DAW fürs iPad und iPhone im Test: Music Studio 2

me, den 26. April 2013
Music Studio für iPad
Music Studio für iPad

Letzte Woche haben wir die Recording-Software Auria von WaveMachine Labs unter die Lupe genommen. Diese Woche testen wir Music Studio 2 von Entwickler Xewton.

Music Studio besteht aus mehreren Bereichen: Neben einem 127-Spur-Sequencer und einer Effektsektion bietet vor allem der Instrumenten-Bereich jede Menge Material, um kreativ zu werden. Dennoch fällt der Download mit 357 MB relativ klein aus, wenn man bedenkt, dass die App bereits 66 Software Instrumente mitbringt. Diese sind im Studio aufgenommen worden und liegen in einer Qualität von 16-Bit und 44,1 kHz vor. Unterteilt werden sie in die vier Kategorien Klassik, Band, Elektronik und Welt. Mit dabei sind Piano, Streicher, Blasinstrumente, Saiteninstrumente, Percussion und Synthesizer. Weitere Instrumente sind per In-App-Kauf erhältlich.

Instrumente und Sampler

Ausgewählt werden die verschiedenen Sounds über die Instrumenten-Bibliothek, die sich in einem Reiter in der Menüleiste verbirgt, wobei die erwähnten Kategorien der Übersichtlichkeit Rechnung tragen. Für jedes Instrument können Lautstärke, Offset, Attack und Release per Regler festgelegt und die Keyboard-Reihe zugeordnet werden. Die Qualität der mitgelieferten Sounds reicht, je nach Instrument, von mittelmäßig bis sehr gut. Ein Vergleich der Grand Pianos von Music Studio mit dem Yamaha Studio Piano aus Logic Pro zum Beispiel, lässt, rein subjektiv, etwas an Detailtreue missen, insbesondere was Unterschiede zwischen lautem und leisem Anschlag betrifft. Solche Details fallen nicht bei allen Instrumenten ins Gewicht, beim Piano fällt es im direkten Vergleich aber auf.

Man kann im Sampler Aufnahmen machen oder Audiodateien importieren und diese dann für eigene Instrumente zu verwenden. Die Geräusche können dann einzelnen Tasten auf dem Keyboard zugeteilt werden, wobei sowohl Lautstärke als auch Keyrange, also „Reichweite“ des Klangs auf der Tastatur, angegeben oder automatisch ausgewählt werden können. Wird der Klang dann auf höheren oder niedrigeren Tasten angespielt, ändert sich die Tonhöhe.

Klaviatur oder Pads

Das Keyboard, über welches die Instrumente angesteuert werden können, ist ebenso über die Menüleiste anwählbar. Im oberen Bereich findet sich die Transportsektion, Informationen zum gewählten Instrument und zur zeitlichen Orientierung im Track, Metronomeinstellungen, Zoomoptionen und Schalter zur Auswahl der zweireihigen Ansicht und von Tastenmarkierungen. Auch befindet sich dort ein Button, der zur Trigger-Pad-Ansicht führt und ein weiterer, um Buttons einzublenden, denen spezifische Tastenkombinationen zugeordnet werden können. Dies kann hilfreich sein, um Akkorde schnell zur Verfügung zu haben.

Anpassbares Layout

Die Klaviatur kann durch Markierungen, Vergrößerung und zweite Reihe den eigenen Bedürfnissen angepasst werden und ist somit selbst für etwas dickere Finger geeignet. Das Metronom kennt verschiedene Takte und neben der manuellen Eingabe kann das gewünschte Tempo eingeklopft werden. In der Trigger-Pad-Ansicht lassen sich beliebige Akkordkombinationen, inklusive Umkehrungen, den einzelnen Pads zuordnen. Insgesamt können 36 Pads generiert werden, welche genauso einfach verschoben und wieder gelöscht werden können. Handelt es sich bei dem Instrument z. B. um ein Schlagzeug, dann können den Schaltflächen bestimmte Sounds zugewiesen werden, deren Bezeichnung dann dort erscheint.

Die Modulations- und Pitch-Bend-Regler befinden sich links im Blickfeld. Der Pitch-Bend-Regler umfasst in beide Richtungen mehr als eine Oktave und funktioniert leider etwas hakelig. Beginnt man zu schieben, dauert es einen Moment, bis dieser sich bewegt und meist ist man dann schon weit über die gewünschte Tonhöhe hinaus. Eine Möglichkeit, die Bandbreite der Tonveränderung einzustellen, wäre wirklich toll.

Der Sequenzer

Music Studio bietet die Möglichkeit, musikalische Ideen gleich im eigenen Sequenzer umzusetzen. Unterstützt werden bis zu 127 Spuren, wobei bis zu 24, das richtige Equipment vorausgesetzt, gleichzeitig aufgenommen werden können. Die momentane Aufnahmequalität unterstützt nur 16 Bit bei 44,1 kHz. Oberhalb der Spuren finden sich Zeitleiste, Transportfeld, Infos bzgl. Geschwindigkeit und Takt, Metronomeinstellungen, Zoom-Buttons und die Auswahl zwischen Track- und Takt-Bearbeitung. Am unteren Rand des Bildschirms befinden sich Bearbeitungswerkzeuge für die aktuelle Spur inklusive Mute, Solo, Effekte, Bearbeitung, Duplizieren, sowie Pan- und Lautstärkeregler.

Midibearbeitung, die sich sehen lassen kann

Wechselt man in die Taktbearbeitung, können ganze Midi-Tracks oder einzelne Passagen verschoben, dupliziert oder geloopt werden. Die Lautstärke oder Tonhöhe ganzer Takte lässt sich ebenfalls mit ein paar „Klicks“ verändern. Die Quantisierung ist bis hin zu 1/32-Noten wählbar und unterstützt Swing-Rhythmen. Per Button lassen sich Takte über alle Tracks hinweg an beliebiger Position einfügen oder löschen. Eine weitere Schaltfläche öffnet die Pianorolle, wo einzelne Noten eingefügt, gelöscht oder verschoben und deren Länge und Lautstärke angepasst werden können. Die Bedienung der Notations- und Bearbeitungswerkzeuge im Midi-Bereich geht nach etwas Übung erstaunlich gut von der Hand. Zieht man einen Finger über den Bildschirm lassen sich per Rechteck mehrere Noten gleichzeitig auswählen und bearbeiten. Dank der großen, selbsterklärenden Buttons ist die Bedienung auf dem iPad alles andere als Fummelei, selbst auf dem iPhone sind die notwendigen Schritte durchaus gut machbar.

Midi-Kompatibilität

Music Studio 2 ist kompatibel zu Core-Midi und Virtual-Midi, und erlaubt die Bedienung über entsprechende Keyboards und Hardware per Camera Connection Kit (CCK). In den Einstellungen lassen sich Latenz, Midi-Thru und die Kanäle und Ports für Midi-In und -Out festlegen. So konnte ich mein Schlagzeug in Music Studio mittels Drum-Track aus DM1 von Fingerlabs ansteuern. Mit der App ist es sogar möglich, per WLAN Verbindung zum Mac und dessen Audio-Midi-Setup, die Sampler z. B. in Logic Pro anzusteuern. Eine wirklich feine Sache, wenn gerade kein Keyboard zur Hand ist!

Audiobearbeitung momentan noch rudimentär

Gleich vorneweg ist zu sagen, dass der Entwickler im eigenen Forum bereits auf diverse Kritikpunkte und Anwenderwünsche eingegangen ist, und viele der angesprochenen Dinge im nächsten Update verbessert und ergänzt werden sollen.

Für die Bearbeitung von Audiotracks gibt es einen speziellen Editor, der sich über die Menüleiste oder den Bearbeitungs-Button des Tracks öffnen lässt. Die Audiodatei kann gezoomt werden, damit ein genaueres Arbeiten möglich ist. Über eine Gesamtdarstellung im unteren Bereich ist jeder Abschnitt schnell erreichbar. Es können Bereiche markiert werden, die entweder entfernt werden oder nach dem Schneiden übrig bleiben. Des Weiteren sind Werkzeuge zum Normalisieren, Umkehren und Faden vorhanden.

Wichtige Tools wie Splitting, Crossfade, oder Stille fehlen leider gänzlich oder sind nur zum Teil umgesetzt. So kann z. B. Stille eingefügt werden, aber keine Auswahl in Stille umgewandelt werden. Auch bringt die Form der Bearbeitung weitere Probleme mit sich, da die zugrunde liegende Audiodatei selbst verändert wird. Zwar sind die Veränderungen im Wave-Editor anscheinend nicht Bestandteil der globalen Undo-Funktion und können somit jederzeit zurückgenommen werden, ein nicht-destruktiver Umgang mit dem Audiomaterial wäre dennoch wünschenswert. Wird eine Audiodatei beschnitten, z. B. um Grundrauschen in stillen Passagen am Anfang zu entfernen, so bleibt die Datei im Sequenzer nicht an Ort und Stelle, sondern verrutscht an den Anfang des Tracks. Dies ist extrem nervig, da das Material dann wieder neu im Track ausgerichtet werden muss. Leider hatte ich beim Scrubbing im Editor ebenso das Gefühl, dass das Gehörte nicht immer ganz mit der Waveform korrelierte.

Abgesehen von diesen Punkten ist die Bearbeitung an sich wirklich gut umgesetzt und geht ähnlich einfach von der Hand wie im Midi-Editor. Wie bereits erwähnt, sind sich die Entwickler dieser Schwachstellen bewusst und planen Verbesserungen wie Kopieren und Einfügen im Wave-Editor, Trimmen von Audio-Regionen im Sequenzer und vieles mehr. Die im Forum zu findende To-Do-Liste ist lang und man kann hoffen, dass vieles davon bald umgesetzt wird, da Music Studio ein wirklich vielversprechendes Produkt ist.

Effekte und Routing

Die zur Auswahl stehenden Effekte umfassen Limiter, Reverb, Delay, 3-Band-Equalizer, Amplifier, Filter und Pitch-Configuration. Leider verfügt nicht jeder Track über seinen eigenen Channel-Strip, der Inserts für Effekte hat, sondern jeder Effekt existiert für das gesamte Projekt nur einmal, mit einer einzigen Einstellung. Die Tracks können dann entweder als „FX-Tracks“ gekennzeichnet werden, normal belassen werden oder für Effekte gesperrt werden. Wird zum Beispiel das Echo eingeschaltet, so findet es primär auf alle Tracks Anwendung, außer man gibt für einzelne Spuren an, dass sie keine Effekte wiedergeben sollen. Stellt man hingegen das Echo so ein, dass es nur auf FX-Tracks Anwendung findet, dann geben nur Spuren mit dieser Kennzeichnung das Echo wieder. Genauso funktioniert es mit jedem Effekt, was natürlich die Routing-Möglichkeiten extrem beschränkt. Es ist beispielsweise schlicht unmöglich einer Gitarre einen anderen Hall zu verpassen als dem Sänger. Hinsichtlich dem Mixing kann dieser Umstand, je nach Musikstil und Projekt, leider ziemlich schnell zum K.O.-Kriterium werden. Die Entwickler planen ebenfalls eine bessere Routing-Lösung mit eigener Mixer-Ansicht. Eine Reihe zusätzlicher Effekte sollen ebenso in die DAW Einzug halten.

Fazit

Music Studio ist mittlerweile seit mehreren Jahren für das iPhone und iPad erhältlich und über 500 positive Nutzerwertungen im App Store sprechen eine eindeutige Sprache. Wenn man bedenkt, dass die Unterstützung für Audio-Recording erst mit Version 2.0 implementiert wurde und das Programm seine volle Stärke in Sachen Midi ausspielt, bekommt man mehr Verständnis für die oben erwähnten, noch fehlenden Audiowerkzeuge. Die App zeigt eine kontinuierliche Verbesserung und unterstützt seit kurzer Zeit Audiobus, sowohl als Input als auch Output. AudioCopy und Exportfunktionen über E-Mail, Dropbox, SoundCloud bieten eine flexible Handhabung des Materials. Hat man sich erst einmal an die, manchmal etwas unkonventionelle, Bedienung gewohnt (z. B. scrollt man sowohl die Klaviatur, als auch Wave-Editor und Sequenzer, indem man mit dem Finger über die Menüleiste fährt), macht die App, im Hinblick auf die vom Entwickler geplanten Updates, Lust auf mehr.

Wer viel mit Midi zu tun hat, dem ist die App aufgrund der vielfältigen Möglichkeiten wärmstens ans Herz zu legen. Reine Audio-Recorder sollten vielleicht das nächste Update abwarten. Für den Preis von 13,99 Euro bietet die App allerdings ein fast unschlagbares Preis-Leistungs-Verhältnis.


Ähnliche Nachrichten

Passende Angebote

Testergebnis

URS: 7 von 10
7