Netzpolitik offiziell des Landesverrats beschuldigt

Alexander Trust, den 31. Juli 2015
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Seit klar ist, dass sich die Spiegel-Affäre aus dem Jahr 1962 zu wiederholen droht, werden die Macher von Netzpolitik sogar von Mainstream-Medien entdeckt, die heute zeigen, wer sich hinter der Webseite verbirgt, deren Betreiber nun in der Klemme stecken. Tun sie doch, oder?

Wir schreiben das Jahr 2015. Der Generalbundesanwalt hat offiziell Ermittlungen aufgenommen, weil der Verdacht geäußert wurde, dass die Betreiber der Webseite Netzpolitik.org Landesverrat begangen haben könnten, indem sie zwei Dokumente veröffentlichten, die als geheim eingestuft wurden.

Kritik an Verfassungsschutz

Ermittelt wird gegen Andre Meister und Markus Beckedahl, was der Deutsche Journalisten-Verband als Justizposse bezeichnet. Der Generalbundesanwalt hat die Ermittlungen aufgenommen, weil der Verfassungsschutz die Veröffentlichung von Staatsgeheimnissen in zwei Fällen zur Anzeige gebracht hat. Beide Male handelte es sich um Veröffentlichungen von Dokumenten, die die Arbeitsweise des Verfassungsschutzes dokumentieren. Diese Dokumente sollen jedoch als geheim eingestuft gewesen sein. Gegen die unbekannten Tippgeber, die aus den Reihen des Verfassungsschutzes stammen müssten, wurde zuvor bereits ebenfalls Anzeige eingereicht. Doch der DJV sieht in der Anzeige eine Beschneidung der Pressefreiheit, noch dazu in einem Fall, in dem Aufklärung betrieben wurde, auf die die Öffentlichkeit ein Anrecht habe. Sollten die Ermittlungen zur Verurteilung führen, drohen beiden „Netzpolitikern“ sogar Haftstrafen.

Politikum?

Zeit Online formuliert ebenfalls, dass Netzpolitik mit seiner Arbeit die Demokratie schütze, da „die deutschen Geheimdienste vom Staat nicht ausreichend kontrolliert werden.“ Bei der SZ sieht man außerdem, dass die Institutionen sich gegenüber der Abhöraktionen der NSA in Deutschland unterwürfig zeigten und nun stattdessen gegenüber dem „Zwerg“ Netzpolitik den „starken Staat“ markiert.

In vielen Fällen, so beschreibt ein Beitrag der Heinrich-Böll-Stiftung, würden Journalisten als Zeugen gehört, jedoch nicht als Beschuldigte angeklagt. Sie weise deshalb zum Beispiel auf den Tweets des Berliner Richters Ulf Buermeyer hin, der die Ermittlungen in diesem Fall als politisch motiviert einstuft.

Überraschung wegen Ermittlungen

Dass nun tatsächlich gegen das Blog und seine Betreiber ermittelt wird, scheint diese zu überraschen. Gründer Markus Beckedahl zeigt sich nicht nur auf Netzpolitik überrascht, sondern unter anderem auch im Gespräch mit Tagesschau24. Im ZDF wird ebenfalls berichtet, jedoch keine Stellung bezogen.

Die Arbeit seiner Redaktion, so Beckedahl, zeige auf, dass die Bundesregierung sehr tief im „Sumpf von NSA & Co.“ stecke. Er sieht die Anklage als Versuch der Einschüchterung von jemandem, der für Grundrechte eintritt. Erstaunlich deshalb, weil sowohl der Gründer, als auch die Mitarbeiter und das Blog selbst in den vergangenen Jahren immer wieder für ihre Arbeit mehrfach ausgezeichnet wurden.

Warum ich in der Einleitung überhaupt die Frage aufgeworfen habe, ob Netzpolitik sich in Schwierigkeiten befindet, ist sowohl rhetorisch als auch zynisch gedacht. Natürlich wird über diese Ermittlungen und die Anzeige enormer Druck aufgebaut. Doch noch lange ist keine Entscheidung gefallen. Diese kann sich letztlich noch immer zum Guten entwickeln, weshalb man Beckedahl und Meister viel Kraft wünschen muss und in diesem Fall vor allem viel Glück wünschen. Wer Netzpolitik jetzt oder in Zukunft finanziell unterstüzen möchte, kann dies jederzeit tun. Informationen dazu, wie das geht, findet man auf Netzpolitik selbst.


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