Marketing-Psychologie bei Apple: Evolution, Familie, Sieger

Alexander Trust, den 31. Januar 2015
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News, Bild: CC0

Nicht nur Apple, aber in besonderem Maß das Unternehmen aus Cupertino, nutzt bei seinen Special Events häufig eine Darstellung für seine Produkte wie den iPod, das iPhone, den iPad und Macs, die subtil an das Evolutionsschema, Familienfotos und Siegertreppchen erinnern. Daraus ergeben sich ein paar Schlussfolgerungen, die die Wertschätzung der eigenen Produkte betreffen.

Dass Apples Art des Vortrags besonders ist, hat man spätestens im Jahr 2012 erlebt, als Microsofts Surface Tablet durch Steve Ballmer und Steven Sinofsky vorgestellt wurde. Deren Präsentation erinnerte im Sprachduktus mehr als stark an Steve Jobs kalkulierte Präsentation von Produkten auf Apples Special Events. 28 Monate nach der Präsentation des ersten iPad versuchte Microsoft die Art der Präsentation für sein Surface-Tablet zu kopieren, aber so auffällig, dass in der Folge viel mehr Leute die Keynotes von Unternehmen mit denen Apples vergleichen. Wir alle wissen, dass sowohl Ballmer als auch Sinofsky nun nicht mehr für Microsoft arbeiten.

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Apple bzw. Steve Jobs machte etwas richtig, das andere Firmen versuchen zu kopieren. Selbst Tim Cook ist nicht in der Lage, so subtil auf uns einzuwirken, wie es Jobs konnte. Doch noch immer ist Apple in der Lage, die Psychologie der Käufer über Bilder anzusprechen, weshalb heute viele Firmen ihre Produkt-Präsentationen im Stile Apples durchführen. Einmal für das Thema sensibilisiert, kann mann, wenn man heute solchen Präsentationen beiwohnt, ganz gleich ob von Samsung, Microsoft usw., subtil noch eine andere Aussage feststellen, die einem „manchmal“ mit auf den Weg gegeben werden soll: ein Gefühl von Minderwertigkeit, wenn man sich für das falsche Produkt entscheidet. Dass Hersteller damit versuchen Kaufentscheidungen zu lenken, wird oftmals vergessen.

Wenn Außenstehende sagen, dass der iPod immer seltener verkauft wird, sogar nur noch so selten, dass Apple ihn bei der letzten Bekanntgabe seiner Quartalsergebnisse, in denen man genauso viele iPhones verkaufte wie Konkurrent Samsung Smartphones, gar nicht mehr explizit ausgewiesen hat, ist das für das Unternehmen kein Problem, hat es doch in einem Quartal so viel Gewinn erwirtschaftet, wie kein anderes US-Unternehmen zuvor.

Evolutionsskala: iPod ist minderwertig

Schon 2007 hat man den Grundstein dafür gelegt, dass das iPhone den Nutzern als der bessere iPod verkauft wurde. Geschweige denn, dass man in den Folgejahren die Innovation beim iPod annähernd so vorangetrieben hätte, wie beim iPhone (oder iPad).

Vergleicht man die abgebildete Reihe von Geräten – iPod Shuffle ganz links, iPhone ganz rechts – mit einer sehr bekannten Abbildung aus der Evolutionsgeschichte, wird schnell deutlich, dass am rechten Ende nicht nur die zeitlich jüngste Entwicklungsstufe zu finden ist, sondern „die Spitze der Evolution“. Auf der linken Seite befinden sich Produkte, die „weniger“ können und minderwertig sind. Auf der rechten Seite sind die teuren Produkte zu finden, die besonders viel können, und deshalb ihren Preis rechtfertigen?!

Der Vergleich zeigt, dass subtil versucht wird zu suggerieren: Das iPhone ist dem iPod technisch überlegen. Warum sollte man einen iPod kaufen, wenn man ein iPhone haben kann? Man könnte sagen, Apple hat die Geräte einfach der Größe nach in eine Reihe gepackt. Das stimmt, aber das tut Apple nicht immer.

Zum Beispiel zäumt Apple manchmal das Pferd von hinten auf, bzw. ordnet die Geräte anders herum an, oder mischt sie durcheinander. Dann soll vor allem das Gemeinsame betont werden. Die folgende Abbildung ist beinahe identisch mit der Evolutionsskala, nur eben anders herum geordnet, sie transportiert aber nicht im mindesten dieselbe subtile Aussage. Gezeigt wird Apples iPod-Line-up aus dem Jahr 2008. Der iPod touch wurde sogar quer gelegt, um nicht größer zu erscheinen als der iPod classic.

Produkt-Familien

2013 präsentierte Phil Schiller neue MacBooks und während seines Vortrags wurden unter anderem gleich vier Modelle gezeigt. Je zwei MacBook Air und zwei MacBook Pro waren zu sehen. Hätte Apple zu diesem Zeitpunkt sagen wollen, das MacBook Pro sei das deutlich bessere Produkt, hätte man es der Größe nach anordnen können. Das größte MacBook Air misst 13 Zoll, wohingegen das kleinste MacBook Pro ebenso 13 Zoll Displaydiagonale misst. Es gibt also sogar eine Schnittmenge. Doch hätte man die beiden 13-Zoll-Modelle gleich groß abgebildet, hätte man womöglich suggeriert, dass sie gleichwertig seien. Diesen Eindruck will man tunlichst vermeiden. Also ist die nachfolgende Abbildung nicht maßstabsgetreu korrekt. Stattdessen soll sie aber die „relative“ Gleichwertigkeit der Geräte abbilden.

2012 diente eine weitere Abbildung, die iPad mini, iPad und iPhone als eine Art Produktfamilie zeigt, zur Werbung für die iWork-iOS-Apps. Den iPod touch, der genauso in der Lage ist, die Software auszuführen, hat Apple zu diesem Zeitpunkt schon gar nicht mehr gezeigt.

Dieses Gefühl der Zusammengehörigkeit nutzt Apple seit Ende 2014 erneut in seiner aktuellen Kampagne „Fang etwas Neues an“, in der gezeigt werden soll, dass man mit allen Produkten Apples kreativ sein kann. Apple veröffentlicht Bilder von Nutzern sogar in seinen Apple Stores. Doch auf der Startseite der Apple-Homepage wird im Rahmen dieser Kampagne ebenfalls eine Produktfamilie gezeigt, sogar eine noch größere. Denn zu sehen sind sowohl iMacs, als auch iPads und iPhones (wieder kein iPod touch).

Doch nicht nur ist kein iPod touch zu sehen, sondern nur iOS-Geräte mit Touch ID. Und natürlich könnte man auf den MacBooks solche Bilder auch entstehen lassen, trotzdem lässt Apple sie bewusst weg. Warum?

Siegertreppchen

Kommen wir noch zu einer weiteren Präsentationsform, die einem auffällt, wenn man Apples Produkt-Präsentation studiert: 2013 wurden mehrere Macs vermeintlich als Produktfamilie vorgestellt. Zu sehen sind ein MacBook Pro, ein iMac und ein MacBook Air.

Die meiste Leistung bietet sicher der iMac, und deswegen ist er auf diesem Bild, das einem Siegertreppchen bei Sportwettkämpfen nachempfunden ist, in der Mitte zu sehen. Doch aus genau diesem Grund ist das MacBook Pro auf der linken Seite zu sehen und das MacBook Air „nur“ auf der rechten Seite. Das MacBook Air in diesem Kontext auf der linken Seite zu zeigen, hätte die unterschwellige, psychologische Botschaft zerstört.

Wenn nun jemand sagt, dass meine Argumentation plausibel ist, dann kann ich dem zustimmen. Mehr als plausibel ist sie bis hierhin jedoch nicht, weil ich zu wenig wissenschaftliche Belege habe, die nahelegen, dass Apple (und andere Hersteller) genau diese und keine andere Aussage mit seinen Produktbildern verfolgt.


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