iPhone 4-Fake aus China im Test: Iphone 4GS-108

rj, den 28. November 2010
micon-iphone4fake

Wie heißt es denn nun? „Iphone 4-S108“ nannte es der Verkäufer im Mailwechsel, die Produktseite gibts nicht mehr, betitelt war das „Latest iphone 4G“ auch schon als „3.5inch touch screen 100% copy Apple WIFI JAVA mobile phone“. Im Innern heißts dann „iPhone 4GS-108“. Wie immer: unsere Klon-Reviews dienen zum einen der Warnung vor eBay-Angeboten, auf denen die Fakes als echt angepriesen werden, zum anderen zum Amüsement – denn am Fake zeigt sich einmal mehr, was man am echten Apple-Gerät hat.

Unboxing

Vorneweg: wir kriegten das Gerät aus China nach Zahlung von knapp 100 Euro (knapp 90 Dollar Gerätepreis plus Shipping nach Deutschland) per PayPal schnell (vier Werktage) und ordentlich verpackt. Geliefert wurde das „iPhone“, dazu Headset, Ladegerät und -Kabel sowie zwei Akkus. Eine Rechnung, die den Namen verdient, gabs selbstredend nicht, der Händler versicherte per Chat, bei „einzelnen Geräten“ noch keine Probleme mit dem Zoll gehabt zu haben – was tief blicken lässt.

Erster Eindruck: Dreist. Beginnend mit der Box, die das iPhone-Design nur deshalb nicht täuschend echt nachahmt, weil der Druck schlechter und die Symbole für DualSim und Konsorten eher appleuntypisch sind. Dem Gerät sieht man den Fake aus der Nähe betrachtet einerseits an, andererseits sind bis auf die Herstellungshinweise auf der Rückseite und dem Apple-Logo selbst im Geräteinneren(!) alle Möglichkeiten der Markenpiraterie konsequent ausgeschöpft worden.

Das Apple-Feeling ist indes spätestens beim beherzten Einschalten des Geräts zu Ende. Zum einen neigt die Rückseite zum Abfallen, wenn man allzu kräftig am Gerät rumdrückt (mehr dazu gleich), zum anderen dürfte das liebliche Getön zum Start selbst einem Windows-Gerät peinlich sein.

Anschließend steht zwischen schwer nach Apple-Ikonografie gestalteten Homescreens mit mehr oder weniger passenden App-Icons und dem neugierigen Anwender nur noch die letzte Hürde der SIM-PIN-Eingabe. Und die hat es in sich.

Nichts funktioniert

Das fällt mir als gelegentlicher Sympathischfinder dreister Produktpiraterie nun schwer, aber es ist tatsächlich so: der iPhone4-Fake taugt zum Telefonieren, und das wars. Während beim „Phone“ zumindest noch seltsame Hongkong-Apps und einige voreingespielte Fernost-Poptracks zum Erforschen des skurrilen Dateninhalts einluden, kommt das „iPhone“ mit drei Homescreens voller teilweise doppelt aufgelisteter, weitestgehend langweiliger und kaum bedienbarer Apps.

Systemtechnisch ist die Ähnlichkeit zum „Phone“-OS eindeutig, ein modifiziertes Windows CE wird auch hier unter der Haube versuchen, seinen Dienst zu tun. Den verrichtet es definitiv schlechter als beim 3GS-Klon. Auf kaum eine Funktion des Geräts kann man sich verlassen, wenn sie denn überhaupt in irgend einer Form zum Funktionieren gebracht werden kann. Das beginnt mit dem Bildschirm.

Touchscreen

Der wurde als „kapazitativ“ angepriesen, ist aber druckempfindlich und ohne Übertreibung das schlimmste und ungenaueste, auf dem ich jemals herumgedrückt habe. Die Eingabe eines PIN-Codes zur SIM-Freischaltung gerät zur Katastrophe, das Erkennen der gedrückten Ziffer mit Stylus oder Finger scheint weitgehend vom Zufall abzuhängen.

Von zehn Antippern werden vielleicht fünf „registriert“ – die Taste wird animiert – und vielleicht eine tatsächlich „angenommen“ – eine der vier PIN-Zahlen wurde als Sternchen eingegeben. Die katastrophale Erkennungsleistung ändert sich auch nach dem Kalibrieren des Touchscreens nicht. Tastaturen oder nicht gerade bildschirmfüllende Ziffernblöcke sind schlicht unbenutzbar. Selbst das Tippen einer „Hallo Welt“-SMS geriet zur nervenaufreibenden Aufgabe.

Der anschließende Kameratest wurde durchgeführt, weil zu hoffen war, dass dabei die Touchscreenbedienung eine untergeordnete Rolle spielt. Weit gefehlt. Zum einen ist per Default die Auflösung auf lächerliche 320×480 Pixel gesetzt, das höchste der Gefühle, was wir eingestellt bekamen, waren deren 640×480.

Dann aber wenigstens „Kamera starten, abdrücken, fertig?“ – weit gefehlt. Ich halte mich nicht für einen Grobmotoriker, aber wenn das hier gezeigten Bild vom „echten iPhone, geschossen mit dem falschen iPhone“ nicht nur schlecht, sondern auch verrutscht aussieht, dann liegt das daran, dass der Auslöse-Button auf dem Touchscreen ungefähr so funktioniert wie jede andere Touch-Eingabe auch: in einem von fünf Fällen.

Massenspeicher am Rechner

Nun sollen die Bilder auf den Rechner. Bevor jedoch das Gerät als externer Speicher erkannt wird, muss man den „Massenspeicher“ beim USB-Menu aktivieren. Vorher erkennt der iPhone-Klon nur, dass über USB Strom ankommt – intelligent geht anders.

Das zieht sich durch – das simple Einwählen in ein offenes WLAN schlug mit unbekanntem Fehler fehl, das Nutzen eines passwortgeschützten WLAN testeten wir angesichts der damit verbundenen Passwort-Eingabe auf unbenutzbarem Touchscreen gar nicht erst (was etwas heißen will, denn billige Chinaware weckt an sich tendenziell meinen Spieltrieb).

Hat man das Gerät dann auf dem Rechner erkannt, lassen sich Bilder aus dem entsprechenden Ordner kopieren. (Nebenbei meldet der Mac eine weitere Netzwerkverbindung, der wir indes nicht weiter nachgegangen sind.)

Wiederum Daten aufs Fake-iPhone schreiben schlug hier jedoch fehl. Nach einigen Minuten verschwand der gemountete Datenträger weiterhin selbstätig aus dem Finder, mit dem folgenden Systemhinweis, die Festplatte sei nicht korrekt ausgeworfen worden.

Fazit

Es sieht auf den ersten Blick echt und auf den zweiten für den weniger erfahrenen Anwender ziemlich echt aus, kann telefonieren und zwei Sims verwalten. Das wars aber auch schon. Mit zwei Sim-Karten umgehen kann auch das Möchtegern-iPhone Nano i98. Wer neben den fehlenden Fun-Aspekt auf ein wenig Ramschzubehör hofft: das Headset ist mit 2,5mm-Stecker inkompatibel zum iPhone, dasselbe gilt fürs Dockingkabel, das ins iPhone passt, aber weder lädt noch synct. „Positiver“ Effekt: wenn man ein Pfuschgerät wie das beschriebene in der Hand hat, bemerkt man erst wieder, an wie vielen Stellen und mit wie vielen Details Apple gerade dadurch glänzt, dass die Bedienung und Verwendung vollkommen selbstverständlich von der Hand geht.

Ob nun absichtlich oder unabsichtlich bestellt/bei eBay bekommen/gekauft – bei diesem Klon gilt, dass er nicht einmal als Gag oder Partyhandy so richtig funktioniert. Schade eigentlich – oder anders herum gesehen: besser so, denn der Vertrieb in Deutschland ist ohnehin verboten.


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