iPhone-4S-Start in China: Im Osten nichts Neues

mz, den 14. Januar 2012

Zeitweise bizarre Situationen waren bisher bei Apple-Produktstarts in China zu beobachten gewesen. Grauhändler versuchten, ganze Einkaufswagen voll mit iPhones für den Export abzutransportieren, die Polizei musste wegen zu großen Andrangs die Stores schnell wieder schließen. Gestern beim Verkaufsbeginn des iPhone 4S erreichte die Serie einen neuen Höhepunkt: Wegen zu großer Menschenmengen blieb einer der Stores in Beijing schlicht gleich geschlossen.

Prinzipiell sah es vor dem Sanlitun Apple Store in der Hauptstadt der Volksrepublik aus wie in den meisten anderen Ländern, wenn ein neues iPhone oder iPad auf den Markt kommt: Eine riesige Menschenmenge versammelte sich vor dem Eingang und wartete, dass sich endlich die Türen öffneten, denn jeder wollte eines der Geräte ergattern. Zu riesig, befand das dortige Management und entschloss sich, den Store nicht zu öffnen, um die Sicherheit für die Kunden und die Mitarbeiter zu gewährleisten.

Der Grund für diese Entscheidung ist der gleiche, aus dem es bisher immer wieder Zwischenfälle bei den Produktstarts gegeben hatte: Erneut waren viele der wartenden Menschen keine normalen Kunden, sondern Schwarzmarkthändler, die im Vorhinein davon ausgingen, dass die Margen schnell ausverkauft sein würden. Sie kaufen große Mengen an iPhones und nutzen dann die Situation aus, in dem sie die Geräte zu überhöhten Preisen auf der Straße anbieten, während Apple und die Mobilfunkbetreiber selbst keine mehr auf Lager haben.

Dieses Mal waren die Schwarzhändler allerdings so nervös, dass zwischen ihnen am Sanlitun, dem größten Store in der Volksrepublik, ein Streit ausbrach, der schnell zu eskalieren drohte. Die Polizei musste eingeschaltet werden, die Öffnung abgesagt. Bereits in der Nacht waren die Sicherheitsabsperrungen durch den großen Ansturm auf den Store umgeworfen worden.

Während in den anderen vier chinesischen Apple Stores der Verkauf zunächst planmäßig starten konnte, entschied man sicher auch hier für einen Abbruch. Eine Apple-Sprecherin ergänzte:

„Unfortunately, we were unable to open our store at Sanlitun due to the large crowd. And to ensure the safety of our customers and our employees, iPhones will not be available in our retail stores in Beijing and Shanghai for the time being.“

Wie es zu derartigen Zuständen kommen kann, ist mir persönlich nicht ganz klar. Die meisten der Stores haben in der Tat ein Nummernsystem, das die Reihenfolge der Kunden festlegt, um sicherzustellen, dass jeder gleich fair behandelt wird. Scheinbar scheint die Beschränkung von zwei iPhones pro Kunden nicht allzu viel zur Beruhigung der Tumulte beigetragen zu haben. Diese Regelung, die zunächst viel an der Situation ändern sollte, war im vorletzten Jahr beim iPhone 4-Start zwischenzeitlich abgeschafft worden. Nach der Wiedereinführung behelfen sich die Schwarzmarkthändler nun anders: Es werden Mittelsleute angeheuert, die alle je zwei iPhones kaufen sollen. Wegen einer ähnlichen Situation im vergangenen Jahr ging eine Glasscheibe zu Bruch, woraufhin eine Registrierungspflicht im Vorhinein des Marktstarts eingeführt wurde. Die Ereignisse beim gestrigen iPhone-4S-Start lassen aber vermuten, dass diese nun nicht mehr bestand.

Wegen der Absage der Store-Öffnung begannen einige der enttäuschten Kunden, Eier auf die Außenfassade zu werfen.

Während der Abverkauf der vertragsfreien Geräte auf unbestimmte Zeit verschoben wurde, können „echte“ Kunden das Gerät noch immer online bestellen und beim Partner China Unicom mit Vertragsbindung erwerben. Der Apple Online Store (bei dem die Beschränkung auf zwei Geräte übrigens gilt) allerdings ist bereits ausverkauft und kann zurzeit keine weiteren Bestellungen mehr entgegen nehmen. Die Preise sind gewohnt hoch: Das 16GB-Modell kostet bei Apple 4988 Yuan RMB (etwa 623€) und ist damit fast genauso teuer wie in Deutschland. Bei China Unicom gibt es das Gerät mit Vertragsbindung allerdings deutlich günstiger als bei uns.


Ähnliche Nachrichten