Tim Cook: „Jeder Mitarbeiter in unserer Produktionskette ist uns wichtig!“

mz, den 27. Januar 2012

Die Zwischenfälle bei Apples Zulieferern haben es in die New York Times geschafft: In mehren längeren Artikeln widmet sich die vielbeachtete und vielleicht bekannteste Zeitung der Welt den Gründen dafür, dass Apple ausschließlich in China produzieren lässt. Es geht dort auch um Foxconn, die Zwischenfälle in den Riesenfabriken des taiwanischen Konzerns und darum, was man dort besser machen könnte.

Gala-Dinner mit Wirtschaftsbossen

Der Report beginnt mit einer Anekdote über ein gemeinsames Essen von US-Präsident Obama mit den wichtigsten Köpfen von Silicon Valley im Februar letzten Jahres (Macnotes berichtete). Jeder der geladenen Gäste sollte sich im Vorhinein eine Frage überlegen, die er Obama stellen möchte. Als Steve Jobs an der Reihe war, fragte jedoch der Präsident: „Was ist nötig, um iPhones in den USA zu produzieren?“ Eine Anspielung darauf, dass Apple sich bis vor einigen Jahren mit der Tatsache rühmte, dass alle Produkte „Made in USA“ seien, was heute freilich nur noch eine Erinnerung für die schwächende US-Wirtschaft ist. Der Apple-Gründer antwortete: „Diese Jobs kommen nicht zurück.“

Warum China?

Dass neben der günstigeren Arbeitskraft in den Produktionsstätten in China sowohl die Kapazität als auch die Flexibilität, der Fleiß und die Geschicklichkeit der Arbeiter denen in den USA mittlerweile weit überlegen sind, ist eine Überzeugung, die sich bei allen hochrangigen Apple-Managern mittlerweile zementiert hat. Nach NYT-Angaben beschäftigt Apple 43.000 Mitarbeiter in den USA und weitere 20.000 in Übersee. Alle diejenigen, die an der tatsächlichen Herstellung von iPhone, Mac und Co. beteiligt sind, kommen selbstverständlich noch hinzu. Kleine Randnotiz: Das riesige Datencenter, das Apple im vergangenen Jahr in North Carolina eröffnet hat, beschäftigt nur etwa 100 Vollzeit-Angestellte.

Der Kritikpunkt wird schnell klar: Als eines der führenden Technologieunternehmen (und eines der führenden Unternehmen überhaupt) weltweit verdient Apple mittlerweile Milliarden und Abermilliarden an Dollars mit Arbeitskraft, die nur zu einem verschwindend geringen Teil aus dem Heimatland und Firmensitz stammt. Eine Wiedergabe des insgesamt siebenseitigen Artikels, der auf vielen Interviews mit Apple-Mitarbeitern basiert, denen allen die Anonymität versichert werden musste, würde hier den Rahmen sprengen. Ein zentraler Satz eines Mitglieds der aktuellen Führungsriege von Apple ist folgender:

“We don’t have an obligation to solve America’s problems. Our only obligation is making the best product possible.”

Die Suche nach der perfekten Lösung

Vor Erscheinen des ersten iPhones im Jahr 2007, nach ein paar Wochen mit einem Prototypen in der Hosentasche, rief Steve Jobs alle Verantwortlichen zu sich, zog das Gerät aus seiner Jeans und drehte es im Licht, damit alle die vielen Kratzer auf dem Display sehen konnten. „Die Leute werden dieses Gerät in ihrer Hosentasche tragen. Da drin tragen sie auch ihre Schlüssel. Ich werde kein Produkt verkaufen, das verkratzt. Ich will ein Display aus Glas. Und ich will, dass es in sechs Wochen perfekt ist.“ Erinnerungen an unseren Beitrag von vorgestern sind hier nicht zufällig. Und um die perfekten Einzelteile zu finden, sah man sich in der Folgezeit auf der ganzen Welt um. Halbleiter aus Deutschland, Displays aus Korea und Taiwan, Chipsätze aus ganz Europa, seltene Metalle aus Afrika und alles zusammengebaut in China.

Und eben diese Suche nach den perfekten Bauteilen, in diesem Fall das Display aus Glas, um das perfekte Produkt zu erschaffen, führte Apple nach Südchina. Der Wirtschaftsboom in der Volksrepublik, der die oberste Priorität der kommunistischen Regierung hat, hatte die Industrie mit großen staatlichen Subventionen ausgestattet. Man wusste dort, was Apple brauchte: Eine eigene Fabrik nur für die Displays, viel, viel Glas zum Testen und unzählige Arbeiter, die den komplexen Zuschnitt der Displays übernehmen können. Und genau das präsentierte man den Besuchern aus Cupertino. Hinzu kamen Wohnheime für die Mitarbeiter auf dem Werksgelände, so dass die Arbeiter in kürzester Zeit rund um die Uhr verfügbar waren. Das war die Entscheidung für die Standorte der iPhone-Produktion und der Ausbau der Zusammenarbeit mit Foxconn. Über 200 Millionen iPhones sind seither in den Fabriken des Zulieferer-Riesen zusammengebaut worden. Im Hinterkopf zu behalten ist, dass zweifellos nicht nur Apple seine Produktion nach China, im Speziellen zu Foxconn, verlegt hat. Andere Branchenriesen wie Dell, HP, Acer, Nintendo etc. lassen auch dort produzieren. Auch Microsoft ließ bei Foxconn z. B. die XBox und den Musikplayer Zune fertigen.

Während noch einige Argumente wie „Viele andere Firmen in der ganzen Welt konnten wegen Apples Aufschwung viele neue Mitarbeiter einstellen“ nur am Rande genannt werden, konzentriert sich der Rest des ersten Artikels eher auf wirtschaftliche Veränderungen auf der Makro-Ebene und zieht Vergleiche, anhand derer die konkrete Situation in den USA beurteilt wird. Am Ende kommt er zurück zu dem Essen in Silicon Valley und wie sich die Wirtschaftsgrößen beim Abschied um Steve Jobs versammelt haben, um ein neues Rennspiel zu sehen, dass er auf seinem iPhone zeigt. Auf dem Display: Kein einziger Kratzer.


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