Autor:  Matze Fenn 22.07.2013, letztes Update: 13.04.2022
Wertung: 7.0

The Raven – Vermächtnis eines Meisterdiebs

The Raven: Vermächtnis eines Meisterdiebs - Screenshot
The Raven: Vermächtnis eines Meisterdiebs - Screenshot

Ah, ein neues Point & Click-Adventure aus deutschen Landen – oder darf man hier noch „Point & Click“ sagen? Schließlich wird es nicht nur für PC, Mac und Linux, sondern auch für PS3 und Xbox 360 erscheinen. Das Entwicklerstudio KING Art ist außerdem für das preisgekrönte The Book of Unwritten Tales bekannt. Doch nun zum eigentlichen Spiel.

Wie alles begann

Es fängt mit einem kleinen Introfilm an. Ein riesiges Museum bei Nacht, ein Museumswärter liest im Licht der Schreibtischlampe in der Zeitung von einem neuen Juwelendiebstahl. Der „Erbe des Raben“ soll der Täter gewesen sein, Nachfolger des für tot geglaubten Meisterdiebs, genannt „der Rabe“. Oder ist er doch nicht tot? „Hey, Harold, hast du das schon gelesen?“, ruft der Wärter in den dunklen Saal hinein. „Harold?“ Doch von seinem Kollegen kommt keine Antwort.

Er schaltet seine Taschenlampe ein und macht sich auf die Suche nach ihm, sichtbar ängstlich. Ein Schatten huscht vorbei. „Harold? Hör auf mit den Spielchen!“ Plötzlich hält ihm jemand von hinten den Mund zu – doch es ist nur ein Polizist. Dieser erklärt, dass er Informationen hätte, wonach der Rabe in dieser Nacht einen Diebstahl in diesem Museum verüben wolle. Das Auge der Sphinx, ein riesiges Juwel, soll sein Ziel sein. Die beiden drehen sich in Richtung des ausgestellten Juwels – doch es ist schon verschwunden. Der Dieb mit der Rabenmaske kann noch kurz beim Wegrennen beobachtet werden, dann ist auch er verschwunden.

Gestatten, Wachtmeister Zellner

Danach finden wir uns in einem fahrenden Zugwagon in den Alpen wieder, es ist helllichter Tag und die Sonne scheint. Wir befinden uns in den 60er Jahren, dementsprechend sieht auch die Inneneinrichtung des Wagons aus. Nach ein paar Dialogen übernehmen wir die Steuerung der Spielfigur – und diese Spielfigur ist, gelinde gesagt, ungewöhnlich. Dürfen wir vorstellen: Anton Jakob Zellner, seines Zeichens Wachtmeister aus der Schweiz. Geschätzt Mitte 40, mit Halbglatze, gezwirbeltem Schnauzer und wohlgenährt. So einen Hauptprotagonisten haben wir wohl in noch keinem Spiel gesehen, Adventures inbegriffen.

Detektivarbeit

Im weiteren Spielverlauf erforschen wir den Zug, suchen Adventure-typisch jeden Raum ab, nehmen Gegenstände im Inventar mit, kombinieren diese mit anderen Gegenständen oder der Umgebung und klicken uns durch sämtliche Gesprächsoptionen der Passagiere. Wer Probleme hat, alle Hotspots im Bild zu finden, kann diese per Klick auf die Lupe rechts oben für kurze Zeit anzeigen lassen. Dies kostet eine geringe Anzahl von Adventure Points, von denen man aber reichlich hat.

Die Geschichte nimmt schließlich eine Wendung, und wir verbringen die zweite Hälfte dieser Episode auf einem Kreuzfahrtschiff.

Episode? Richtig, denn etwas untypisch für das Genre teilt sich das Spiel in drei Episoden bzw. Kapitel auf. Beim Kauf des Titels erwirbt man sozusagen einen Pass für alle drei Kapitel, doch diese erscheinen mit einem Zeitabstand von ca. einem Monat. Somit konnten wir bisher auch nur das erste Kapitel testen.

Der Ton macht die Musik

Technisch ist The Raven solide, Hintergründe und Charaktere sind in 3D vorhanden. Die Gesichtsanimationen aus nächster Nähe lassen jedoch zu Wünschen übrig. Weiterhin wird das Adventure an Schlüsselpositionen mit Zwischensequenzen aufgelockert, die sich sehen lassen können, jedoch manchmal leicht ruckeln. Die Steuerung reagiert etwas träge und ab und zu bleibt die Figur an Gegenständen hängen.

Bei der Synchronisation hat man sich Mühe gegeben, hier finden sich u. a. die deutschen Stimmen von Al Pacino, George Clooney und Sandra Bullock. Die Dialoge laufen übrigens immer in äußerst höflichem Ton ab, so würde man sich sicherlich auch unter Hochadligen unterhalten. Ob man in den 60ern wirklich so gesprochen hat, können wir natürlich nicht wissen. Heutzutage ist das aber gewöhnungsbedürftig.

Fazit

Beim Spielen mussten wir uns immer wieder fragen, für welche Zielgruppe dieses Krimi-Adventure eigentlich gedacht ist, denn es strotzt nur so vor alten Detektiv-Klischees und wirkt teilweise altbacken und vorhersehbar. Beispiel gefällig?

Wir befinden uns also im obligatorischen Dampfzug von Zürich nach Venedig, der obligatorische Meisterdieb soll mit einem obligatorischen, vermeintlichen Edelstein angelockt und geschnappt werden. Und alle sind sie da: der schrullige, stets gut gelaunte Schweizer Wachtmeister, der arrogante österreichische Geiger, der nervöse Archäologe, die stinkreiche britische Baronin samt Butler „James“, der pragmatische deutsche Arzt, die englische Kriminalbuchautorin im Ruhestand, der freche Bub samt Mutter und der jeden verdächtigende französische Inspektor mit dem tollpatschigen Gehilfen. Später auf dem obligatorischen Kreuzfahrtschiff geschieht der obligatorische Mord und keiner weiß, wer es war. Der Wachtmeister muss natürlich aufklären.

Womöglich ist das alles auch volle Absicht, man muss nur eben genau solche altmodischen Detektivgeschichten mögen.

Für Adventure-Neulinge ist The Raven – Vermächtnis eines Meisterdiebs durchaus zu empfehlen, da einem das Spiel viel unter die Arme greift und der Schwierigkeitsgrad der Rätsel moderat ist. Mit ca. sechs Stunden fällt auch die Dauer dieses ersten Kapitels ordentlich aus, schließlich kommen ja noch zwei weitere Kapitel. Im dritten soll man sogar in die Rolle des Raben schlüpfen können, das könnte also noch interessant werden.

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