Illegale Drogen Teil des Berufslebens in Silicon Valley?

Alexander Trust, den 27. Juli 2014
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News, Bild: CC0

Apple, Google, Twitter, Yahoo und andere Firmen aus dem Silicon Valley – jüngsten Medienberichten folgend haben sie ein Drogenproblem. Mitarbeiter sollen zunehmend abhängig sein von Schmerz- und Aufputschmitteln, aber auch Kokain oder Heroin.

Auslöser für die Betrachtungen der San Jose Mercury News ist im Nachlauf der Tod des Google-Managers Forrest Timothy Hayes (51). Er starb im November 2013 an einer Überdosis Heroin. Vor einigen Wochen stand in diesem Zusammenhang die Prostituierte Alix Catherine Tichlman (26) vor Gericht. Eine Überwachungskamera soll aufgenommen haben, wie sie Hayes auf seiner Yacht in Santa Cruz die Heroin-Spritze setzte und dann flüchtete, als Hayes im Sterben lag. Sieben Minuten dauert die Aufzeichnung der Überwachungskamera.
Der Google-Manager hinterlässt 5 Kinder und eine Ehefrau. Verabredet haben sollen sich beide seit Monaten. Den Kontakt knüpfte Hayes über das Internet.

Drogen gehören zum Alltag im Silicon Valley

Für die US-Zeitung ist der Tod von Hayes kein Einzelfall. Im Gegenteil sollen Drogen, Schmerz- und Aufputschmittel zum Arbeitsalltag der Start-ups und Unternehmen im Silicon Valley gehören. Dazu zitiert die Zeitung unter anderem die Drogentherapeutin Cali Estes aus Miami.

„I’ve had them from Apple, from Twitter, from Facebook, from Google, from Yahoo, and it’s bad out there“.
Cali Estes

200 Mitarbeiter von Hightechfirmen und Start-ups soll Estes bereits behandelt haben. Viele davon entstammen leitenden Positionen. Laut Estes hatten die Patienten Probleme mit Kokain und Heroin, Schmerzmitteln wie Oxycodon und Stimulanzien wie Adderall. Letzteres ist ein verschreibungspflichtiges Medikament, das seit Mitte der 1990er in den USA zur Behandlung von Aufmerksamkeitsdefiziten verschrieben wird.

Problem im Silicon Valley totgeschwiegen

Die Drogentherapeutin Estes findet den Umgang mit der Thematik sehr problematisch. Denn die Suchtthematik würde regelrecht totgeschwiegen. Vom Vorstand bis zur Sekretärin würde der Mantel des Schweigens über die Problematik gehüllt. Denn wenn an die Öffentlichkeit käme, dass ein Mitarbeiter der Firma X ein Drogenproblem habe, sei das nicht gut für das Unternehmen.

Dabei würde das Umfeld die Problematik noch befeuern. Der gestiegene Reichtum, beinharte Konkurrenz um täglich neue Innovationen und ein lokal vorhandener Schwarzmarkt für illegale Drogen würden einen explosiven Cocktail abgeben.

Keine Drogentestst im Silicon Valley

Steve Albrecht ist Berater für Arbeitssuchende im Hightech-Umfeld. Er erzählt, dass das Workaholic-Sein gerade so etwas wie eine Auszeichnung unter den Konkurrenten sei. Wer nicht auf dem Zahnfleisch geht, der kann auch an nichts Vielversprechendem arbeiten. Cola und Kaffee würde schon längst nicht mehr ausreichen, um tagelang an Projekten zu arbeiten.

Albrecht findet es problematisch, dass die Unternehmen nur an den Ergebnissen interessiert sind und deshalb keine Drogentests einführen. Denn ihnen sei es egal, „wie“ die Mitarbeiter zu den Ergebnissen kämen.

Schmerzmittel als Einstiegsdroge?

Dem Bericht zufolge dienten Schmerzmittel wie Hydrocodon als Einstiegsdroge. In der Bay Area, in der viele Mitarbeiter aus dem Silicon Valley wohnen, gäbe es alleine 1,4 Millionen Verschreibungen für Hydrocodon, wie eine Sprecherin des San Francisco Gesundheitsamtes informiert.

Dr. Norman Wall kommt ebenfalls zu Wort. Er sei Entgiftungsspezialist und soll auch schon mit Mitarbeitern von Apple gearbeitet haben. Er behauptet, dass der Verlauf einer solchen „Karriere“ absehbar sei. Zunächst würden die Leute Aufputschmittel wie Adderall einnehmen, um mit ihren 12-Stunden-Arbeitstagen auszukommen und irgendwann würden sie anfangen Oxycodon zu nehmen, um zu Hause wieder entspannen zu können. Da der Körper sich aber an die Opiate gewöhnt, greifen viele irgendwann zu anderen Mitteln.

Verfügbarkeit der Drogen gestiegen

Noch dazu sind manche Drogen deutlich günstiger zu haben als Schmerzmittel. Es wird das Beispiel von einem halbem Gramm Heroin genannt, das man für $20 auf dem Schwarzmarkt erwerben könne, wohingegen manche Schmerzmittel für $60 und mehr pro Dose verkauft werden. Heroin sei außerdem in der Bay Area sehr viel verbreiteter als noch vor Jahren. Michael Johnson, von der Entwöhnungsklinik „The Camp Recovery Center“ aus der Umgebung gibt an, dass man vor 15 Jahren noch mit mysteriösen Gestalten an einen finsteren Ort verschwinden musste, um sich einen Schuss Heroin setzen zu können. Dies geschieht heute quasi vor der Haustür.

Anlaufstellen verpuffen

Manche Silicon-Valley-Unternehmen würden innerhalb des Unternehmens spezielle Anlaufstellen für Mitarbeiter mit „Problemen“ im weitesten Sinn einrichten, darunter fallen auch Drogenabhängige. Doch gerade diese Gruppe würde sich diesem Angebot oft verweigern, weil die Mitarbeiter Angst hätten um ihren Job, und nicht wollen, dass andere von ihrer Sucht erfahren. Zu den Unternehmen gehören auch Google und Cisco. Denn die Redaktion der San Jose Mercury News hat mehr als ein Dutzend Firmen aus dem Silicon Valley angeschrieben, aber die beiden genannten waren die einzigen, die antworteten.

Drogen auch bei Start-ups in Deutschland ein Thema

Unsere Kontakte in die deutsche Start-up-Szene berichten ebenfalls von Drogen und Aufputschmitteln im Arbeitsalltag und Umfeld der Start-ups. Es soll sogar Mitarbeiter geben, die andere mit diesem und jenem versorgen. Teilweise wurden bei unseren Recherchen aber auch Dinge an uns herangetragen, die man eher in Zweifel ziehen muss. Doch grundsätzlich sind Drogen kein Problem des Silicon Valley allein.

Insgesamt sieben Jahre arbeitete ich während des Zivildienstes und neben meinem Studium in einer Psychosomatischen Klinik für Drogen- und Suchtkranke. Es gibt selbstredend Hochrisiko-Gruppen. Stereotype sind z. B. Fernkraftfahrer, die unter Stress stehen. Doch ich habe in meiner Zeit auch Mütter erlebt, die mit ihrer Familie überfordert waren, Lehrer, die nach der Pensionierung in ein Loch fielen oder Beamte, die bei Bus und Bahn oder im Arbeitsamt der Drucksituation nicht mehr standgehalten haben. Einmal musste ich sogar einen Berufsschüler erleben, der damals noch jünger war als ich selbst.

Das Umfeld Start-up, zumindest in leistungsorientierten Feldern, kann sicherlich als mögliche Keimzelle von Hochrisikogruppen angesehen werden.


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