Wie wird iOS 7 aussehen? Der Wandel vom Skeuomorphismus zum Flat-Design

jr, den 5. April 2013
iOS 7
iOS 7

Apples mobiles Betriebssystem iOS ist im Januar 6 Jahre alt geworden. Wir stellen euch die Geschichte von iOS vor und machen einen kurzen und schmerzlosen Ausflug in die Design-Theorie rund um Skeuomorphismus und Flat-Design.

iPhone OS 1.0 und 2.0

Als iOS am 9. Januar 2007 zusammen mit dem ersten iPhone als „iPhone OS 1.0“ vorgestellt wurde, revolutionierte es, bescheiden ausgedrückt, den gesamten Smartphone-Markt. Apple setzte auf eine intuitive Bedienung, was nicht nur technisch eine Herausforderung darstellte, sondern auch die Art und Weise wie ein Mensch mit einem Gerät kommuniziert hinterfragen musste. Apples Antwort war die App. Ausgestattet mit den funktionsbezogenen Applikationen Mail, iPod, Kalender, Fotos, Uhr, Text, Safari, YouTube, Notizen, Rechner, Karten, Aktien, Einstellungen, Kamera und Telefon gelangte es schnell in Millionen von Kundenhände. Ähnlich wie die Affen in Stanley Kubricks „2001: Odyssee im Weltraum“ den Monolithen berührten und fortan den Weg zum Menschen beschritten, war nun der Werkzeugkasten menschlicher Regungen um die Touch-Geste erweitert worden. Das Jahr 2007 war deshalb eine Sternstunde von gutem User-Interface-(UI)-Design und gleichzeitig Beginn der Evolution von iOS.

War in iPhone OS 1.0 noch kein App-Store enthalten, wurde dies im Juli 2008 mit iPhone OS 2.0 nachgeholt. Steve Jobs glaubte anfangs an web-basierte Apps von Drittherstellern, was sich jedoch nie richtig durchsetzen konnte. Zeitgleich mit diesem Betriebssystem wurde ein neuer, schnellerer Funkstandard UMTS/HSDPA integriert, der dem neuen iPhone 3G seinen Namen geben sollte. Mit diesem OS lieferte Apple den Grundstein für die heute 800.000 Apps im App-Store und eine ungeheure Erfolgsgeschichte, die bis heute anhält. Beispielsweise hatte Apple Ende 2012 rund 100.000 Apps mehr im App-Store als Google in seinem Play-Store, obwohl der Marktanteil von Android wesentlich größer ist. Aber diese Zahlen nur am Rande.

iOS goes iPad

Als Apple am 17. Juni 2009 iOS 3 zusammen mit dem iPhone 3GS (das „S“ steht für Speed) vorstellte, gab es viele kleine, aber wichtige Verbesserungen, wie Copy & Paste, Videoaufnahme, die Nachrichten-App, Spotlight, USB-Tethering und natürlich den geänderten Namen „iOS“. Denn seit April 2010 sollte Apples mobiles OS nicht mehr nur auf dem iPhone laufen, sondern von nun an auch auf dem iPad. iOS 3.2 war dieses wichtige Update, das iOS auf das iPad bringen sollte. Nebenbei konnte man nun auch den Homescreen um 90, 180 und 270 Grad drehen und ein anderes Hintergrundbild einstellen. Generell aber wird Apple in seiner Entwicklung ab jetzt mehr und mehr vom Konkurrenten Google mit seinem Android-Betriebssystem getrieben.

FaceTime, GameCenter, iBooks gesellten sich am 17. Juni 2010 zu den anderen Apps in iOS 4, das zusammen mit dem iPhone 4 vorgestellt wurde. Erstmals gab es ein Gerät mit Retina-Auflösung im Apple-Sortiment. iOS 4 führte auch das von vielen Kunden lang ersehnte Multitasking und die Ordner-Funktion für Apps ein. Optisch gab es außerdem kleinere Anpassungen an das Layout des iPads, wie beispielsweise ein verändertes Dock.

iOS 5 und 6

Leichte Ernüchterung trat erstmals im Oktober 2011 im iPhone-Himmel auf, als Apple das iPhone 4S (das „S“ steht für Siri) mit iOS 5 vorstellte. Zudem war kurz zuvor Apple-Gründer Steve Jobs nach einem langjährigen Krebsleiden verstorben und Tim Cook übernahm dessen Posten dauerhaft. Zwar gab es in iOS mit dem Sprachassistenten Siri, dem Notification-Center, der drahtlosen Synchronisation (die iOS nicht mehr Rechner-abhängig machte), neuen Multitouch-Gesten, der iCloud-Integration und rund 200 anderen neuen Features genügend Gründe zur Begeisterung, doch wusste dies das neue alte Äußere des iPhones weniger zu bewerkstelligen. Hier wurde deutlich, dass Apple „nur“ alle zwei Jahre das iPhone redesigned und ein Gehäusewechsel erst im darauf folgenden Jahr bevorstehen würde. Dabei machte Apple mit dem iPhone 4S alles richtig und evolvierte das iPhone 4 gründlich, ähnlich wie es schon vom 3G zum 3GS geschah. Merklich schneller, mit einer besseren Kamera versehen und erstmals ab Verkaufsstart in Weiß erhältlich, wurde es ein großer Erfolg.

Am 19. September letzten Jahres folgte das aktuelle Betriebssystem iOS 6, das mittlerweile in Version 6.1.3 vorliegt. Auf dem 4 Zoll großem Display im 16:9-Format des neuen iPhone 5 kann nun eine App-Zeile mehr dargestellt werden. Apple reagierte hierbei auf den Trend zu immer größeren Display-Diagonalen, blieb jedoch bei seiner Retina-Pixeldichte von 326 dpi. Außerdem bricht iOS 6 mit alten Bräuchen: Durch den Streit mit Google verbannte man deren Google-Maps-App aus iOS und integrierte stattdessen die eigene Karten-App, die leichte Anlaufschwierigkeiten haben sollte. Auch die seit 2007 von Apple entwickelte YouTube-App wurde entfernt und mittlerweile von Google durch eine eigene YouTube-App ersetzt. Auch optisch setzt iOS 6 die nunmehr sechsjährige Designsprache fort.

iOS 7 und das große Rätselraten

Aber wie geht es weiter? Das Smartphone kann nicht neu erfunden werden und Apple spürt immer mehr den Druck der Konkurrenz, die durch häufigere Produktveröffentlichungen und innovative Geräte auf sich aufmerksam machen. Auch hat sich das Grunddesign von iOS seit 6 Jahren nicht verändert und wirkt daher nicht mehr so modern, wie man es sich vielleicht wünscht. Jonathan Ive, der Chef-Designer von Apple und Verfechter eines sauberen Industrie-Designs, bekennt sich zum sogenannten Flat-Design, das auf Einfachheit und Reduktion setzt. Momentan ist dieser Trend sowohl im Webdesign als auch in schnöden Fernseh-Werbungen zu beobachten. Alles wird einfacher. Jonathan Ive bestimmt seit Scott Forstalls Weggang von Apple das Erscheinungsbild von iOS und so auch von iOS 7. Laut Gerüchten von The Verge soll Ive außerdem mit Flat-Designs herumexperimentieren und dies könne sogar die Veröffentlichung von iOS 7 verzögern. Zuvor sind bereits zahlreiche Videos im Netz aufgetaucht, die sich neuen Designs für iOS widmen. Eine vielversprechende Idee für einen Wandel am Lockscreen zeigt das Video von Kerroudj Mohamed, einem UI-Designer aus Brüssel.

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Was ist Flat-Design?

Steve Jobs lebte jahrelang seinen Drang zur Verwendung von Skeuomorphismen in OS X und iOS aus. Hierbei geht man davon aus, dass der Nutzer gewohnte Dinge sehen mag, auch um besser assoziieren zu können, was für eine Funktion welches Programm hat. In seinen digitalen Auswüchsen bescherte uns diese Designsprache beispielsweise den grünen Spieltischstoff samt Holzbande im Game Center, den Notizblock in der Notizen-App, das Mikrofon in der Sprachmemos-App, das Platz verschenkendes Adressbuch in der Kontakte-App, den Ledereinband in der Kalender-App und so weiter und so fort. Man ahmt also nach, was nicht wirklich da ist. Und so sehr man die Ambitionen der Designer auch anerkennen will, so sehr missfällt der unzeitgemäße Anblick des eigenen Smartphones.

Flat-Design ist anders. Nichts wirkt überladen, keine Räumlichkeit wird vorgespielt. Es ist der Weg in eine einfache und funktionale Design-Richtung. Grafische Beispiele dafür sind Windows Phone 8, Windows 8, Outlook.com – kurzum: alles von Microsoft – aber auch die neue HTC-UI auf dem HTC One und zum Teil auch die Oberfläche von Facebook. Alles ist flach. Es ist das Design, in dem digitale Buttons weder abgeflachte Kanten noch Schatten haben, weil sie so etwas schlichtweg nicht brauchen, um verstanden zu werden. Windows Phone 8 geht noch einen Schritt weiter und macht mit seinen sogenannten Live-Tiles vor, dass selbst einfachste Kacheln auf der Bedienoberfläche eines Smartphones dynamisch Informationen anzeigen können.

Ein Lifting für iOS … bitte

Das sichtbar angestaubte Design von iOS bedarf einer Frischzellenkur, womöglich inspiriert durch User-Interfaces à la HTC One, Windows Phone 8 und Co. Gerade Microsoft hat mit seiner Modern UI, ehemals Metro UI, eine eigene Schrift- und Designsprache gefunden. Mit Jonathan Ive wird dies sicher auch iOS 7 gelingen. Bereits das letzte Update der Podcasts-App zeigt wohin der Weg geht: Skeuomorphismen werden ausgemustert und alles ist etwas mehr reduziert. Wenn iOS 7 irgendwann in diesem Jahr veröffentlicht wird, dürfen wir nicht nur darauf gespannt sein, welche neuen Funktionen darin enthalten sind, sondern noch viel mehr darauf, wie Apple die Interaktion zwischen uns und unseren iDevices zeitgemäß weiterentwickelt haben wird.

Falls ihr euch für Flat-Design interessiert und ihr schon jetzt nützliche, kostenlose Apps mit diesem Aussehen auf euren iOS-Geräten haben wollt, dann sei euch eine kommende Artikelserie ans Herz gelegt. Darin stellen wir euch Apps aus den Bereichen Produktivität und Multimedia vor, die nicht nur schick aussehen, sondern auch einen gewissen Mehrwert versprechen.

Beispielsweise bietet die Kalender-App Event Book ein schönes Design und eine hervorragende Wochenübersicht. Auch die App Brewster Address Book macht einen guten Job. Mit ihr ist es möglich, effizient und formschön die eigenen Kontakte zu verwalten. Die guten Rezensionen im App-Store bestätigen, dass diese englischsprachigen Apps mehr als nur einen Blick wert sind. Aber mehr im nächsten Artikel.

Weitere Teile der Reihe Apps im Flat-Design


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