Kinder sollen, dürfen, müssen…?! Neugeborener Tayger vorgeführt

Alexander Trust, den 16. März 2007
Kinder vertrauen ihren Eltern
Kinder vertrauen ihren Eltern, Bild: CC0

Tayger schutzlos ausgeliefert.:  Der Blogger Andreas Brandl stolperte über ein Blog, das einen Schutzbefohlenen der Öffentlichkeit preisgibt. Als stolzer Vater veröffentlicht Ali I. in schöner Regelmäßigkeit neue Einträge zum kleinen Tayger. Weil er ihn aber so lieb hat, registrierte er gleich auch die passende Domain dazu. Unter Tayger.de finden Sie lauter Informationen zu dem Neugeborenen, der am 5. Februar 2007 in Nürnberg mit 4,7 Kilo per Kaiserschnitt als Wassermann zur Welt kam.

Was Kinder sollen, dürfen, müssen…

Kinder, sagen Eltern und Erwachsene immer, sollen „dies“ nicht tun und „das“ natürlich auch nicht. Sie dürfen zum Beispiel nicht mit dem Feuer spielen. Doch dann gibt es da ganz viele Dinge, auf die Kinder gar keinen Einfluss haben, die sie aber einfach tun „müssen“. Sie müssen den Teller aufessen. Kinder werden getauft, beschnitten, und in die Gotteshäuser geschleift, und zu Tanten, Anverwandten und Bekannten. Besonders in einem Alter, in dem Kinder selbst noch nicht artikulieren können, sind das äußerst zwiespältige Situationen.

Oft heißt es: Wir meinen es ja nur gut mit dir. So erziehen sie die Kinder zu einer Profilneurose oder zur Misanthropie. Sie stauen derart viel Hass auf, den sie nicht kommunizieren konnten oder durften.

Die Webseite vom kleinen Tayger

Ein sehr eifriger und stolzer Papa aus Süddeutschland verantwortet eine Webseite für seinen Zögling. Darauf wird der kleine Winzling öffentlich zur Schau gestellt, und hat überhaupt gar keinen Einfluss darauf. Es gibt Unmengen an Fotos und Videos.

Wie lange wird das wohl so gehen? Und wann klärt man den jüngsten Spross der Familie darüber auf, dass seine Privatsphäre nicht respektiert wird? Vielleicht verliert sich irgendwann die elterlich-egoistische Lust der Selbstdarstellung.

Privatsphäre im Internet

Im Internet wird momentan viel über Privatsphäre und Datenschutz geschrieben. Ich finde es zumindest diskussionswürdig, wie viel Recht Eltern haben, die Privatsphäre ihrer unbeteiligten Neugeborenen zu missachten.

Nun werden alle einwenden, Babys sind aber süß, oder in dem Fall “goldich”, also macht es nichts. So kann man aber nicht argumentieren. Bei dem ganzen Exhibitionismus sollte der Erzeuger darüber nachdenken, ob er sich und seinem Kind einen Gefallen damit tut. Es gibt dort draußen genug subversive Kräfte. Leute, die einem Böses wollen. Angenommen Taygers Papa wäre wohlhabend, würde jemand da nicht auf die Idee kommen, ihn zu mopsen? Tayger gekidnapped, entführt?

Wie viel Öffentlichkeit vertragen Erwachsene?

Es gibt genügend Erwachsene, die nicht selten kapitulieren vor dem Druck von außen. “Noch” kriegt klein Tayger den Druck um ihn herum nicht mit. Da ist sicherlich ein “stolzer” Vater am Werk, aber ob er eine oscarreife Leistung vollbringt?

Isabell und Ali haben den kleinen Tayger gezeugt. Entschuldigung, dass ich mich in das Privatleben dieser Familie einmische. Sie hat hübsche Hände aber eine Narbe am Unterbauch, weil der “4,7 Kilo” schwere Tayger mittels “Kaiserschnitt” auf die Welt geholt wurde. In der “Knopfschen Kinderklinik/Hallerwiese” in “Nürnberg”.

Informationen liegen herum

Die Familie spart bei der Tinte. Sie haben einen “Deskjet”-Drucker und benutzen aber “Pelikan”-Ersatzpatronen. Die Mama hat ein “Tattoo” auf dem linken “Oberarm” und sie haben vermutlich eine Digitalkamera, in jedem Fall aber einen Multi-Cardreader. Glasränder auf dem gläsernen Schreibtisch blieben bislang unbemerkt. Dem Beobachter fallen aber auch ein Sony-Ericson-Handy und eine Logitech-Tastatur auf. Der kleine Tayger wohnt nicht in einer Münchner Nobelvilla.

Dann hat sich auch noch „Oli“ in den kleinen Fratz verguckt. Ob er das i-node-Schlüsselband nur als Gimmick mit sich rumträgt, und ob er wohl wirklich bei E-Plus mobil telefoniert?

Fotoshootings mit Tayger

Tayger durfte fürs Fotoshooting sogar Pappas Brille aufsetzen. Wie der Augenmuskel des Kleinen darauf reagiert, erfahren wir vermutlich nie. Ist doch alles nur Spaß. Die Urgroßeltern lernte Tayger bereits kennen, und wir sie aber auch. Ob die auch wissen, dass sie im Internetz zu sehen sind? Sie fühlen sich auf den Fotos aber nicht in ihrem intimen, familiären Moment beobachtet. Wohl besser, dass man sie nicht darüber aufgeklärt hat. Was man nicht weiß, macht einen nicht heiß.

Tayger-Papa scheint ein humoriger Zeitgenosse. Mit Paint retuschierte er ein Foto seines Sprösslings, damit der ausschaut wie Adolf Hitler. Sicher, der Papa hat’s nur gut gemeint?! Ob man das jetzt lustig findet oder nicht – die Frage ist ja, ob klein Tayger diesen Spaß mitmachen würde, wenn er ältere wäre. Jetzt muss er, ob er will, oder nicht.

Das Leben des Tayger

Falls ihr immer schon mal einen Tayger auf einer Katze reiten sehen wolltet, dann ist das jetzt möglich. Der kleine Spross ist übrigens über die Eltern bei der DAK familienversichert. Der Papa fotografierte sogar den ersten Brief an Tayger und entstellte hinterher eher schlecht als recht den Straßennamen.

Doch Tayger hat Glück, das Telefonbuch hat es gut mit ihm gemeint. Seine Heimatadresse wird nicht zum Wallfahrtsort werden. Jedenfalls noch nicht. Ich möchte der Familie den Gefallen tun, und die Leute nicht darauf hinweisen, wie sie trotzdem an die Adresse kommen. Nur ist eben die „gedachte“ Anonymität nicht immer so sehr zwingend objektiv. Papa und Onkels und Tanten, scheinen samt Taygers Eltern übrigens äußerst nette Zeitgenossen zu sein. Deshalb möchte ich ihren Frohsinn nicht weiter strapazieren. Vielleicht wird Tayger mal genauso froh darüber sein, dass wir einen Teil seines bescheidenen Lebens schon kennen.


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