekommt oder keinen Switch zwischen zwei Instanzen hinkriegt, wenn es denn tatsächlich technische Gründe für die Ausfälle geben sollte. Und logisch: so einem Unternehmen vertraut man dann doch in technischer Hinsicht selbstredend vollkommen, nicht?

Die Apple Store Downtime ist ein Relikt aus schlechten alten Zeiten, das sich komplett überlebt hat. Sie ist nicht witzig, sie ist im schlechtestmöglichen Sinn viral, sie nervt, kostet Geld und sie gehört zügig abgeschafft.

Effektiver als jede Pressemitteilung. (Carsten)

Einen gewissen Nervfaktor kann auch ich nicht leugnen: „Der Store ist down, der Store ist down!“. Liegt vielleicht auch daran, dass wir natürlich jedes Mal gleich mehrfach darauf aufmerksam gemacht werden, gerne auch versehen mit der Frage, ob wir denn schon wüssten, was Apple dieses Mal neu in den Store stellen würde. Aber das zeigt doch auch schon, dass es wirkt. Es glaubt doch niemand ernsthaft daran, dass Apple keine Produktupdates im Store durchführen könnte, ohne ihn offline zu nehmen? Die Abschaltung ist mit Sicherheit doch keine technische Notwendigkeit, sondern eine Marketingmaßnahme.

Und erfolgreich ist diese Maßnahme ganz offensichtlich. Kaum ist der Store down, beobachten weltweit Redakteure, Blogger und Apple-Fans die berühmte Post-It-Seite und warten. Nebenbei wird in Foren, Chats und bei Twitter darüber diskutiert, was wohl der Grund für die Downtime sein mag. So eine Aufmerksamkeit kann auch Apple nicht mit einer Pressemitteilung erzeugen, übertroffen nur vom Hype rund um die Produktankündigungen bei Special Events.

Geht Apple während der Downtime Geld verloren? Sehr unwahrscheinlich. Man kann Apple sicher eine Menge vorwerfen, aber ganz bestimmt nicht, dass man in Cupertino dazu neigen würde Geld zu verschenken. Und die regelmäßigen Umsatzrekorde in den Quartalsberichten sprechen eine deutliche Sprache.

Und Richie hat natürlich recht, diese regelmäßigen Events – und nichts anderes ist das „Shopdown-Ritual“ – sind wichtig für Apple-Fans. Kein anderes Unternehmen nimmt den Online-Shop offline, um eine Preisänderung einzubauen oder ein neues Produkt in den Katalog aufzunehmen, aber Apple ist einfach anders als andere. Und als Apple-Fan ist man natürlich auch anders (manche möchten hier vielleicht „besser“ schreiben) als der gemeine PC-User.

Und ganz ehrlich Richie: Wer F5 drückt, der macht in dem Fall doch sowieso schon grundsätzlich etwas falsch… ;)

Und wie seht Ihr das? Nur noch genervt von Storedown-Meldungen oder fiebert Ihr immer noch jedes Mal mit?


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