iPhone/iPad-Vorlesefunktion in iBooks: Bücher als Audiobooks, Lex Apple?

Alexander Trust, den 25. August 2010
iBooks - Bücherregal
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Ein E-Book-Reader mit Vorlesefunktion macht ein E-Book zum Audiobook. Was wiederum den Verwertern nicht gefällt, die an einem vorgelesenen Buch mehr verdienen wollen als an der Textvariante. Aus diesem Grund musste auf Amazons Kindle die Möglichkeit zur Deaktivierung der Vorlese-Funktion geschaffen werden. Auf iPhone und iPad liest iBooks indessen ebenfalls auf Wunsch alle Bücher und PDFs der Bibliothek vor – bislang ohne Beanstandung. Möglicherweise, weil die Vorlesefunktion Teil der Bedienungshilfen für Sehbehinderte ist?

Bereits beim Vorgehen der „Authors Guild“ gegen den Kindle und seine Vorlesefunktion kam es zu erheblichem Streit: Amazon gab nach und räumte den Rechteinhabern die Möglichkeit ein, für ihre Bücher die Vorlesefunktion des Kindle zu deaktivieren, falls diese ihre Audiobooks nicht in Konkurrenz zum simpel vorgelesenen E-Book treten lassen wollten. Eine Kampagne gegen die DRM-Gängelung auf dem E-Book-Sektor folgte – ohne DRM keine Vorleseeinschränkung. Apple hingegen hält sich vornehm aus dem Streit zurück, was angesichts der Vorlese-Möglichkeit auf iPhone und iPad via iBooks und Bedienungshilfen möglicherweise die beste Strategie ist.

Die Vorlesefunktion auf den iDevices „versteckt“ sich in den Bedienungshilfen und ist offensichtlich für Sehbehinderte gedacht. Will man sich sein Buch vom iPad bzw. iPhone vorlesen lassen, sollte man zunächst schmerzbefreit sein, was recht seelenlos wirkende Roboterstimmen angeht. Weiter muss man sich eine andere Bedienung angewöhnen, da mit der Aktivierung der Vorlesefunktion einige Gesten und Tippfunktionen anders funktionieren. Nach diesen Warnungen ans Werk.

In den Einstellungen unter dem Punkt „Allgemein“ findet ihr die Optionen der „Bedienungshilfen“. Dort aktiviert man VoiceOver. Anschließend wird man darauf hingewiesen, dass nun einige Gesten anders funktionieren – die Funktion kann supernervig werden, da sie alles vorliest, was auf dem Bildschirm passiert und ausgewählt wird. Einmaliges Antippen eines Icons oder Buttons führt daher auch nicht zu seiner Anwahl bzw. zum App-Start, sondern nur zur Markierung. Dazu wird vorgelesen, was man gerade angetippt hat.

Regeln für VoiceOver

Als Faustregeln können gelten: Einfaches Tippen ist keine Auswahl/Start mehr, sondern Vorlesestart. Doppeltes Tippen entspricht dem früheren einfachen Tippen und startet Apps bzw. löst Buttons aus. Weiterhin wichtig: statt der einfingrigen Wischgeste zum Blättern von Homescreens oder Buchseiten muss man den Wischer dreifingrig ausführen. Damit sollte man zum Test (und dem anschließenden Wiederabstellen der Vorlesefunktion) gerüstet sein.

Man schließt die Einstellungen, wischt sich (dreifingrig) zu seiner iBooks-App und ruft diese per Doppeltipp auf. Ebenso mit Doppeltipp öffnet man ein Buch, mit dem Dreifachwischer blättert man zur Seite, ab der vorgelesen werden soll. Tippt man eine Zeile an, wird diese vorgelesen. Wischt man (einfingrig!) senkrecht über die Seite nach unten, liest VoiceOver das Buch vor – inclusive automatisches Umblättern und Kapitelwechsel.

Wie bereits erwähnt, lässt der „Charme“ der Vorlesestimme zu wünschen übrig. Sie tut aber den Job, und hat man sich an die Umstellungsprozedur gewöhnt, ist VoiceOver schnell ein- und wieder ausgeschaltet. Da die Funktion Teil der Bedienungshilfen für Sehbehinderte ist, könnte sich eine durchaus spannende Debatte ergeben, sollte die „Authors Guild“ auf der Unrechtmäßigkeit der „öffentlichen Tonaufführung“ auf Apples Plattform beharren. Bis dahin kann man sich indes via iBooks Bücher und PDFs nach Belieben vorlesen lassen.


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