Spider-Man: Total Mayhem für iPhone im Test

Alexander Trust, den 22. September 2010

Als ich Spider-Man zum ersten Mal auf dem iPhone 4 sah, dachte ich sofort, dieser Superheld macht eine verdammt gute Figur. Im Laufe des Reviews sollte sich aber herausstellen, dass es noch etwas mehr zu beobachten gab.

Meine Tweets aus den ersten Spielstunden liegen bereits einige Wochen zurück, und um guten Gewissens dieses Review zu formulieren, habe ich die erste Euphorie-Welle ein wenig sacken lassen, ehe ich mich daran machte, zu formulieren, welche Erfahrungen ich mit Spider-Man auf dem iPhone gesammelt habe.

Vielseitig

Der gute Mann im Spinnenkostüm ist in Gamelofts Umsetzung für das iPhone und den iPod touch vielseitig im Einsatz. Anders als zuvor Iron Man (2) bietet Spider-Man einen etwas größeren Aktionsrahmen. Doch grundsätzlich spielt es sich wie viele Superhelden-Spiele. Was uns als Action-Adventure verkauft wird, ist eigentlich ein Prügelspiel. In den 80er Jahren hat man dies als Sidescroller bezeichnet, doch heutzutage, da solche Aktionen nicht mehr nur in zwei Dimensionen stattfinden, ist der Begriff vielleicht zu profan, um ihn als Hersteller zu verwenden. Gleichwie muss man anerkennen, dass hier die Action durchaus abwechslungsreicher präsentiert wird als in Iron Man. Spider-Man hat die Fähigkeit sich mit seinen Spinnenfäden von diversen Haltepunkten von A nach B schwingen zu können. Er kann aber auch profan hüpfen, wird zu Einlagen als Fassadenkletterer eingeladen, in denen herabfallende Gegenstände ihm das Leben schwer machen; mit den erwähnten Spinnenfäden kann er die Gegner außerdem einwickeln und sie umherschleudern, ganz, wie wir mögen. Dann gibt es da noch den Spinnensinn, der Gefahr anzeigt. Ein Extra-Button auf dem Display ermöglicht es uns, wenn wir ihn rechtzeitig betätigen, in solchen Gefahrensituationen blitzschnell zu reagieren. Ausweichmanöver sind die Folge, mit unterschiedlich animierten Konterangriffen unsererseits.

Gegnerschar

Das Schlag- und Trittrepertoire ist zwar einseitig ausgerichtet, aber durch den Wechsel der Tasten oder aber das Hochschlagen des Gegners in die Luft und anschließende in der Luft Boxen, setzt selbst die Haufdrauf-Action erst sehr spät im Spiel etwas Staub an. Zumal Aktionen, die vorher erwähnt wurden, ebenfalls dazu dienen, Gegner zu bekämpfen. Von ihnen gibt es überschaubar viele Typen. Solche, die im Nahkampf besonders gut sind, andere, die dank Molotowcocktails oder Schusswaffen eher aus der Ferne agieren. Wir kommen eigentlich mit all diesen klar. Die Bossgegner, von denen es einige im Spiel gibt, und vor allem die Kämpfe gegen diese, sind variabel angelegt und wirken beim ersten Durchspielen sehr abwechslungsreich. Allerdings ist Gameloft schon hier ein Fehler unterlaufen, der ungewollt den Spielspaß ziemlich trüben kann. Zunächst flüchtet Bossgegner 2, Rhino, vor uns. Wir müssen ihm über das Level hinweg hinterher steigen. Allerdings dürfen wir ihn nicht außer Reichweite fliehen lassen. Die erwähnten Möglichkeiten, sich mit den Spinnenfäden an Laternen oder anderen höher gelegenen Objekten lang zu schwingen sind genauso nützlich wie sie speziell in diesem Fall unglücklich sein können. Denn auf einem Dach eines Hochhauses stehend hat man keine Augen für das Fußvolk, sondern möchte Rhino hinterher. Dumm nur, dass beim Sprung in die Tiefe der eigene Spinnenfaden sich lieber einen Gegner auf dem Hochhausdach krallt als sich für uns nützlich zu machen, um auf das nächste Häuserdach zu kommen. Ergo gerät man an dieser Stelle unter Zeitdruck, erst die Burschen vom Dach zu fegen und danach weiter fix an Rhinos Fersen zu kleben.

Realismus

Wir befinden uns in einem Superhelden-Videospiel mit Comic-Grafik. Entsprechend fällt es schwer, hier von Realismus zu reden. Wenn allerdings etwas im Spiel total merkwürdig wirkt, dann dass man wildfremden, gefesselten Personen aus der Patsche helfen muss. Sie zu befreien ist selbstlos und nicht komisch. Fragwürdig ist nur, an welchen Stellen diese Figuren sich oft befinden. Hilft es einem Anzugträger, wenn ich ihn auf einer vereinsamten Plattform irgendwo zwischen Häuserdächern und Fabrikhallen etliche zehn Meter über dem Boden die Handfesseln löse? Doch das ist Beiwerk, das den Spielfluss nicht stört. Nur den Tester die Stirn in Falten legen lässt.

Realismus kommt aber auch in anderer Form im neuen Spider-Man-Spiel vor. Und zwar kann man, anders als in vielen von Gamelofts Spielen bisher, viele Umgebungsgegenstände zerstören. Merkwürdigerweise erhält man als Superheld dafür auch noch Punkte. Sowie man ebenfalls fürs Verdreschen, vor allem als Komboattacken, grüne und rote „Orbs“ einsammelt. Dies kennen wir schon aus Hero of Sparta und es zieht sich wie ein roter Faden durch eine Vielzahl von Videospielen, nicht nur solchen von Gameloft. Mit den grünen frischen wir unsere Lebensenergie auf, mit den roten können wir unseren Superhelden in drei Bereichen verbessern.

Sound of Musik

Noch ein Fauxpas hat sich den Franzosen eingeschlichen in Total Mayhem. Denn die Audiowiedergabe geht nicht immer reibungslos mit dem Multitasking auf neueren iOS-Geräten zusammen. So kann es passieren, dass man, wenn man das Spiel erneut aufruft, absolut nichts mehr hört. In diesem Fall hilft leider nur ein Geräte-Neustart. Besonders blöd ist das, wenn man vorher nicht extra einen Spielstand gespeichert hat. Denn dieser wird beim Runterfahren offenbar mit dem Speicher des Geräts geleert und somit ins Nirvana verfrachtet. Anders verhält es sich natürlich mit Speicherständen, die wir explizit selbst gespeichert haben. Die Sache mit dem Ton ist umso ärgerlicher, weil die Audiokulisse in dem Spiel wirklich gut ist. Sie reicht zwar lange nicht an quasi voll synchronisierte PSP-Titel von Hideo Kojima heran, aber immerhin werden vor allem vor Bosskämpfen und in Zwischensequenzen viele Gespräche geführt und Dialoge gesprochen. Das geht einher mit in-game Zwischenszenen. Von der Präsentation her ist Spider-Man: Total Mayhem also eigentlich ein richtig ordentliches Spiel.

Minis

Es gibt im Vergleich zu anderen Action-Abenteuern von Gameloft in Spider-Man: Total Mayhem weniger Quicktime-Events – es gibt sie aber -, und man verzichtete mehr oder weniger auf den Einsatz von Minispielen. Stattdessen sind einige Aufgaben in der Form zu erledigen, dass man zunächst Schalter A und B umlegen muss, ehe man durch Tor C gehen kann. Darüber hinaus gibt es Plattformen, die abwechselnd unter Strom gesetzt werden, oder Windräder, an denen man im richtigen Moment vorbeispringen muss. Also keine Zeit sich auszuruhen, für ein Action-Game durchaus stimmig.

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Fazit

Die erwähnten Fehler trüben das Bild von einem ansonsten sehr guten Spiel ein wenig. Doch der zweite Blick verrät, dass auch ein Spider-Man irgendwann nachlässt und so fragt man sich, ob man nach einem Mal Durchspielen, das zweifellos auf sehr hohem Niveau geschieht, überhaupt noch ein zweites Mal das Spielgerät für etliche Stunden in die Hand nehmen sollte? Solche Spieler, die ehrgeizig genug sind, um beispielsweise gerne „alle“ Trophäen freizuspielen, die werden mit Sicherheit mehr als nur ein Mal zugreifen. Doch alle anderen haben, und das ist für das Genre eigentlich typisch, nicht unbedingt Lust auf eine zweite Partie.


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