iPhone-Kamera-Apps Teil 17: Blux Camera

mz, den 5. November 2012
bluxcamera_icon

Eine Serie mit Tradition, neu belebt. Lange ist es hier ruhig gewesen, aber Kamera-Apps gibt es immer mehr – dementsprechend auch immer mehr gute. Eine davon ist die heute vorgestellte App, die sich einen Platz auf den vorderen Rängen der Foto-Apps verdient. Teil 17 mit einer Besprechung von Blux Camera von Blux Touch und der Erklärung, warum man sich bei ihrer Benutzung in die „schöne neue Welt“ der Science Fiction versetzt fühlt.

Ich muss etwas weiter ausholen, um einige der Features dieser innovativen App zu erklären. Der wichtigste Punkt ist der Fortschritt in Sachen Leistungsfähigkeit der verwendeten Geräte. Das iPhone 4S und besonders das aktuelle iPhone 5 sind zu bemerkenswerten Rechenleistungen imstande. Dies zeigt sich nicht nur immer kurz nach Vorstellung der neuen Geräte, sondern vor allem im täglichen Gebrauch – wozu schließlich auch Kamera-Apps zählen. Deren Entwickler machen nun zunehmend davon Gebrauch. Entsprechend kann ein iPhone 5 die „klassischen“ Funktionen einer Kamera-App nicht nur schneller zeigen, sondern es besteht auch immer mehr Potenzial, neues zu versuchen.

Im aktuellen Angebot gibt es deswegen eine ganze Reihe von Apps (z. B. ScoutCamera), die ihre Filter nicht einfach nur nach der Aufnahme eines Fotos anwenden. Neuerdings gibt es dort eine Live-Vorschau auf das Foto, wie es aussehen würde, wenn man den aktuell ausgewählten Effekt darauf anwendet – bevor man den Auslöser betätigt. Und das kann auch Blux Camera. Aber das ist noch lange nicht alles.

Grundlegendes

Um Blux Camera in vollem Umfang zu verwenden, muss man den Hauptbildschirm, wo das Foto auch aufgenommen wird, nie verlassen. Die Bedienung erinnert dabei ein wenig an Snapture. Direkt in der Mitte lassen sich Zoom und Farbtemperatur per bogenförmigem Regler verstellen. Mit einem Finger vom rechten Rand nach links wischen: Die 14 Filter und 14 Szenenmodi werden halbkreisförmig eingeblendet und können per Tipp ausgewählt werden. Danach wird der jeweilige Effekt sofort angewendet und man kann sich entscheiden, ob man das Foto so aufnehmen möchte. Vom linken Rand nach rechts gewischt, geschieht dasselbe mit den gängen Anpassungen Sättigung, Helligkeit, Kontrast und Schärfe. Alles wird live direkt auf dem Motiv angezeigt. Auch einen Schnellzugriffssmodus gibt es am unteren rechten Bildschirmrand.

Das alles geht leicht von der Hand, bei Auswahl eines Filters breitet sich als besonderer Effekt eine kreisförmige Welle über den Bildschirm aus, als hätte man einen Stein ins Wasser geworfen. Das sieht fancy aus, die App könnte aber sicher auch ohne Dekorationen auskommen.

Wer vom oberen Bildschirmrand nach unten wischt, kommt zum Menü, wo sich neben einigen Einstellungen auch Tutorial-Videos auswählen lassen, die bei Bedarf in Safari geöffnet werden. Umgekehrt – von unten nach oben wischen – lassen sich die bereits aufgenommenen Fotos anschauen und bei Bedarf über soziale Netzwerke (Facebook, Twitter, Tumblr, Flickr, Picasa) bzw. per Mail verschicken. Dabei kann man sich entgegenkommenderweise entscheiden, ob das Geotag erhalten bleiben soll. Kluges Feature!

Das iPhone muss mit Blux Camera so gehalten werden, dass die Lautstärkebuttons nach unten zeigen. Dies liegt vermutlich daran, dass der Entwickler die Kamera oben am Gerät wissen wollte. Das ist sicher keine schlechte Idee, doch muss man sich erst einmal daran gewöhnen, weil die meisten anderen Kamera-Apps diese Ausrichtung nicht unterstützen. Zudem bedeutet dies, dass der Lautstärke + Button nicht zum Auslösen verwendet werden kann.

Die Birne

Das Killerfeature allerdings ist etwas ganz besonderes und hört auf den Namen P.E.A.R. Dahinter verbirgt sich der Begriff „Photographic Environment Analysis and Recommendation„. Ein kleines Symbol in der oberen linken Ecke des Displays aktiviert diese Funktion, die dann (wieder mit einem Scanner-Effekt garniert) das aktuelle Motiv analysiert.

Der Prozess dauert etwa 10 Sekunden und es werden nach und nach mehr oder weniger wichtige Informationen eingeblendet. Dazu gehören der aktuelle Ort, Datum und Zeit (am unteren Rand) und danach die derzeitige Wetterlage inklusive Temperatur. Schließlich kommen die wirklich für das Bild relevanten Informationen über Helligkeit, ISO-Wert, Blendenöffnung und Belichtungszeit. Obendrauf zeigt P.E.A.R. an, auf welcher Höhe man sich befindet, wo die Sonne genau ist und wann sie an diesem Tag auf- und untergeht. Eine freundliche Stimme liest einen Teil der Infos vor.

Anhand der ermittelten Informationen schlägt die App dann die jeweils beste Mischung aus Bildkorrekturen und -Filtern vor. Eine entsprechende Schaltfläche, die sich nun an der Stelle des P.E.A.R.-Symbols befindet, übernimmt diese dann eigenständig. Laut Herstellerseite fühlt sich das ganze an, als hätte man „seinen eigenen Profifotografen, der einem sagt, wie man nun am besten ein Bild macht, immer in der Hosentasche dabei“. In der Praxis gibt es meistens DIE optimale Einstellung nicht, aber zumindest macht die Verwendung dieses Features Spaß, man fühlt sich wie in der Zukunft, weil man solche HIDs schon irgendwo mal in einem Science-Fiction-Film gesehen hat.

Weitere Features

Weitere Einstellmöglichkeiten sind ebenfalls direkt auf dem Sucherbild zu finden. Über das kleine + unten links öffnet sich die Widget-Leiste, aus der sich je nach Geschmack weitere Felder hinzufügen lassen. Dazu gehören der Auslösebutton, eine Wasserwaage, ein Histogramm, die Temperatur- bzw. Zoom-Regler und ein Gitter zur besseren Bildausrichtung.

Der Auslöser befindet sich rechts. Wenn man ihn länger gedrückt hält, zeigen sich weitere Auslösemodi: Hier finden sich neben den Standardfunktionen wie Selbstauslöser (2, 5 oder 10 Sekunden), Bildstabilisator oder Burst-Mode (3, 4 oder 5 schnell aufeinanderfolgende Fotos), Big Button (Tipp irgendwo auf das Display löst aus), sogar eine Auslösefunktion per Stimme ist mit dabei.

Über den kleinen Pfeil oben in der Mitte schließlich kann die LED des iPhone ein- und ausgeschaltet sowie die Kamera gewechselt werden. Mit Selbstprotraits kann man all die genannten Funktionen ebenfalls verwenden. Und ebenso live wie alle Effekte angewendet werden, funktioniert auch der Tilt-Shift-Effekt, der sich vor der Aufnahme beliebig einfach auf dem Display verschieben lässt.

Verbesserungspotenzial

Einige eher gewöhnungsbedürftige Besonderheiten bleiben: Mit Blux Camera aufgenommene Fotos werden im App-eigenen Speicher UND in den iPhone-Aufnahmen abgelegt. Während also in Blux Camera zeitlich auseinanderliegende Bilder direkt nebeneinander auftauchen können, können im Fotospeicher des iPhones schon einmal einige andere dazwischen auftauchen. Es handelt sich dabei aber nur um eine Art Filtersuche, die App erkennt also, welche Bilder sie gemacht hat und zeigt nur diese an. Wer ein Foto aus dem Speicher der App löscht, ist es ein für alle Mal los, denn es wird gleichzeitig aus den Aufnahmen im Gerätespeicher gelöscht.

Die GPS-Lokalisierung scheint in P.E.A.R. auch ein Problem zu haben. Egal, wo ich war, das Ergebnis war immer (null), Germany. Möglicherweise funktioniert die App nicht überall so gut wie der Entwickler angibt. Blux Touch arbeitet aber bereits daran.

Außerdem einige Kleinigkeiten:

  • Fotos werden auf dem iPhone 5 bildschirmfüllend angezeigt, aber im 4:3-Format aufgenommen. Wer nach der Aufnahme ein Bild ansehen möchte, muss erst herauszoomen, um die Ränder oben und unten zu sehen.
  • Im Betrachtungsmodus (von unten nach oben wischen) kann man das Gerät zwar drehen und das Foto dreht sich mit, die Bedienelemente bleiben allerdings auf horizontale Ausrichtung fixiert.
  • Ganz kurios: Während im Tutorial-Video der App P.E.A.R. eine Frauenstimme hat, las mir beim Test ein Mann die Analyseergebnisse vor. Auf Nachfrage beim Hersteller verstand man dort zunächst die Anfrage nicht. Bei Blux Touch ist man fest davon überzeugt, dass es nur eine Frauenstimme gibt. Man versprach mir aber, sich das „Problem“ einmal anzuschauen.
  • Die Sensitivität der Bedienelemente könnte etwas verbessert werden. Ab und zu muss man mehrmals über den Bildschirm des Geräts streichen, um die gewünschte Funktion zu aktivieren. Bei der Benutzung von Tilt-Shift und gleichzeitiger Applikation eines Effektes kann es zudem auch auf dem iPhone-5-Display schon einmal recht eng werden.
  • Bisher wird laut Entwickler nur das iPhone unterstützt. iPad- und iPod-touch-Nutzer bleiben auf der Strecke.

Fazit: Tolle App mit ein wenig Luft nach oben

Zugegeben: Auf älteren Geräten als dem iPhone 4S kann es sein, dass die Bedienung nicht mehr so einfach von der Hand geht. Zu rechenintensiv sind die tolle Aufmachung und die innovativen Features dieser App, wie auch die Rezensionen im App Store andeuten. Wer ein relativ neues Gerät besitzt, auf der Suche nach einer wirklich guten Foto-App in futuristischem Design mit einer Menge Funktionen und bereit ist, dafür 2,69€ auszugeben, sollte sich Blux Camera aber in jedem Fall einmal ansehen. Es gibt sicher Apps mit ausgereifteren Filtern, die Szenenmodi sind aber sehr gut und Blux Camera kann insbesondere im Makro-Bereich punkten. Daher eine klare Kaufempfehlung.

Als Alternative muss einmal mehr Camera+ (zum Test) hinhalten, das es nun schon seit zwei Jahren gibt und kontinuierlich weiterentwickelt wurde. Der wegweisende Szenenmodus „Clarity“ ist bis heute unerreicht und die App ist derzeit für 0,89€ zu haben.

Von Blux Touch gibt es im Übrigen auch eine Movie-App, die ähnlich innovative Wege geht und für denselben Preis eine ganze Menge zu bieten hat. Ein Blick in den App Store lohnt sich auch hier, zumal die App zurzeit auf 0,89€ reduziert ist.

Weitere Teile der Reihe iPhone Kamera-Apps


Ähnliche Nachrichten

Passende Angebote