Im Test: CyberGhost VPN 2

Stefan Keller, den 12. September 2010
CyberGhost VPN 2
CyberGhost VPN 2

Wir haben es getestet: Kann man mit CyberGhost VPN 2 anonym im Internet surfen? Das verspricht Hersteller S.A.D. mit dem Tool. Wir haben das Programm unter die Lupe genommen und sagen euch, ob die Tarnkappe ihr Versprechen einhalten kann.

Vorab unternehmen wir jedoch eine kleine Exkursion, wofür ein solches Programm notwendig werden könnte und warum. Das Internet funktioniert nach dem Frage-Antwort-Prinzip. Das bedeutet, dass ihr in euren Browser eingebt, dass ihr beispielsweise gerne auf sajonara.de gehen würdet. Der Browser sendet diese Anfrage an euren Provider, der feststellt, dass sajonara.de die IP 178.63.20.209 hat. Nun weiß euer Browser genau, bei wem er „anklopfen“ muss. Da niemand einfach so herein gelassen wird, muss der Browser sich erst vorstellen. Dabei sagt er dem Sajonara-Server, dass er selbst beispielsweise von der IP 77.189.235.168 geschickt wird, ein Firefox in Version 3.6.9 unter Windows XP ist und gerne die index.htm für sajonara.de aufgerufen haben möchte. Diese Daten werden allesamt für einen begrenzten Zeitraum gespeichert, das tut der Webserver, damit sein Administrator im Fehlerfall in den Logfiles nachsehen kann, was schief gelaufen ist. (Anmerkung: Bei sajonara.de werden IP-Adressen grundsätzlich anonymisiert gespeichert, der letzte Block wird durch eine 0 ersetzt, nach einer Woche werden die Logfiles automatisch geleert).

Da das Internet so funktioniert wie es funktioniert, ist eine IP eindeutig, also genau einem Gerät zugeordnet. Das wird bei euch im Regelfall der Router sein, kann jedoch auch ein Computer sein. Theoretisch wäre es möglich, anhand der IP und mit dem Datum und der Uhrzeit den Anschlussinhaber ausfindig zu machen. Das kann jedoch nur euer Internet-Provider und das auch nur, solange wie die Daten gespeichert sind. Bei der Telekom ist das ca. eine Woche. Zudem braucht es dafür einen begründeten Verdacht, den normalerweise nur ein Richter bestätigen kann.

Mit einem Programm wie CyberGhost VPN 2 kann man einen kleinen Umweg einbauen. Der Browser fragt nicht direkt bei eurem ISP nach, weil ihm CyberGhost VPN dazu gar keine Möglichkeit lässt, stattdessen wird die Anfrage über einen außenstehenden Server (nennen wir ihn ab jetzt „Proxy“) umgeleitet. Dadurch bekommt ihr „nach außen“, also z. B. für den sajonara.de-Server, eine andere IP, nämlich die des Proxy-Servers.

Auf zu CyberGhost

Die Installation gestaltet sich nicht sehr kompliziert, aber wirkt etwas unlogisch. Obwohl das Programm auf einer CD geliefert wird, lädt der Installer es aus dem Internet herunter. Das wird damit zusammenhängen, dass es inzwischen eine neue Version gibt, wurde jedoch in der Installationsroutine nicht vermerkt. Nachdem CyberGhost sein Plätzchen auf der Festplatte gefunden hat, muss ein Account erstellt werden. Dies geschieht über den Browser, was wir als etwas ungünstig einschätzen, denn mit einer Oberfläche im Programm selbst würde das Wechseln der Fenster entfallen, der Komfort würde steigen. Der Account sieht von sich aus einen Basic-Zugang vor, der ein Jahr nutzbar ist. Der Basic-Zugang ist auf eine Geschwindigkeit auf DSL1000-Niveau begrenzt – im Karton liegt aber bereits eine Seriennummer, die eine Beschleunigung auf mindestens DSL2000-Niveau freischaltet. Dazu gibt es einen verschlüsselten „Datensafe“, der 2 GB Online-Speicherplatz bietet, der sich auch für andere freigeben lässt – allerdings nur für 32 Bit Windows-Versionen. Die Seriennummer muss ebenfalls im Browser eingegeben werden, was angesichts des „Lizenzschlüssel freischalten“-Buttons im Programm wenig intuitiv erscheint.

Anonym surfen

Da CyberGhost VPN 2 einen Netzwerktreiber installiert, über den der gesamte Internet-Traffic fortan läuft, ist der gesamte Datenverkehr, unabhängig vom Browser oder sonstigen Programm, anonym, das heißt, er läuft über einen Server, den CyberGhost findet. Es müssen also keine zusätzlichen Einstellungen getroffen werden. Das Tempoversprechen wird eingehalten und bei Internet-Servern kommt die IP-Adresse des Proxy-Servers an.

Das Programm bietet zudem eine Ausnahme-Funktion, mit deren Hilfe bestimmte URLs oder IP-Adressen von der Anonymisierung ausgeschlossen werden können. Dem Anwender wird ans Herz gelegt, seinen E-Mail-Provider dort zu verewigen, denn aus Gründen des Spam-Schutzes werden E-Mail-Anfragen von den Proxy-Servern abgelehnt. Leider hat dies beim Test mit einer IP-Abfrage-Webseite (wasistmeineip.de) nicht geklappt, obwohl die URL in der Ausnahmeliste stand, wurde uns weiterhin die IP des Proxy-Servers angezeigt.

Der auf der Verpackung beworbene „Firewall-Effekt“ ist aufgrund dessen wie das Programm arbeitet, selbstverständlich vorhanden, hat jedoch in der Praxis eher theoretischen Charakter. Die meisten surfen über einen Router, der diese Rolle ebenfalls in Perfektion spielt, denn so ist bei Zugriff auf die IP nur der Router für einen Angreifer sichtbar und nicht der eigene Computer – im Falle von CyberGhost VPN wäre es ein Proxy-Server.

Daten ablegen

Der Datensafe ist eine nette Ergänzung. Er lässt sich über ein Passwort, eine Key-Datei oder eine Kombination aus beidem abriegeln. Technische Grundlage der Sache ist der Strato HiSafe. Im Programm ist eine Oberfläche integriert, die dem Windows-Explorer in seinen Funktionen ähnelt. Anzumerken ist, dass die Reaktionszeiten etwas knackiger sein könnten. Zumindest wäre ein Feedback für den Anwender wünschenswert, dass das Programm den Mausklick akzeptiert hat und nun nach besten Möglichkeiten versucht, die Anfrage zu bearbeiten.

Fazit

CyberGhost VPN 2 ist in der Lage, den Internet-Traffic über einen dritten Server zu leiten, sodass die eigene IP-Adresse den Zielserver nicht erreicht. Die Lösung mit der virtuellen Netzwerkkarte hat uns gut gefallen, denn sie funktioniert universell und ohne, dass ein Programm Proxy-Server unterstützen muss. Das Bedienkonzept ist jedoch verbesserungswürdig. Zudem besteht die Gefahr, dass Administratoren bekannte Proxy-Server direkt in ihre Firewall eintragen, sodass ein CyberGhost-Benutzer dann nicht mehr in der Lage ist, auf diejenige Webseite zuzugreifen. Im Wesentlichen hält die Anwendung jedoch was sie verspricht – ob euch die Anonymität den Kaufpreis wert ist, solltet ihr aber selbst entscheiden. Dass der Datensafe mit 64 Bit-Windows-Versionen nicht funktioniert, ist aber ärgerlich, denn in Zeiten, in denen selbst die MediaMarkt-Rechner von der Stange mit 4 GB RAM oder mehr verkauft werden, ist ein vorinstalliertes 64-Bit-Betriebssystem nur konsequent und daher stark im Kommen.

Nicht vergessen solltet ihr zudem, dass zwar der Zielserver nur die IP-Adresse des Proxys kennt, aber selbiger Proxy-Server kennt eure, denn irgendwie müssen die Datenpakete euch ja erreichen. Zudem bleiben Online-Vergehen auch dann Vergehen, wenn sie über CyberGhost zu vertuschen versucht werden, was die Nutzungsbestimmungen ausdrücklich verbieten.


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