Mac OS X 10.7 Lion: Weitere neue Features, erste Eindrücke, Screenshots

Stefan Keller, den 28. Februar 2011

Letzte Woche hat Apple Mac OS X 10.7 Lion für Entwickler in Form einer Vorschau-Version veröffentlicht. Nach und nach kommen mehr Details ans Tageslicht – und heute sind wir dran: Wir haben dem Löwen ins Maul geschaut, und verraten euch, was uns dabei auffiel.

Den Anfang macht zweifelsohne das Überarbeitete User-Interface. Denn das ist, was am meisten auffällt. Hier fallen zuerst einmal die kleineren und jetzt nur noch matt glänzenden Buttons für Schließen, Vergrößern und Minimieren auf.

Doch das ist nicht alles. Ebenso sind die Scrollbalken scheinbar verschwunden. Sie erscheinen erst, wenn man tatsächlich scrollt, und zwar mit einem der Touch-Eingabegeräte oder dem Mausrad. In bereits angepassten Anwendungen sollten sie zudem eingeblendet werden, wenn der Mauszeiger in deren Nähe kommt. Wer das aber als zu viel iOS empfindet, kann sich die Scrollbalken auch dauerhaft anzeigen lassen – was aber je nach Anwendung zuweilen etwas befremdlich aussieht. Beim Scrollen ist übrigens noch eine andere Eigenschaft, die nach relativ kurzer Zeit in Lion auffällt: Die Scroll-Richtung wurde invertiert. Das mag einerseits ganz intuitiv sein (schließlich muss man eine Seite nach oben wegschieben, um weiter unten weiterlesen zu können), ist aber spätestens bei Verwendung einer althergebrachten Wheel-Mouse nicht mehr so wirklich nachzuvollziehen.

Normale Buttons, beispielsweise der OK-Knopf an vielen Dialogfeldern, wurden etwas umgestaltet. Die haben keine runden Seiten mehr, sondern vier Ecken, die jede für sich abgerundet ist. Außerdem sind Auswahl-Buttons, wie sie in der Aktivitätsanzeige und im Finder (Darstellungsart) zu finden sind, keine Buttons für sich mehr, sondern gewissermaßen aus einem Guss. Umgeschaltet werden kann wahlweise per Direktklick oder ganz iOS-like per Drag&Drop.

Eine sehr subtile Änderung, auf die wir hier eingehen möchten, kommt aus der Windows-Welt. Nämlich ermöglicht es Lion, ein Fenster an jeder Seite in seiner Größe zu verändern, statt nur unten rechts.

Auf ersten Screenshots zu Mac OS X Lion fiel auf, dass im Dock die Punkte, die geöffnete Programme symbolisieren, fehlen. Dies ist der Tatsache geschuldet, dass Lion bestrebt ist, möglichst nach Neustarts wieder so zu starten, wie es vorher beendet wurde. Allerdings kann an dieser Stelle Entwarnung gegeben werden: Die Punkte sind zwar standardmäßig weg, können aber bequem über die Systemeinstellungen, Dock reaktiviert werden.

Irgendwie zum User-Interface gehörend ist die Maus bzw. das TrackPad. Denn mit Lion kann man die Mauszeiger-Geschwindigkeit endlich auf ordentliche Werte drehen, sodass nicht mehr die schnellste Einstellung noch als „langsam“ erscheint.

Neue Funktionen in bekannten Programmen

Eine Neuerung fällt wahrscheinlich so schnell überhaupt nicht auf: Alle Apple-Anwendungen sind ab Lion digital signiert. Das kennen wir bisher nur aus Apps aus dem Mac App Store.

Des Weiteren ist das durch FaceTime, das im Übrigen kostenlos dabei und sehr prominent im Dock zu finden ist, totgesagte iChat noch lange nicht verschieden, im Gegenteil, es hat sogar ein neues Protokoll spendiert bekommen: Ab Lion kann über iChat auch mit dem Yahoo-Messenger kommuniziert werden.

In den Systemeinstellungen hat sich hingegen eher wenig getan – eine Funktionalität hingegen kommt ganz nach iOS: die Verwaltung von „Internet Accounts“. Gemeint sind hiermit nicht nur E-Mail-Accounts, sondern auch iChat-Protokolle sowie Kalender- und andere Mac-Server-Dienste.

Eine gern genutzte Funktion ist QuickView (oder deutsch: „Übersicht“) – diese existiert weiterhin, wurde aber im Zuge der Lion’schen Regenwetterstimmung ebenfalls grauer. Sie bietet dafür eine Reihe neuer Funktionen, z. B. den Vollbildmodus, der gleichzeitig die Diashow startet und eine „Öffnen mit…“-Funktion.

Außerdem neu gestaltet wurde der Erinnerungsdialog für nicht gespeicherte Daten. Dieser ist bekannt, wenn beispielsweise ein Textdokument bearbeitet, aber nicht gespeichert wurde und das Programm dann beendet werden soll. Dieser Dialog bietet nun die Möglichkeit, statt nur die Frage zu beantworten, die Daten gleich zu speichern – eine sehr nette Idee.

Daneben wurde Time Machine ein neues Feature spendiert: Lokale Schnappschüsse. Diese sind ähnlich wie die Versions-Funktion, über die wir bereits berichtet haben, aber eher mit Time Machine zu vergleichen. Einmal pro Stunde wird damit ein Backup von veränderten Dateien erstellt, aber nicht auf einer externen Festplatte, sondern auf jener, die die Daten auch sonst hortet. Diese Funktion ist mehr als Ergänzung zu Versions gedacht, denn dort wären bei einer versehentlichen Löschung einer Datei auch alle Kopien weg. Jedoch ist dieses Feature keinesfalls ein Ersatz für Time Machine mit einer zweiten Festplatte, denn ein Datenverlust durch Hardware-Schaden kann nur dann ausgeschlossen werden, wenn die Daten auf einem unabhängigen Laufwerk tatsächlich ein zweites Mal existieren.

Eine kleine Neuerung am Rande ist der iTunes-Bildschirmschoner, der bisher immer nur Covers aus der Mediathek anzeigte – ab Lion jedoch kann er sogar iTunes fernsteuern. Mit Klick auf den Play-Button startet die Musik. Sie geht sogar dann weiter (in iTunes), wenn der Bildschirmschoner beendet wird.

Ein wenig Unix

Mac OS X basiert bekanntlich auf Darwin, was der Unix-Unterbau (Kernel) ist. Deshalb ist Mac OS X auch beliebt bei Bastlern, die die Vorzüge eines unixoiden Betriebssystems mit einer bequemen GUI verbinden möchten. Apple hat mit Mac OS X Lion den Kernel auf Version 11.0.0 gebracht. Überdies enthalten ist GNU Bash in Version 3.2.48 sowie Perl 5.12.3.

Daneben wurde die Terminal-App an sich etwas aufgebohrt: Per Rechtsklick kann nun direkt die Manpage für einen bestimmten Befehl geöffnet werden; wird keine gefunden, kann alternativ auch in den Manpages nach einem Vorkommen dieses Befehls gesucht werden.

Safari und der Finder

Der Safari-Browser hat auf den ersten Blick eher wenig neue Funktionen spendiert bekommen. Erwähnenswert, weil auch optisch recht ansprechend, wäre allenfalls die Zurück-Funktion per Touch-Geste. Es wird dann die aktuelle Seite weggeschoben und die vorherige kommt zum Vorschein. Wenn der Zurück-Befehl als solcher endgültig erkannt wurde, wird die vorherige Seite schließlich neugeladen.

Eine weitere neue Funktion ist die Auto-Korrektur. Nicht nur die Rechtschreibprüfung läuft immer im Hintergrund, auch eine aus iOS bekannte Auto-Korrektur wird stetig mit ausgeführt. Man erkennt einen „Treffer“ an einer blauen Unterstreichung.

Der Finder hingegen hat deutlich mehr bekommen. Optisch ist da zunächst der graue Anstrich zu nennen. Neu ist aber der Favorit „Alle meine Daten“. Hier sucht sich der Finder aus dem Home-Ordner alle Benutzerdaten heraus und präsentiert sie nach Dateityp gruppiert. Womit wir bereits bei einer weiteren, neuen Funktion sind: der Gruppierung. Daten lassen sich nun nach allen Regeln der Kunst gruppieren, sei es Dateityp, assoziiertes Programm, Änderungsdatum oder nach Alphabet. Für jede Gruppe wird dann eine Art Mini-CoverFlow dargestellt. Zudem ist es nun möglich, eine im Finder ausgewählte Datei als Anhang an eine neue E-Mail anzuhängen.

Java

Wie bereits im Oktober spekuliert, ist Java nicht mehr enthalten, wohl aber sind die Java-Einstellungen in den Dienstprogrammen noch da. Bei einem Doppelklick lässt es sich Lion aber nicht nehmen, nachzufragen, ob die Java-Runtime nachinstalliert werden soll. Wird dem zugestimmt, lädt Lion Java 1.6.0 herunter – Hersteller: Apple.

Und wie fühlt es sich an?

Wie schon bei den letzten Mac OS X-Versionen waren die ersten paar Starts etwas holprig und das System insgesamt wirkte träge – das hatte sich aber nach ein paar Reboots und der Vollendung der Spotlight-Indizierung gelegt.

Schwer zu empfehlen ist aufgrund der vielen neuen Gesten ein TrackPad. Auf der Magic Mouse sind die Gesten dann doch gefühlt etwas fummelig.

Auch wenn ich persönlich von manchen aus iOS übernommenen Dingen kein besonders großer Fan bin, ist es schön zu sehen, dass Apple dem Betriebssystem neue Funktionen gibt, die größtenteils auch Sinn ergeben.


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