Redaktionsrück- und Ausblicke 2010/2011: Richie (rj)

rj, den 23. Dezember 2010

Die Macnotes-Redaktion blickt zurück und aus – was war 2010, was bringt 2011 und was denkt man sich nach einem Jahr mehr in der Macosphäre dazu? Das alte und das kommende Jahr in der Redaktions-Einzelbetrachtung: rj zu Wikileaks, der Irrelevanz hochauflösender Videoformate und trüben Glaskugeln.

Was war das bedeutendste Ereignis in der Macosphäre 2010?

An sich sollte es ja das iPad sein, neue Geräteklasse und so, mein persönlicher Alltag ist aber vom iPhone 4 stärker geprägt und an sich am stärksten vom MBP. Aber das einschneidenste Ereignis 2010 war meiner Ansicht nach Cablegate und die folgenden Ereignisse rund um Wikileaks. Man wird’s daran gemerkt haben, dass das Thema auf dem nicht gerade dafür prädestinierten Mac-Blog Macnotes doch recht präsent war, aber ich denke, es gibt die Zusammenhänge. einfachBEN nennt das die „Publikative“, zu der sich die Presse durch die Beteiligung aller Netznutzer als vierte Macht im Staat entwickelt hat, und ich denke, 2010 sind wir weiter als jemals zuvor, was das aktive, bewusste Verwenden dieser Macht durch „die vielen“ angeht. Ich denke, dass die mobile Netznutzung, das „Ubiquitous Computing“, wie es vor ein paar Jahren noch genannt wurde, insbesondere von Apple vorangetrieben wurde, und bei aller Skepsis in Sachen geschlossene iOS-Plattformen iPhone/iPad: dass quasi permanent Anteil an der öffentlichen Diskussion genommen werden kann, das hat auch und gerade mit iPhone und Co. zu tun. Und dass die Wikileaks-Geschichte zu einer solchen Resonanz auch und gerade an der „Basis“, nicht bei den klassischen „Nutznießern“ der Whistleblower geführt hat, das ist großartig.

Ansonsten neige ich dazu, matte MBP-Displays für eine zivilisatorische Errungenschaft zu halten, die ungefähr in der Liga von Kaffee und Gaffatape mitspielt.

Und was die größte Enttäuschung?

Oh je. So vieles. Die Konkurrenz. Google Books, oh man (wobei die App ja noch völlig iO ist, aber nach dem ganzen jahrelangen Trara um das Buch-Scannen durch Google usw. ist das Angebot einfach gruselig). Microsoft. Die unerträgliche Blödheit bei gewissen politischen Entscheidungsträgern. Angesichts von sowas fällt es mir schwer, die iOS-Keynote oder das endlos verschobene weiße iPhone 4 irgendwie als Enttäuschung zu sehen (das weiße 4er ist an sich eher peinlich).

Was erhoffst du dir von 2011…

Hoffnung ist Mangel an Information. Aber was ich mir in technischer Hinsicht wünsche: vernünftige, leicht benutzbare Crowdsourcing-Plattformen, bessere Möglichkeiten zum kollaborativen Arbeiten und natürlich größere Festplatten bzw. günstiges NAS. Mir ist HD-Streaming, BluRay, LTE und was sonst noch so buzzt, tendenziell eher egal. Klar nutzt man gerne coole neue Hardware, klar schreibt man gerne drüber, aber an sich bin ich technisch gesehen wunschlos glücklich, das macht das „hoffen“ irgendwie unangebracht. „Hoffen“ tu ich natürlich auf das Nichteintreffen der Punkte unter der folgenden Überschrift:

…und was befürchtest du eher?

Wirklich Sorgen macht mir das drohende Ende der eh schon angeschlagenen Netzneutralität, anstehende Aufschläge bei mobilen Datentarifen, IP-Traffic erster und zweiter Klasse usw., ganz abgesehen von diversen Bestrebungen zum Netzfiltern und dem drohenden Kindernet. Diesbezüglich werden wir 2011 noch Spass haben.

Deine Top 5 Apps des Jahres, kurz begründet und beschrieben:

MyWi. Es verblüfft mich irgendwie, dass man UMTS-Hotspots in Stick-Form verkaufen kann, obwohl es MyWi gibt. Egal, ob der Provider/die iPhone-Firmware tethern lässt oder nicht, das Handy macht WLAN. MyWi ist die einzige zweistellig kostende App, für die ich je Geld ausgegeben habe, ich hab sie selten gebraucht, aber wenn, dann war ich verdammt froh dran.

iBooks. Das ist Apple, wie man es kennt. iBooks ist schön umgesetzt, wunderbar bedienbar, und an welchen Orten ich mich schon überall gefreut hab, einfach was zum lesen zu haben (und dazu kein Licht zu brauchen), das gäbe eine längere Liste. Lest mehr Bücher, es macht Spass. Und schlau.

SBSettings, SBRotator etc. – man verzeihe mir die Zusammenzieherei. Was mit SBSettings so zu steuern, schnell zu- und abzuschalten oder mal kurz nachzusehen ist, das ist einfach klasse. Eines der Features, wo ich mich immer frage, warum es Apple nicht auch anbietet, und ein trotz aller iOS-Fortschritte nicht totzukriegender Jailbreak-Grund.

Dospad. Insbesondere, weil es geht. Und ein Windope 3.1 auf dem iPad zu installieren, ist einfach verdammt geil (und zugegebenermaßen auch irgendwie krank, wahrscheinlich gefällt’s mir deswegen so sehr).

Facebook. Das ist mir jetzt ein wenig peinlich, aber FB ist einfach eine extrem feine App und seit der Places-Integration schlichtweg rund und, jenseits des Zeitfresser-Aspekts, auch wirklich nützlich.

Bonus: APTbackup. Das mag an der regelmäßigen iPhone/iOS/Jailbreak/Update-Testerei hier in der Redaktion liegen, aber ich glaube, ohne APTBackup hätte ich das iPhone gelegentlich schon an die Wand geschmissen. Könnte an sich auch bei Cydia dabeisein, nachdem darüber ja auch schon SHSH und Paid-Apps zum Gerät gespeichert werden. Ohne das Backup-Tool will ich bis dahin definitiv nicht mehr sein.

Was gibts sonst zum Jahresausklang zu erzählen?

Meine Glaskugel zickt ein wenig. Der Ausblick letztes Jahr glänzte mit Falschvermutungen: kein BluRay, kein UMTS in den MBPs, die zugegebenermaßen mutige Prognose in Sachen Windows Phone 7 ist ebenso derbe danebengegangen. iTunes hat wider meinem Erwarten seine Marktposition noch weiter verbessert, aber ich bleibe dabei: es kommt direkt aus der Hölle. Für HTML5 und die Jailbreak-Entwicklung mag ich mir hingegen auf die Schulter klopfen, und dass Apple noch immer keinen BB-Award gekriegt hat, liegt in erster Linie an der noch schlimmeren Konkurrenz bei den Datenkraken. Ansonsten hat sich insbesondere die Kategorie der „da wird auch 2010 nichts rechtes draus“-Prognosen recht tapfer gehalten – Apple TV ist noch immer nicht so recht übers Hobby rausgekommen, die vielbeschworene Medienkonvergenz blieb ein weiteres Jahr lang aus. Zu guter Letzt blieb die Malware-Situation auf dem Mac umstritten wie eh und je.

Insofern… es bleibt alles spannend. Ob es 2011 nun aber HD-iPads mit Frontkamera gibt, iMacs zu vernünftigen Preisen oder ein LTE-iPhone 5 mit AMOLED, wird nicht das eigentlich interessante sein, sondern insbesondere, was man damit anstellt. Unvermeidliche Schlussbemerkung: einen kleinen Vorgeschmack gibt vermutlich der 27C3, und wer da Lust auf nen Mate hat, ich bin der Typ ohne Haare und mit dem Ubuntu-Ideapad.

Weitere Teile der Reihe Rückblick 2010


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