Test: iPhone 4, eine Woche mit dem Apple-Smartphone

kg, den 5. Juli 2010
iPhone 4
Unboxing vom iPhone 4, Bild: Macnotes

Einen Schnelltest des iPhone 4 haben wir bereits durchgeführt, eine weitere Woche haben wir nun mit dem Apple-Smartphone verbracht – genügend Zeit, um sich einen längeren Eindruck zu verschaffen. Das Fazit: Das iPhone 4 ist ohne Frage gut, man sollte sich aber gut überlegen, ob man es wirklich braucht. Apple zeigt mit dem iPhone 4, wie gutes Design mit einfachem Handling zu vereinen ist – es gibt aber auch Schwachstellen.

Lieferumfang

Das iPhone 4 wird in einer reichlich geschrumpften Box ausgeliefert. Je nach Verkaufsland variiert die Höhe, die deutschen iPhone 4 befinden sich in einer Packung, die nur noch halb so groß ist wie die des alten iPhone 3GS. In der Box ist alles enthalten, was man so braucht: Netzstecker, USB-Kabel, Headset mit Fernbedienung sowie Kurzübersichten.

Einrichtung

Die erste Einrichtung des iPhone ging vergleichsweise schnell von statten. SIM-Slot öffnen, Micro-SIM einstecken, einschalten. Danach die übliche Abfrage von PIN und die notwendige Aktivierung via iTunes. Wenn man will, kann man das iPhone 4 direkt mit einem alten Backup füttern, zum Beispiel wenn man bereits ein iPhone hatte und nun auf das neue Modell umsteigt. Alternativ kann man das Gerät auch komplett neu aufsetzen. Der Sync läuft je nach Einstellungen und zu synchronisierenden Objekten schnell ab, danach ist das iPhone einsatzbereit.

Empfangsqualität

Über Apples neues Antennendesign wurde seit der offiziellen Vorstellung des iPhone 4 viel geredet, vor allem aber seitdem das Gerät tatsächlich bei den Kunden ist. So innovativ wie Apple die Empfangsmodule erdacht hat, so problematisch werden sie mitunter und sorgen bei falscher Handhaltung für Empfangsprobleme. Nach einigen Tagen im Alltag können wir sagen: Wir sind zwiegespalten. Hält man das iPhone 4 in der linken Hand, lässt sich eine Verschlechterung des 3G-Empfangs deutlich erkennen. Apple bezeichnet es als Fehler in der Software, dennoch ist es ein Nervfaktor: Regelmäßig brach beim abendlichen UMTS-Surfen der Empfang weg, als Behelfslösung standen uns mangels Bumper lediglich Tesastreifen zur Verfügung. Ansonsten lässt sich im Gebrauch konstatieren: Das iPhone 4 ist deutlich besser als seine Vorgänger, wenn es um die Empfangsqualität geht, und hält die Versprechen der Techniker. Das iPhone 4 ist eine Referenz in Sachen Signalstärke.

Design und Verarbeitung

Auch das allgemeine Handgefühl hat zwei Seiten: Das iPhone 4 fühlt sich zwar wertiger an als iPhone classic, iPhone 3G und iPhone 3GS, ist dafür aber wegen der fehlenden Rundungen weniger handschmeichelnd. Dies führt unter anderem auch dazu, dass es bei der Benutzung weniger gut in der Hand liegt. Zudem ist die beidseitige Verwendung von Glas ein großes Risiko: Fällt das iPhone einmal aus der Hand und auf den harten Fußboden, ist die Gefahr im Vergleich zum Vorgänger rechnerisch doppelt so hoch, dass das Glas bricht – gerade für militante Schutzhüllengegner ein Problem. Zusätzliches Problem der Glasfront und Glas-Rückseite: Das iPhone 4 sieht immer etwas „grabbelig“ aus, weil man jeden Fingerabdruck sieht. Außerdem ist es nicht mehr so leicht, das iPhone „richtig herum“ aus der Tasche zu ziehen: Mangels unterschiedlicher Oberflächen vorne und hinten kann man die jeweiligen Seiten nicht mehr voneinander unterschieden. Kein echte Manko, aber es sei an dieser Stelle einfach erwähnt.

Display

Mit dem neuen Retina-Display hat Apple eindeutig Maßstäbe gesetzt. Im direkten Vergleich mit dem iPhone 3GS sind Texte deutlich schärfer, die höhere Pixeldichte (mit 640×960 Pixeln viermal so hoch wie beim iPhone 3GS) macht sich sofort bemerkbar. Besonders fällt dies beim Lesen von Texten auf, außerdem sind die Beschriftungen bei GoogleMaps deutlich besser erkennbar.

Hat man sich einmal daran gewöhnt, wirkt das iPhone 3GS-Display eher mittelmäßig. Dies gilt auch für die Farbwerte: Angezeigte Inhalte stellen sich klarer dar, die Kontraste sind höher und die Farbstimmung ist ausgewogener. Dies macht die Inhalte deutlich „echter“.

Display-Vergleich: Nexus One vs. iPhone 4

Um nicht nur die iPhones untereinander, sondern auch die Konkurrenz mit dem iPhone 4 zu vergleichen, haben wir als Messlatte das Nexus One zugrunde gelegt. Was auf unserem Vergleichsfoto nur bedingt ins Auge sticht, ist „in echt“ um einiges deutlicher zu sehen: Das Display des Nexus One hat einen leicht rötlichen Stich, das iPhone 4 hingegen wirkt etwas kühler. Auch bei der Schrift zeigen sich Unterschiede: Textelemente sind auf dem iPhone 4 deutlich klarer abgegrenzt als auf dem Nexus One – dies dürfte unter anderem an der unterschiedlichen Pixel-Per-Inch-Zahl liegen: Während das iPhone 4 über 326ppi verfügt, sind es beim Nexus One nur 252, dafür ist das Display aber auch etwas kleiner (640×960 beim iPhone 4, 480×800 beim Nexus One).

Kamera und Videoqualität

Apple hat eine 720p-HD-Kamera mit 5 Megapixeln Auflösung in sein iPhone eingebaut, außerdem eine VGA-Kamera auf der Frontseite. Die Aufnahmen der HD-Kamera sind (wenig überraschend) deutlich besser als die der iPhone 3GS-Kamera, dies gilt sowohl bei Standbildern als auch bei Videoaufzeichnungen (ein Side-By-Side-Video haben wir hier bereitgestellt).

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Einziges Manko: Hält man das iPhone seitlich, kann es schnell passieren, dass man versehentlich das Mikrofon zuhält. Dies ist deshalb ein zu erwähnendes Problem, weil durch das Alu selbst kein Ton mehr durchkommt, dies war beim Kunststoffgehäuse des iPhone 3GS noch etwas anders. Ein weiteres Problem: Auf der Glasabdeckung der Rück-Kamera sammeln sich gerne Fingerabdrücke, dies ist zu beachten, bevor man anfängt zu filmen, da die Filme ansonsten verschwommen wirken.

FaceTime

Zusammen mit den zwei integrierten Kameras zieht FaceTime als Standard auf dem iPhone 4 ein, die neue Art der Videotelefonie. Voraussetzung ist, dass sich beide Gesprächsteilnehmer in einem WiFi-Netzwerk befinden. Der initiale Verbindungsaufbau findet via Anruf statt, danach kann man auf FaceTime umschalten, sofern der Gesprächspartner ebenfalls ein iPhone 4 hat. Alle weiteren Gespräche mit dem einmal angerufenen FaceTime-Partner lassen sich direkt starten, ohne den Umweg über einen normalen Anruf. Während des Gesprächs kann man zwischen beiden Kameras beliebig hin- und herschalten, sofern es das vorhandene Netzwerk mitmacht, geschieht die Übertragung flüssig und in Echtzeit. Über UMTS ist FaceTime aktuell noch nicht nutzbar – es wäre aber wünschenswert, wenn es möglich wird, sobald es die Mobilfunknetze hergeben. Eine Integration von FaceTime auf anderen Smartphones wäre ebenfalls möglich – Apple hat FaceTime als offenen Standard angekündigt, den zukünftig auch andere Hersteller nutzen können.

Lautsprecher, Mikrofon

Beim Lautsprecher gibt es eindeutige Nachteile gegenüber dem Vorgänger-iPhone aus Plastik: Als einzige Öffnung bleibt lediglich der kleine Auslass an der Unterseite des iPhone. Nutzt man den Lautsprecher für Musik oder ähnliches, klingt das, was herauskommt, blechern und etwas flach. Ohne Frage: Man benutzt das iPhone eher selten als Jukebox, will man es aber doch tun, sollte man die Umstände zur Kenntnis nehmen. Das integrierte Mikrofon ist nach wie vor gut. Apple hat übrigens im Vergleich zum Vorgänger die Positionierung von Mikrofon und integriertem Lautsprecher umgedreht: Grund hierfür dürfte sein, dass Rechtshänder direkter in das Mikro sprechen können.

Ein zusätzliches Mikro hat Apple auf der Oberseite des iPhone 4 angebracht: Es nimmt beim Telefonieren die Außengeräusche auf und hilft dabei, diese herauszufiltern. Dies funktionierte bei unseren Tests überraschend gut: Sowohl das übliche Hintergrundrauschen in der Bahn als auch das geschäftige Treiben in der Innenstadt wurden in nützlichem Maße eliminiert.

Geschwindigkeit, Systemstabilität

Das iPhone 4 ist Apples schnellstes Smartphone bisher, der Unterschied zum iPhone 3GS fällt allerdings weniger auf als am Anfang angenommen. Unter iOS 4 ist das iPhone 4 zwar durchaus ein wenig schneller als der Vorgänger, die Unterschiede sind aber nicht gravierend. Dennoch fällt mitunter deutlich auf, dass Apple dem Smartphone ein wenig mehr Speicher gegönnt hat: Apps starten schnell, der Bootvorgang des Gerätes wurde ebenfalls etwas beschleunigt.

Akkulaufzeit

Apple hat eine längere Akkulaufzeit versprochen, ganz nachvollziehen konnten wir diese aber nicht: Wie auch beim iPhone 3GS muss das Gerät nach rund einem Tag Nutzung wieder an den Strom gehängt werden. Unsere Testbedingungen: Pendlernutzung, täglich etwa 1 Stunde iPod-Player, Fotos aufnehmen, mehrere Telefonate, nebenbei Surfen mit 3G. Je nach den gewählten Einstellungen (Displayhelligkeit, aktivierte Features wie WiFi, 3G etc.) kann man die Akkulaufzeit allerdings durchaus verlängern.

Kaufempfehlung?

Eine Frage, die einem als iPhone 4-Nutzer immer wieder gestellt wird: „Und, lohnt sich das Ding?“ Die Antwort darauf ist nicht einfach zu geben. Besitzt man noch ein iPhone 2G oder 3G, wird sich das Upgrade auf das iPhone 4 auf jeden Fall lohnen. Vor allem die Geschwindigkeit des Geräts sowie einige Features wie Multitasking sind Faktoren, die eine Rolle spielen dürften. Dazu kommt die generell höhere Verbindungsgeschwindigkeit (im Vergleich zu iPhone classic und 3G), die HD-Kamera, FaceTime sowie das sehr gute Display. Etwas anders gelagert ist die Sache, wenn man aktuell ein iPhone 3GS hat. Mein persönlicher Standpunkt: Auf eine HD-Kamera im Handy kann ich persönlich gut verzichten, gleiches gilt für das Retina-Display. Und rein was Verbindungs- und Gerätegeschwindigkeit angeht, lohnt sich in meinen Augen keine Neuanschaffung – ich werde, wenn ich das Testgerät demnächst zurückschicke, sicher keine Entzugserscheinungen haben. Manchmal gibt es aber doch nicht ganz rationale Gründe, die für ein Upgrade sprechen…

Kleine Abzüge gibt es wegen der vorhandenen Antennenproblematik, außerdem für die immer noch vorhandene Kratzanfälligkeit – bei unserem Testgerät zeigten sich bereits nach wenigen Tagen erste feine Kratzer im Glas.


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