App Store Abos: Der Tag danach

rj, den 16. Februar 2011

Weder Apps noch Apple seien nicht umgehbar, will man seinen Content an den Kunden bringen: die Publisher zeigen sich am Tag nach Apples Abo-Launch leicht verschnupft. Neben der naheliegenden Klage über die „Apple Tax“ werden die App-Zulassung und Zensurmöglichkeiten, der Wunsch nach unmittelbarem Kontakt zum Leser und sogar kartellrechtliche Fragen aufgeworfen.

Das Angebot Apples – Wenn Apple dem Publisher einen Kunden verschafft, kriegt Apple 30%, wenn der Publisher den Kunden bringt, bekommt Apple nichts – wirkt nur bei oberflächlicher Betrachtung fair. Insbesondere die Klausel, dass der Preis des vom Anbieter vermittelten Digitalabos nicht unter dem im App Store liegen darf, wird den Publishern Kopfzerbrechen bereiten. Bei knapp kalkulierten Margen werden die 30% „Apple-Steuer“ schwer kostenneutral abbildbar, insbesondere, wenn die eigenen Angebote nicht günstiger als jene mit dem 30prozentigen Apple-Aufschlag sein dürfen.

Drastisch macht das beispielsweise der Musikdienst Rhapsody deutlich: bezahlt werden bereits Lizenzgebühren an die Labels, Künstler und Autoren, man könne dann noch beispielsweise eine Kreditkarten-Transaktionsgebühr von 2,5% tragen, aber nicht die 30%, die Apple verlange. Stattdessen werde man nun „weiterhin Kunden die Anmeldung … von jedem internetfähigen Gerät aus ermöglichen, inclusive iPhone und iPad via Safari-Browser.“ Weiter werde man die angemessenen Schritte sowohl in wirtschaftlicher wie auch in rechtlicher Hinsicht ausloten.

Die Schritte werden vermutlich zumindest vorerst aus dem App Store hinausführen – denn in dort vertretenen Apps sind Links auf Abo-Angebote jenseits von weiteren App Store-Angeboten in Zukunft untersagt. Sprich: bei allen In-App-Käufen wird die Apple-Abgabe fällig. App Store-fremde Angebote können angesichts des Unterbietungsverbots nicht günstiger gemacht werden. Damit fehlt jeglicher Anreiz für den Kunden, um jenseits des App Store nach den Angeboten zu suchen, die dem Anbieter die „Apple-Steuer“ vermeiden helfen.

Spannend wird auch die Diskussion, ob Apple auf diese Weise nicht eine Monopolstellung missbraucht und entsprechend Antitrust-Maßnahmen ergriffen werden können. Die Kartellbehörden könnten sich dann einschalten, wenn Apple beispielsweise im Tablet-Sektor tatsächlich eine marktbeherrschende Stellung dahingehend innehat und ausnutzt, dass Wettbewerb eingeschränkt oder verhindert wird. Die iPad-Konkurrenten als potentielle Verbündete werden es nur weniger gern öffentlich breitgetreten wissen, dass sie an der Vormachtstellung Apples praktisch nichts ausgerichtet haben sollen.

Weiter stellt sich die Frage, ob der App Store die einzige Möglichkeit ist, um bezahlten Content auf das Apple-Tablet zu bekommen. Einige Verlage haben seit Jahren mehr bzw. insbesondere weniger erfolgreich versucht, Paywalls im Netz zu etablieren. Inhalte können nichtsdestotrotz auch als simples Web-Angebot vermarktet werden – ein App Store ist dafür nicht notwendig.

Europäische Anbieter wollen sich am Donnerstag in London treffen, um das weitere Vorgehen angesichts der App Store-Aborichtlinien zu besprechen. Ironie des Schicksals: die von vielen europäischen Print-Unternehmen eingeforderten „Leistungsschutzrechte“ wurden begründet mit dem Vorwurf gegen Google, welches durch seine News-Dienste Geld auf Kosten der Verlage mache. Dem potentiellen Retter warf man die kommerzielle Verwertung selbst von reinen Überschriften auf werbefreien Suchergebnisseiten vor, Gesetzesforderungen mit teilweise drastischen Folgen für die Rede-, Zitier- und Publikationsfreiheit wurden eingefordert (und seltsamerweise in der deutschen Presse selten kritisiert). Nun stellt sich heraus, dass der „Hoffnungsträger“ Apple ganz kapitalistisch für seine Dienste Geld verlangt. Während Google zum Nulltarif Nutzer auf die Webseiten der Verlage schickte, lässt sich Apple die Präsenz der Anbieter im Erfolgsmodell App Store bezahlen.


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