Drakensang: Am Fluss der Zeit im Test

Alexander Trust, den 15. März 2010
Drakensang: Am Fluss der Zeit
Drakensang: Am Fluss der Zeit

Entwickler Radon Labs präsentiert mit Drakensang: Am Fluss der Zeit einen Nachfolger für das 2008 veröffentlichte Drakensang, das viele Preise eingeheimst hat. Wir haben es mit einer gelungenen Wiedergeburt des „Das Schwarze Auge“-Franchise zu tun. Am Fluss der Zeit schlägt den Vorgänger im Test in fast allen Belangen.

Am Fluss der Zeit spielt 23 Jahre vor Teil Eins und erzählt die Geschichte eines jungen Mannes, dessen Schicksal von uns in die Hand genommen wird. Der namengebende „Fluss der Zeit“ begleitet uns dabei und auf diesem sitzt der Spieler mit seinen Gefährten wörtlich in einem Boot.

Komplexität heruntergebrochen

Im neuen Drakensang-Abenteuer fällt früh auf, dass es eher traditionell inszeniert ist, im Gegensatz zu den kanadischen Bioware-Produkten wie Dragon Age. Kenner des Vorgängers und DSA-Fans werden sich bei diesem Spiel wohlfühlen. Genreliebhabern, die einen ersten Blick werfen wollen, sei gesagt, dass hier eine Pen-and-Paper-Vorlage sehr detailverliebt auf den Bildschirm übertragen wurde. Um diesem Regelwerk gerecht zu werden, wird eine gewisse Komplexität an den Tag gelegt.

Aber keine Angst, bereits das hervorragende Menü zur Charaktererschaffung zeigt, dass man es geschafft hat, die komplexen Regeln einfach zu verpacken und Neulinge sich nicht überfordert fühlen. Es gibt 22 verschiedene Charterklassen. Neben traditionellen wie Krieger, Magier und Schurken stehen neue, eher ungewöhnliche Klassen wie ein „Zwergischer Geode“ zur Auswahl. Schön ist, dass es nun viel mehr „Körperbausteine“ gibt als noch in Drakensang. So kann man wirklich toll aussehende Charaktere erschaffen.

Interessantes Spezialisierungssystem

Drakensang: Am Fluss der Zeit bietet als interessanten Ansatz zur Spezialisierung ein System von Vor- und Nachteilen. Es ist möglich persönliche Nachteile (beispielsweise Kurzatmigkeit) zu vergeben. Diese Benachteiligung sichert uns zusätzlich Erfahrungspunkte, die wir auf andere, positiv ausgerichtete, Talente verteilen können.

Im „erwachseneren“ Expertenmodus wird jeder Punkt einzeln vergeben. Er richtet sich an regelkundige Zahlenkünstler. Mit ihm kann man eine detailverliebte Individualisierung seines Charakters vornehmen.

Eine gelungene Verbesserung zum ersten Teil ist, dass die Wahl der Klasse Einfluss auf das Spiel hat. So ändert sich zwar der grundlegende Storyverlauf nicht, aber einzelne Nebenquests sind speziell auf die Klassenwahl des Spielers zugeschnitten. Neugierige spielen also Drakensang: Am Fluss der Zeit mit mehr als einer Figur.

Zurück in Aventurien

Als junger Mann nehmen wir an einer gefährlichen Schiffsreise teil. Unser Ziel ist das Städtchen Nadoret. Als wir unser Nachtlager aufschlagen, überfällt uns eine lauernde Meute von Flusspiraten. Dass dies erst der Anfang unseres Abenteuers ist, kristallisiert sich schnell heraus. In der Stadt angekommen, erkennt der Spieler schnell, dass unsere Helden noch viel größere Taten zu vollbringen haben.

Was anfänglich innerhalb und außerhalb der Stadtmauern Nadorets geboten wird, ist enttäuschend. Neben drögen Schulungsquests wie etwa Wolfsjagden oder Botengängen, müssen wir uns erst zurechtfinden und die Karte besser kennen lernen. Diese ist übersichtlich. Doch Nadoret ist schon der größten Ort im gesamten Spiel und von vielen NPC und somit potentiellen Questgebern bevölkert. Die Story plätschert in den ersten Stunden etwas gemächlich dahin und kann nicht begeistern.

Geduld zahlt sich aus

Hat man den Anfang einmal hinter sich gebracht und die ersten Gruppenmitglieder aufgenommen, nimmt die Story an Fahrt auf. Mit dem Start des Hauptquestes gewinnt das Spiel an Atmosphäre, und sorgt dafür, dass man sich, egal ob Fan oder Neuling, in Aventurien heimisch fühlt.

Dazu trägt die liebevolle Aufmachung bei. Die Grafik weiß zu gefallen. Die Spieltwelt ist im Vergleich zu manch anderem Rollenspiel zwar relativ leer, aber interessante NPC lockern das Geschehen auf. Zudem kann man witzige Situationen verfolgen. Beispielsweise ist eine Frau hinter ihrem Mann her, mit einem Nudelholz. Im Vergleich zu Teil 1 kommt das Areal offener daher. Man gewinnt den Eindruck etwas mehr Freiheit zu haben.

Die Quests sind abwechslungsreich, aber leider meist sehr simpel. Sie können über den linearen Verlauf der Haupthandlung nicht hinwegtäuschen. Entwickler Radon Labs versucht im späteren Verlauf durch verschieden Orte, die per Schiff beliebig bereist werden können, eine Wahlfreiheit zu suggerieren. Doch in der Realität kann man die meisten davon nicht ansteuern, da die Party noch nicht stark genug ist, um die anfallenden Aufgaben zu meistern. Somit ist die Reihenfolge doch vorgegeben, da man die Orte am besten nach ihrem Schwierigkeitsgrad aufsucht.

Eine Party, die ist lustig

Drakensang: Am Fluss der Zeit lebt von den miteinander kommunizierenden Begleitern. Es mach Spaß den gut vertonten Dialogen zuzuhören. Jeder einzelne wurde schön designt. Alle unterscheiden sich in ihrer Ausrichtung sinnvoll.

Im Gegensatz dazu ist unser Protagonist stumm und bleibt so sehr unpersönlich. Zudem fehlt eine Art soziale Interaktion der Party-Mitglieder wie in Dragon Age: Origins oder Mass Effect, wo der Spieler manchmal die Fronten zwischen zwei Begleitern klären muss oder auf deren persönliche Entwicklung und Probleme eingehen kann.

Auf in den Kampf

Das Kampfsystem in Drakensang: Am Fluss der Zeit hat sich im Vergleich zum Vorgänger nicht verändert und ist gewohnt gut. Die Kämpfe werden pausiert, eine Angriffstechnik ausgewählt und dann automatisch ausgeführt. Es wirkt nicht so dynamisch wie in anderen Rollenspielen, macht aber Spaß. Man genießt das Zusehen. Leider ist die Balance unausgewogen: Die 08/15-Gegner kann man ohne Probleme über den Hades schicken. Bei den Endgegnern mussten wir des Öfteren einen zweiten Versuch wagen. Gut ist, dass gefallene Recken nach erfolgreichen Kampf wieder aufstehen. Nur wenn alle ausnahmslos gestorben sind, ist ein Neuladen die einzige Möglichkeit das Spiel fortzusetzen.

Fazit

Drakensang: Am Fluss der Zeit weiß zu gefallen. Es kann aber in puncto Präsentation, Dynamik und Umfang nicht mit den erstklassigen Genre-Vertretern mithalten. Das will „Am Fluss der Zeit“ auch nicht. Das Geschehen kommt traditionell und gemächlich daher, setzt auf alte Tugenden als auf Innovationen. Für Neulinge mag es etwas trocken wirken, aber geübte Rollenspieler werden durch das vielseitige Charaktersystem und die gut durchdachten Kämpfe eine Menge Spaß haben.

Mein Tipp: Lasst Euch auf das Spiel ein. Habt Ihr die ersten Stunden überwunden, wird Drakensang: Am Fluss der Zeit Euch dies mit einer erstklassigen Geschichte und einer tollen Atmosphäre danken.


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URS: 7 von 10
7