First Look – Gangstar West Coast Hustle für iPhone

Alexander Trust, den 25. Juli 2009
Gangstar: West Coast Hustle
Gangstar: West Coast Hustle

Anfang des Monats sorgte ein erster Trailer für Aufsehen, weil er ein neues iPhone-Spiel bewarb, das verdammt stark nach Grand Theft Auto oder Saints Row aussah. Schnell wurde klar, Gameloft steckt hinter dem Video und der Titel, der sich dahinter verbirgt heißt Gangstar. Spontan lud mich Jochen Brach, PR-Manager von Gameloft, nach Köln zu einem exklusiven First Look ein. Ich durfte eine Vorabversion spielen, die dem fertigen Spiel in vielen Belangen schon nahe kommt und auf jeden Fall zeigt, dass sich das Warten auf Gangstar lohnt und bisherige GTA-Klone sich warm anziehen dürfen.

So schnell, wird mir Jochen Brach später erzählen, wollte man eigentlich nicht, dass bekannt wird, wer hinter dem Trailer steckt. Da sei wohl etwas schief gelaufen, und man würde sich überlegen, ob man so eine Aktion in der Zukunft wieder genauso aufziehen wird. – Rätselten wir vor gut drei Wochen kurz darüber, ob es sich um GTA oder seinen Klon Saints Row handeln würde, ist nun klar, dass Gangstar ein bisschen von beidem sein wird, wobei das Setting und die Spielfiguren viel eher noch zu Saints Row passen. Gangstar gibt es von Gameloft bereits in 2 Teilen für Mobiltelefone. Doch West Coast Hustle, wie das Spiel im Untertitel heißt, wird ein ganz neues Spielerlebnis.

Auf dem Hinweg über die A4 von Aachen nach Köln muss ich auf der linken Fahrbahn unvermittelt einem Fahrrad ausweichen, das ein vorausfahrendes Auto vom Dachgepäckträger verliert. Auf dem Rückweg wird oberhalb des Autobahnkreuzes Köln-West die Strecke gesperrt sein, weil ein Mini Cooper in Flammen steht. Dafür ist die Situation beim Pressetermin entspannt und überaus freundlich. Während die Kollegin von Herrn Brach weiter Ihrer Arbeit nachgeht, werde ich von ihm in ein Konferenzzimmer geführt und mir wird ein Testgerät in die Hand gedrückt, auf dem Gangstar für iPhone installiert ist. – Das zweite Mal in meinem Leben, dass ich ein iPhone der ersten Generation in Händen halte.

Das Spielgeschehen selbst läuft flüssig, erstaunlich flüssig für eine Vorabversion, die vielleicht sogar erst im September fertig werden soll. Flammen und Rauch, merke ich in einem späteren Level, wird es in dem Titel auch geben. Das Schadensmodell für die Fahrzeuge ist allerdings noch nicht vollständig implementiert. Einige Modelle gehen bereits kaputt, andere nicht. Lizenzen, um Originalfahrzeuge auflaufen zu lassen, gibt es nicht. Dafür aber Fahrzeuge, die den Originalen relativ ähnlich sehen, und ein Hummer heißt dann eben Homm. Neben normalen Karossen und Rennboliden finden sich auch Taxis, Krankenwagen und Polizeiautos. Wir dürfen damit fahren und – gesetzt den Fall wir haben Munition – aus dem fahrenden Fahrzeug ballern. Die Übersicht dabei ist allerdings bescheiden. Ich könnte schwören, ich habe nur geradeaus schießen können, bzw. immer in die Richtung, in die ich lenkte. Leider bleibt es uns auch vergönnt, Leute herum zu kutschieren. Taxifahrten gegen Geld wird es nicht geben. Ob grundsätzlich Minispiele vorgesehen sind, konnte mir Jochen Brach noch nicht erläutern, wenn, dann würden diese aber vielleicht eher in Form von Easter Eggs eingebunden.

Ich kriege die erste Mission gezeigt, bzw. darf sie anspielen und auch die vierte und die siebte. Es ist aber bislang noch nicht klar, ob die siebte Mission die letzte sein wird. Gameloft, so informiert mich Brach, behält sich noch vor, an Autos, Waffen und Funktionen zu basteln, aber vielleicht noch weitere Missionen zu implementieren. Während der PR-Manager mir seine Visitenkarte auf den Tisch legt, springe ich gerade mit einem Sportwagen über eine Rampe. Ich komme unsanft auf den Serpentinen unter mir wieder auf. Der Weg führt mich an die Küste, an den Strand von L. A. – ich schaue was geht und fahre einfach ins Meer hinein. Irgendwann erkenne ich nur noch das Wagendach und stoße an die unsichtbare Grenze der freien Spielwelt. Irgendwie ein Novum für ein iPhone Game, wenngleich einige neuere Titel wie Die Sims für iPhone ebenfalls eine freie Spielwelt bieten, ohne jedoch den Umfang von Gangstar.

Doch auch hier hake ich nach. Eigentlich müsste ich doch sterben, wenn ich keine Luft mehr kriege. Und richtig: Irgendwann später, in einer anderen Mission bin ich gestorben, als ich mit dem Karren in einem Hafenbecken gelandet. Ähnlich wie das Schadensmodell, das noch nicht für alle Autos verfügbar war, scheinen noch nicht alle Situationen vollends ausprogrammiert zu sein. – Ich bin in Gangstar zu Fuß oder im Auto unterwegs und beides sieht nicht nur schick aus, sondern funktioniert auch relativ ordentlich. Fürs Fahren muss ich mich ein paar Minuten einarbeiten. Die Steuerungsmechanik ist neu. Ein virtuelles Lenkrad in der linken unteren Bildschirmecke, das mitgeht. Ob man das Auto auch via Bewegungssensor wird lenken können, frage ich – eher nicht, höre ich als Antwort. Im gleichen Atemzug verrät mir Brach aber, dass man für weitere Titel an neuen Steuerungsmechanismen arbeite. Weil viele Spieler sich beschwerten, dass ein virtuelles Steuerkreuz zu viel vom Bildschirmausschnitt killt, möchte Gameloft sich diesem Problem annehmen. Ein variables D-Pad, das jeweils dort zu finden sein wird, wo ich den Finger auf den Bildschirm lege, kann vielleicht in Zukunft des Rätsels Lösung sein.

Meine Neugier ist groß, also horche ich Herrn Brach aus, ob wir in der fertigen Version vielleicht sogar mit einem Hubschrauber oder Booten manövrieren dürfen? – Ein Kopfschütteln verrät mir, dass dem nicht so ist. Aber man soll nie nie sagen. Vielleicht in einem zweiten Teil. Gameloft wird auf jeden Fall Gebrauch machen von den Ressourcen des iPhone 3GS, und zwar in der Form, dass Besitzer der neuen Gerätegeneration neben der besseren Performance wohl auch schönere Explosionen erleben können und grundsätzlich schickere Effekte. Ganz sicher war sich Jochen Brach allerdings nicht, wie man das schlussendlich umsetzen wird. Er und seine Kollegin betreuen in Deutschland nur das Marketing und die PR. Es gibt leider keine Entwickler vor Ort, die man hätte befragen können. Aber das sei grundsätzlich ein schwieriges Thema, erfahre ich auf Nachfrage. Gameloft hält seine Entwickler mehr oder weniger unter Verschluss. Sie sollen sich aufs Programmieren konzentrieren.

Just in dem Moment laufe ich mit meiner Figur, die bereits ein Mal von der Polizei geschnappt wurde und auch ein weiteres Mal das Zeitliche gesegnet hat auf einen Hotspot zu. Ein Waffen-Symbol leuchtet mich an. Im Ergebnis kann ich, ein entsprechend dickes Portmonee vorausgesetzt neben einem Erste-Hilfe-Kit auch viele Wummen kaufen, eine Uzi hab ich entdeckt, ein Scharfschützengewehr, einen Raketenwerfer, und andere mehr. Da Gameloft sich aber hier noch Zeit lässt, kann sich in der finalen Version noch etwas verändern. Umschalten funktioniert relativ simpel. Ein Tippen auf das Waffensymbol in der oberen rechten Ecke und ich wechsle munter durch. Das klappt aber nur, wenn wir zu Fuß unterwegs sind und ist bei GTA und Saints Row prinzipiell nicht anders. Gebäude, so scheint es, können wir leider nicht betreten und Gangstar wird, wenn sich nicht noch grundlegend etwas verändern wird, ein Singleplayer-Game.

Ich bin von der Grafik angetan, merke aber deutlich, dass es noch einiges zu tun gibt. Manchmal bleibt der Ton weg. Hin und wieder stürzt das Spielgerät ab. Gameloft wird die Story im Spiel mit Ingame-Videos erzählen und wir dürfen uns außerdem auf Sprachausgabe freuen, die allerdings wohl nur in Englisch vorliegen wird. Aktuell gibt es 5 Radiosender, die die Geschmäcker befriedigen und ordentliche Musik aus verschiedenen Genres wie Rock oder Hip Hop und Latino anbieten. Daneben werden Spieler aber ihre eigenen Playlisten einbinden dürfen. Diese Funktion stand aber noch nicht zur Verfügung. Jochen Brach und ich hatten viel Zeit uns auszutauschen, da die Ladezeiten aktuell noch relativ geduldige Spieler voraussetzen. Bei Entwicklerversionen wohl normal. Wartezeit, in der ich auf Granit beiße, als ich mich nach konkreten Verkaufszahlen erkundige. Der amerikanische Markt sei der größte für Gameloft und Großbritannien habe Deutschland überholt. Die Schweiz ginge außerdem sehr gut, weil man in der Schweiz offenbar die größte Mac-Dichte unter den Bewohnern weltweit antrifft, und entsprechend ebenfalls viele Geräte von Apples mobiler Plattform im Umlauf sind.

Nach Download-Content erkundige ich mich noch, als ich das Spielgerät beiseite lege auf dem mit einem Aufkleber eine interne Seriennummer prangt. Für Gangstar eher unwahrscheinlich, aber das neue Asphalt wird ganz sicher ein Paket mit neuen Rennstrecken erhalten. Doch der Titel wird wohl auch nicht vor August fertig sein. Grundsätzlich sieht man Gameloft die Situation für Download-Content wohl schwierig. Ich hatte mit einer anderen Antwort gerechnet, aber offenbar gibt der Markt es gar nicht her. Denn die Preissensibilität der Nutzer im App Store, weiß Brach zu berichten, sei sehr groß. Den Käufern das Geld aus der Tasche ziehen kann und will man nicht. Aber es würde bei einigen vielleicht so ankommen. Bei der aktuellen Macnotes-Umfrage, bei der bereits über 400 Antworten vorliegen, haben sich ebenfalls knapp 60% der Teilnehmer eher gegen Hochpreisspiele entschieden und weitere 20% unserer Leser spielen offenbar gar nicht mit dem iPhone. Gangstar jedenfalls wird zu einem Gameloft üblichen Preis zunächst im oberen Preissegment veröffentlicht werden. Die Testversion bot Licht und Schatten. Auf der einen Seite sieht sie erstaunlich gut aus und bietet eine freie Spielwelt. Vielmehr als ein Großteil der Titel im App Store anbieten kann. Auf der anderen Seite fand ich es schade, dass ich nicht wie Niko Bellic im Internet nach Flirts Ausschau halten kann oder ab und zu eine gepflegte Partie Billard spielen darf. Doch gemessen an den bisherigen GTA-Klonen wird Gangstar wohl der neue Referenztitel im Bereich 3D werden. Eigentlich ja der erste 3D-Klon überhaupt, denn die bisherigen bieten nur eine Obendraufsicht und Comic-Grafik.

Mehr zu Gangstar werde ich auf der Gamescom in Köln erfahren, bei einem Termin im Business-Center. Gameloft hat sich dazu entschieden keinen eigenen Stand im Besucherbereich aufzubauen und Herr Brach blickt der Messe mehr oder weniger skeptisch entgegen. Er war ein Freund der Stimmung in Leipzig, verrät er mir, weil alle Teilnehmer dort angereist sind. In Köln könnte es so sein, fürchtet er, dass einige am Abend wohl schneller mal Schluss machen, weil sie hier zu Hause sind. Das sind Dinge, die ich gegen Ende meines Auftenhalts im Kölner Büro von Gameloft erfahre. Der PR-Manager wird mich noch ein Stück weit auf dem Weg zurück zu meinem Auto begleiten, weil er danach etwas verspätet die Mittagspause antritt. Er wird mir noch einige Einsichten vermitteln, die die Strategie von Gameloft betreffen und wir werden uns an einer Ampel stehend über die Widrigkeiten für Anbieter im App Store unterhalten, darüber, dass Apple wahrscheinlich selbst nie mit dem Erfolg des Geräts als Spieleplattform gerechnet hat und darüber diskutieren, wo der Grund dafür liegt, dass Anbieter der Presse sogar Gutscheincodes kaufen müssen, um die Medienlandschaft mit genügend Rezensionsexemplaren auszustatten.


Ähnliche Nachrichten