Ausreden für den iPad-Nichtkauf: Gutbegründeter Verzicht

rj, den 31. Mai 2010

Auf mehrfachen Wunsch nach den „Ausreden fürs iPad-Kaufen“: Die Gründe fürs Verzichten mit dem guten Gefühl, das Richtige getan zu haben. Es gibt gute Argumente gegen den iPad-Kauf, auch und gerade neben den viel kritisierten Einschränkungen des Apple-Tablets. Es gibt insbesondere gute Ersetzungsstrategien. Auch hier die Warnung: Diese Gründe sind subjektiv und gelegentlich nicht mit der angemessenen Ernsthaftigkeit vorgebracht. Ergänzungen natürlich erwünscht.

Der erste Satz der „Ausreden fürs iPad-Kaufen„, zur Erinnerung:
„Notebook, Netbook, Desktop, iPhone – der einzige mit einer solchen Ausstattung werde ich nicht sein, und die Begründungen nach der Frage von Zeitgenossen, warum man dann noch ein Gerät braucht, sind gelegentlich schwer vermittelbar.“ Das ist vollkommen richtig – und es führt uns direkt zu den ersten Gründen.

Ich habe bereits ein Netbook.

Wer ein Netbook hat, hat einen leichten, mobilen Begleiter mit einer ordentlichen Tastatur und ausreichender Akkulaufzeit. UMTS-Stick dazu, und schon hat man das iPad 3G mobil ersetzt. Dazu Multitasking, einen 16:9-Bildschirm und Schnittstellen galore. Und den Medienbetrachter iPad hat man leicht damit ersetzt – PDF-E-Books liest man einfach so, für ePubs wirft man sich am einfachsten plattformübergreifend ein Firefox-Addon in den Browser, welches das offene Format direkt und ohne separate App-Installation darstellt. Und Filme, Musik etc.? Spielt man sich ganz ohne iTunes in beliebigen Formaten auf den meist großzügiger bemessenen Festplattenspeicher. Statt Konvertier-, Synchronisier- und DRM-Orgien einmal VLC installieren, Fall erledigt.

Eleganzfetischisten: Klar ist ein iPad im Bett oder auf dem Sofa stylisher. Aber den Monitor-Neigungswinkel kann man am Netbook out of the Box einstellen, und beim iPad brauchts Cases, Aufsteller oder Unterlagen. Dasselbe gilt für die Zugfahrt. Wer sich zum Filmegucken ohne Angst vor kippendem Gerät (alternativ: einschlafenden Beinen) zurücklehnen kann, hat mehr davon.

Ich habe bereits ein iPhone.

Mobil tuts das kleinere Gerät vollkommen. Ob man auf dem iPhone oder dem iPad Monotasking hat, ist an sich egal – twittern und facebooken lässt sich auch auf dem Apple Smartphone. Im Gegensatz zum iPad kann man aus dem iPhone auch ein Navigationsgerät machen – ob zu Fuß oder per KFZ. Und – haltet euch fest – man kann damit telefonieren. Mit der kommenden iPhone-Generation wird die Bildschirmauflösung auch näher an jene des iPad rücken. Für die Couch zu Hause hat man den Fernseher, einen Laptop oder, siehe oben, das Netbook.

So schön und so handlich das iPad im Vergleich zum Net- oder Notebook auch scheinen mag: es ist Rucksackklasse. Wenn man den Rucksack packt, kann man auch gleich ein Netbook einpacken. Das iPhone hingegen ist unbestreitbares Hosentaschenformat. Nebenbei: deswegen hat man es ohnehin immer dabei und erspart sich das Synchronisieren von Kalendern, E-Mail-Konten, Notizbüchern etc. mit noch einem Gerät.

Wahre Liebe wartet.

Auf ein Gerät, das mit Kamera, besseren (und offeneren!) Schnittstellen, besserer Auflösung und, nennen wir das Kind beim Namen, besserem Preis-Leistungsverhältnis gesegnet ist. Um die Blasphemie auf die Spitze zu treiben: es könnte sein, dass dieses Tablet der Zukunft nicht unbedingt von Apple produziert wird.

Ich habe bereits einen Taschenspiegel.

Im Ernst. Glossy/Spiegelnd für ein Open-Air-Gerät, das geht gar nicht.

Ich werde jeden, der mich fragt, mit den altbekannten iPad-Einschränkungen zu Tode langweilen.

Trotzdem der Vollständigkeit halber noch einmal aufgezählt: kein USB, umständlichstes Filehandling, geschlossenes Ökosystem, Apple-Zensur, spiegelndes Display, kein Widescreen, kein HD und kein HDMI, keine Kamera, keine e-Ink, Mikro-SIM statt SIM-Standardgröße beim 3G-Modell, wenig Speicherplatz, keine Erweiterungsmöglichkeit, zu schwer und natürlich kein Flash. Ist man diskussionsfreudiger gelaunt, kann man es auch mit folgender Argumentationsstrategie versuchen:

Das iPad entfremdet. Von allem.

Gern wird vorgebracht, dass eine der Stärken des iPad sein Verzicht auf jegliche Komplexität ist. Diese Vereinfachung entfremdet den Anwender jedoch von der Technik und ihren Funktionsprinzipien, er braucht weder zu wissen, was ein Filesystem ist noch wo seine Musikdateien liegen oder wie er ein PDF auf einen Webserver lädt. Man mag behaupten, dass man heute auch nur noch den Schlüssel herumdrehen muss zum Autofahren und keine KFZ-Lehre mehr braucht. Der Nutzen des KFZ besteht indes nur in der Fortbewegung von A nach B. Der Nutzen mobiler Internet- und Medientechnologie besteht aus mehr als dem reinen Konsum, und eben auf diesen wird die Nutzung des iPad in der meisten Zeit beschränkt bleiben. Und so den User zum Beschränkt-sein erziehen.

Vom Couchpotatoe-Generator iPad ganz zu schweigen. Es existieren bereits erste Berichte von Hochzeitsreisen, die durch das mitgeführte iPad an haben sollen. Da sich Leser heute angesichts der Berichterstattung zur BILD-Nichtzensur NSFW-Hinweise gewünscht haben, sehe ich an dieser Stelle von einer erschöpfenden Erörterung des eigentlichen Zwecks von Hochzeitsreisen ab und erwähne noch das Büro-Topargument gegen das iPad:

Das iPad hat keine App zum Bierflaschenilluminieren.

Es gäbe eine Killerapplikation fürs iPad schlechthin: den Bierflaschenilluminator. Das iPad dient dabei als Unterlage, auf die eine Bierflasche mit passendem kapazitativen Untersatzring aufgestellt werden kann. Dieser wiederum muss den Screen des iPad aktivieren, welcher daraufhin exakt unter und um die Bierflasche herum illuminiert wird. Einstellbar sein müssen verschiedene Farben, die zu Grün- und Braunglas passen sowie zu den diversen Spaßbiermixgetränken in anders bzw. nicht gefärbten Flaschen. Ebenso sind natürlich Farbwechsel einstell- und anwählbar.

Solange es aber keine Möglichkeit gibt, per iPad-Untersetzer mit Leuchtbierflaschen an nächtlichen Seeufern zu sitzen, braucht man sich Apples Tablet definitiv nicht anzuschaffen.

Disclaimer: ich will trotzdem eins. Thx an Joram für den Illuminator.


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