Penumbra Collection im Test: Für Silent Hill-Fans

Alexander Trust, den 24. März 2009
Penumbra Overture
Penumbra Overture

Vor Kurzem wurde in Schweden auch der Nachfolger von Penumbra Overture, nämlich Black Plague, mit einer Auszeichnung der Spieleindustrie geehrt. Die Independent-Entwickler haben große Achtungserfolge erzielt und sind mittlerweile auf dem Massenmarkt angelangt. MacNotes testet die Spiele der Serie.

Die Entwickler haben derzeit ein Angebot für die Kunden geschnürt, es gibt die Teile 1 (Overture), 2 (Black Plague) und die Erweiterung zu jenem (Requiem) im Paket. Für Windows PCs wird das Bundle über Steam vertrieben, Macintosh- oder Linux-Nutzer können auf den hauseigenen Downloadstore von Frictional Games zurückgreifen. MacNotes hat von den Schweden alle drei Teile zu Rezensionszwecken zur Verfügung gestellt bekommen und ich durfte mir in den letzten Tagen ein Bild von einer stimmungsvollen Independent-Enwicklung machen.

Über 1 Gigabyte für Silent Hill-Fans

Der Download aller drei Titel kommt auf knapp 1 Gigabyte. Entpackt man die DMG-Container, wird man locker den doppelten Festplattenplatz benötigen. Wenn jemand die Reihe von Silent Hill auf Computern, Konsolen oder Handhelds kennt, wird er sich bei Penumbra spontan daran erinnert fühlen. Die Skandinavier, so viel kann ich verraten, schaffen es, eine dichte und spannende Story zu erzählen. Außerdem haben Frictional Games für die begrenzten Ressourcen im Entwicklerteam im Vergleich zu großen Studios Beachtliches geleistet.

Philips Erinnerung

Der erste Teil schickt den Protagonisten auf eine Reise, bei der er Vergangenheitsbewältigung betreiben könnte. Sein Vater, ein ehemaliger Industrieller wurde vor 20 Jahren für tot erklärt. Doch weil vor kurzem die Mutter gestorben ist, lässt es sich der werte Herr Papa nicht nehmen und schickt Philip einen Brief. Er bittet den Filius ein Bankschließfach zu leeren und die darin enthaltenen Unterlagen zu verbrennen. Der Sohn kommt der Bitte nur zum Teil nach. Er kümmert sich zwar um den Nachlass, tut aber den Teufel und verbrennt die Notizen seines Vaters nicht. Stattdessen geht er Hinweisen nach, und wir befinden uns ab diesem Zeitpunkt in einem fast schon klassischen Horror-Survival-Titel.

Overture ist zickig

Die Grafik des Action-Adventures ist natürlich nicht das Nonplusultra, aber erstaunlich gut für eine so kleine Produktion. Allerdings ist das Spielen auf einem Macbook, selbst mit neuen 3D-Beschleunigern nicht unbedingt in den höchsten Auflösungen ratsam zu spielen. Um eine flüssige Framerate zu erzielen, können wir viele Schalter umlegen. Das ist zwingend notwendig, denn sonst macht das Spiel ob der trägen Bewegungen keinen Spaß. Desktop-Macs mit ordentlich 3D-Power sind eindeutig im Vorteil. Standardmäßig sind einige 3D-Effekte ausgeschaltet. Auf die inneren Werte aber kommt es an. Die Stimmung, die Penumbra erzeugt, reicht nämlich locker an Genre-Größen wie Silent Hill heran.

Leider weiß Penumbra: Overture (ebenso Black Plague und Requiem) noch andere Fußstapfen auszufüllen: Die Steuerung in Action-Sequenzen lässt zu wünschen übrig, und nimmt sich damit ebenfalls bei der Genre-Prominenz ein Beispiel. Es gibt kein Kampf-System, nicht mal ein rudimentäres wie im aktuellen Ableger Homecoming der Silent Hill-Serie, keine Kombos. Vor allem zu Beginn des Spiels tritt deshalb Ernüchterung ein. Es wirkt frustrierend mit einem Hammer oder einer Spitzhacke nach dem Gegner zu schlagen. Ohne Feuerwaffe müssen wir nämlich in den Nahkampf und der ist manchmal ein reines Glücksspiel. Man kann sich mit der Maus nicht immer ganz so schnell um die eigene Achse drehen, wie einen der garstige Wachhund schon von verschiedenen Seiten angefallen hat. Das gilt für alle Schwierigkeitsgrade gleichermaßen. Dieser Herausforderung stellt man sich wohl gerne, wenn man wissen möchte, wie es ausgeht. Fans solcher Spiele kommen durchaus auf ihre Kosten, selbst wenn Penumbra Overture und seine Nachfolger eben keine großproduzierten Blockbuster sind.

Mit Physik zum Erfolg

Allen Teilen der Serie liegt die hauseigene Engine zugrunde. Diese erweitert das gewöhnliche Spektrum an Puzzles, das man aus anderen Action-Adventures kennt um eine interaktive Komponente. Man kann Gegenstände umstoßen, wegziehen, hochheben, fallen lassen, von A nach B tragen und so fort. Je nachdem, wo man ein Brett anfasst, fällt sein Schwerpunkt anders. Wie man am Ende des Einspielers oben gesehen hat, musste man eine Holzkiste in einen Säureteich werfen, um unbeschwert herüber zu gelangen. Anderswo musste ich mit dem virtuellen Alter Ego auch schon mal einen Stuhl verrücken, um an einen Gegenstand auf einem oberen Regal zu kommen, oder Bretter über eine Einsturzstelle legen, um nicht selbst einzubrechen; weitaus komplexere Aktionen sind mir nicht untergekommen.

Es ist vielmehr umgewöhnungsbedürftig, Schubladen an Schränken aufziehen zu müssen oder Türen aufzudrücken. Es wirkt phasenweise ein wenig wie Klamauk, wenn wir wie von unsichtbarer Hand Dinge durch den Raum schweben lassen (tragen). Denn die Spielfigur selbst tritt nicht in Erscheinung, nicht mal mit ihren Extremitäten. Hat man sich einmal daran gewöhnt, gibt es dem Spiel einen eigenen Reiz. Nur zum Vergleich: Einen solchen Grad an Interaktivität mit der Spielumgebung hatten Atari erst 2008 in ihrem neusten Aufguss von Alone in the Dark eingebaut.

Mehr Glück mit Black Plague und Requiem?

Der zweite Teil, Black Plague, macht nichts anders als der Vorgänger, außer vielleicht, dass er dem Spieler die Option einräumt, gänzlich ohne das Morden von Gegnern auszukommen, wenn man flink genug ist. Black Plague erzählt eben nur eine andere Geschichte: Ein Jahr ist vergangen, seitdem Philipp sich auf die Suche nach den Spuren seines Vaters Howard begeben hatte und dabei irgendwo Northern Greenland in einer Miene landete, den Ausbruch proben durfte. Wir erfahren in der Vorschau, dass er einen Freund gefunden hatte, aber letztlich in neuen Schwierigkeiten landete. Wie genau er dorthin gekommen ist, wo er im zweiten Teil aufwacht – es wird zunächst nur angedeutet

Viel zu lösen im Epilog

Requiem benötigt Black Plague auf der Festplatte des Spielers. Es ist ein Add-on, aber nicht unbedingt als solches gedacht. Es trägt die Atmosphäre von Overture und Black Plague fort, legt aber den Schwerpunkt vermehrt auf Rätsel und Puzzle. Alle Teile setzen so einen anderen emphatischen Schwerpunkt. Während Overture versucht, ein beklemmendes Gefühl der Spielfigur zu vermitteln, wollte Black Plague einen paranoiden Grundtenor außenden. Requiem hingegen sorgt für eine albtraumhafte Atmosphäre. Die Entwickler haben versucht, ihre eigene Engine an die Grenzen zu bringen und damit gleichzeitig einen Abschluss zu finden. Sowohl für die Penumbra-Geschichte als auch für ihre Engine. Denn an einem weiteren Titel wird gearbeitet, der allerdings eine neue Grafik- und Spieleengine verpasst bekommt.

Fazit

Natürlich hätte ich mir nicht nur Schreibmaschinentickern in manchen Zwischensequenzen gewünscht, sondern gerenderte Filme, die eine Geschichte ins rechte Licht rücken. Die Handlung aller drei Episoden baut aufeinander auf. Da ich hier eine Wertung für eben das Paket abgeben muss, habe ich mich für 4 von 5 Macs entschieden. Der erste Teil, Overture, wäre von mir etwa schwächer gewertet worden, weil die Steuerung in Action-Sequenzen einfach zu behäbig wirkt. Im Interagieren mit der Umgebung hat man mehr Ruhe und kommt immer zum Ziel. Es gibt im zweiten Teil versteckte Extras, die nicht leicht zu finden sind und die Puzzle- respektive Adventure-Anteile sind erstaunlich hoch, werden im Epilog Requiem sogar auf die Spitze getrieben. Für den Preis von 20 Euro für alle 3 Teile sind Freunde von Horror-Survival-Games fast schon zum Zugreifen genötigt. Die Spielzeit aller drei Teile übertrifft diejenige von Silent Hill-Spielen bei weitem, 30 und mehr Stunden sind bei durchschnittlichem Spieltempo drin. Insgesamt also ein ordentliches Preis-/Leistungsverhältnis.


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Testergebnis

URS: 7 von 10
7

Positives

  • Feinster Thriller in Silent-Hill-Manier

Negatives

  • Steuerung teils gewöhnungsbedürftig
  • Grafik nicht auf Topniveau

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