Warum Fallout New Vegas besser ist als Fallout 3 und Bethesda das für Fallout 4 berücksichtigen sollte?

Alexander Trust, den 20. Januar 2013
Fallout: New Vegas
Fallout: New Vegas

Fallout 3 und Fallout: New Vegas sind nicht unbedingt neue Spiele, dafür aber sehr gute, über die man gerade angesichts der ersten Fallout-4-Informationen diskutieren möchte. Dies möchte ich an dieser Stelle einmal tun – und dabei ein wenig Salz in die Wunden der neueren Fallout-Fans gießen…

Vor Kurzem hat Erik Dellums, die englische Stimme von Three Dog aus dem Galaxy News Radio in Fallout 3, via Twitter angedeutet, dass sein Charakter „möglicherweise“ demnächst zurückkehrt. Ich möchte dies als Aufhänger missbrauchen, um ein wenig über Fallout 3 und New Vegas zu sinnieren.

Die These: New Vegas ist besser als Fallout 3

Um mich gleich zu Beginn unbeliebt zu machen: Fallout: New Vegas ist das bessere Spiel der beiden – Punkt. Das möchte ich ausdrücklich inhaltlich verstanden haben, denn ich bin (noch) nicht so verblendet, um zu sehen, dass FNV sogar noch mehr Bugs in sich trägt als Bethesdas erster Versuch, das Erfolgsrollenspiel von Interplay wieder zu beleben. Gefühlt ist mein Kurier deutlich öfter in Bergen stecken geblieben als mein „Lone Wanderer“ in Fallout 3. Ebenfalls habe ich im Mojave Ödland die Xbox öfter neu starten müssen als im Ödland der Hauptstadt. Aber solange sich derlei Dinge in Grenzen halten, interessiert mich die Story mehr.

Fallout-Konzept vs. Bethesda

Chris Taylor, einer der Fallout-Väter bei Interplay, hat das „Fallout Vision Statement“ als Konzeptbeschreibung für das Spiel verfasst. Darin heißt es beispielsweise:

2. There is often no right solution. Like it or not, the player will not be able to make everyone live happily ever after. (…)
4. The players actions affect the world.
Chris Taylor

Nehmen wir an, dass solche Punkte Fallout „ausmachen“ – warum kann ich ohne wirkliche Konsequenz in Fallout 3 entscheiden, was mit Megaton geschieht? Jage ich die Bombe hoch, bekomme ich ein Apartment im Tenpenny Tower und die Megaton-Ghule jagen mich. Entschärfe ich sie, darf ich im verlassenen Haus in Megaton einziehen und Mr. Burkes Leute wollen mich tot sehen. In jedem Fall bekomme ich einen Mr. Gutsy und kann mir dieselben Dinge für meine Wohnung kaufen. Von solchen Pseudo-Entscheidungen ist Fallout 3 voll – und meinem Eindruck nach ist das eine Bethesda-Krankheit: Entweder hat die Entscheidung keine wirkliche Konsequenz, oder es gibt keine. Denn The Elder Scrolls V: Skyrim sah ähnlich aus. Oder warum muss ich mich mit Alduin anlegen? Es ist doch ein Rollenspiel!

Fallout 3 als Enklave im Fallout-Universum

Wer bereits die ersten beiden Teile von Fallout gespielt hat – selbst wenn diese mittlerweile über 10 Jahre alt sind -, wird feststellen, dass Fallout 3 neben Name, Setting, Brotherhood of Steel, Enklave und dem SPECIAL-System nicht viel von den klassischen Teilen geerbt hat. Supermutanten mussten natürlich dabei sein und ohne Ghule ist das radioaktive Setting ebenfalls nicht komplett, aber ansonsten gibt es so gut wie keine Anspielungen auf vergangene Teile. Etwas, womit Fallout 2 ganz besonders punkten konnte. Insgesamt fühlt sich Fallout 3 so an als würde es am anderen Ende der Welt spielen, als hätte es die beiden isometrischen Vorgänger nicht gegeben.

New Vegas das bessere Fallout

Vielleicht liegt es daran, dass hinter Obsidian Entertainment, die Fallout: New Vegas entwickelt haben, viele Leute stecken, die bereits Fallout 2 programmiert haben. Im Fallout-Universum ist es eher zu Hause als Fallout 3. Es gibt sehr viele Dinge, die sich an ältere Sachverhalte anschließen, und zwar ohne, dass das Spiel ohne die Kenntnis der Vorgänger unspielbar wird. Wer Fallout 1 bis 3 kennt, versteht hier und da einen Zusammenhang besser und wer es nicht kennt, wird vor vollendete Tatsachen gestellt. Wie es im Amerika nach dem Atomkrieg ohnehin üblich ist. In Fallout: New Vegas gibt es das Reputationssystem wieder. Neben dem ohnehin nichts-sagenden Karma-System (auch hier ist in Fallout 3 allenfalls die Frage, wer mich erschießen will und ggf. welche NPCs ich rekrutieren kann) kann ich mich bei Fraktionen beliebt oder unbeliebt machen. Wenn mich die Großkhane doof finden, weil ich ständig ihre Mannen um die Ecke bringe, dann kann ich keine ihrer Quests annehmen. Nun haben die Großkhane keinen besonderen Einfluss auf den Story-Verlauf, andere Fraktionen wie die Republik Neu-Kalifornien oder „Ceasar’s Legion“ hingegen schon. In Fallout: New Vegas muss man sich wirklich entscheiden, wem man helfen will, und dabei abwägen, wem man damit schadet. Schließlich wollen am Ende alle Fraktionen den Hoover Dam erobern.

In Fallout: New Vegas ist es eher möglich, durch die Wahl der eigenen Sympathien ein anderes Spiel zu erleben als bei Fallout 3. Bei Bethesda habe ich am Ende die Wahl, ob ich den FEV-Virus in das gereinigte Trinkwasser gebe oder nicht. Für das Spiel ist das komplett irrelevant, denn ohne den Broken-Steel-DLC werde ich ohnehin sterben und nur der Abspann ändert sich. (Mit DLC dürfte das ebenfalls irrelevant sein, denn mit hinreichend hohem Medizin-Skill und den angesammelten Stimpaks dürfte es nicht in besonders hohem Maße konsumiert werden.)

Fazit

Ich hoffe, dass sich Bethesda für Fallout 4 eher an Fallout: New Vegas orientiert und/oder Obsidian Entertainment um Rat fragt. Die beiden Spiele haben doch eindrucksvoll gezeigt, ob jemand einen Nachfolger in einer Reihe entwickelt, von dem er die Rechte gekauft hat, oder ob es jemand macht, der schon das Konzept mitentwickelt hat.
Warum viele Kritiker und Fans Fallout 3 statt New Vegas besser finden, kann ich nicht beantworten. Da aber Fallout 3 zehn Jahre nach Fallout 2 veröffentlicht wurde, kennen viele Spieler den klassischen Teil gar nicht mehr. Zudem ist es eine nicht-triviale Aufgabe, das alte Fallout auf modernen Rechnern ans Laufen zu bekommen. Damit ist es vergleichsweise schwer, die Wissenslücke zu füllen – mal abgesehen davon, dass Spieler heutzutage nicht mehr so viel selbst lesen wollen und viele ohne Wegpunkte komplett aufgeschmissen sind.

Disclaimer

Auch wenn ich meine, FNV ist besser als F3, heißt das noch lange nicht, dass Bethesda ein schlechtes Spiel abgeliefert hat. Ohne Bethesda hätten wir Fallout vermutlich komplett begraben können, als Black Isle aus Kostengründen geschlossen wurde. Das Spiel selbst hat mich 70 Stunden lang beim ersten Durchspielen gut bis sehr gut unterhalten. Aber Fallout: New Vegas war in der Lage, dem noch eine gewisse Krone aufzusetzen und sich eher wie ein klassisches Fallout anzufühlen.
Ich bin gerne bereit zuzugeben, dass es Bethesda besser drauf hat, Aha-Momente zu fabrizieren. Das erste Mal aus woraus-auch-immer auszusteigen und das Ödland zu sehen, war in Fallout 3 freilich beeindruckender, vor allem, weil es hieß, aus Vault 101 würde nie jemand herauskommen. Tranquility Lane war vermutlich einer der aller coolsten Spielemomente der letzten Jahre und Little Lamplight war ebenfalls unerwartet. Solche Überraschungen sind Bethesda auch in anderen Spielen wie Skyrim gelungen.

PS: Früher war ohnehin alles besser

…dass das stimmt, zeigt das folgende Video aus Fallout 2. Heutzutage gibt sich kaum ein Spieleentwickler so viel Mühe beim Voice-Acting. Oder kennt jemand einen Charakter, der euch so stilvoll zurechtweist? MO-RON!

Update vom 10.02.2022: Dieser Beitrag enthielt ein YouTube-Video, das es heute so nicht mehr gibt. Deshalb haben wir es entfernt.


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