Test: Chromecast Audio

Alexander Trust, den 13. Oktober 2015
Chromecast Audio
Chromecast Audio, Bild: Alexander Trust

Wer eine gute Hi-Fi-Anlage hat oder einfach nur ein System von Aktiv-Boxen, der muss dieses nicht zwingend durch ein neueres Modell ersetzen, nur um es via Smartphone anzusprechen. Google hat kürzlich Chromecast Audio vorgestellt. Wir haben das Zubehör getestet, das viel verspricht. Aber wie viel hält es?

Persönlich hab ich eine Weile die erste Generation von Googles Chromecast genutzt, war damit äußerst zufrieden, bin aber nicht der TV-Typ. Ein Tablet als Bildschirm reicht mir neben der Arbeit am Computer-Desktop oft aus. Als dann vor kurzem die Nachfolgegeneration vorgestellt wurde, wollte ich sie trotzdem unter die Lupe nehmen. Das neue, speziell auf Audio-Daten eingerichtete Chromecast Audio ist für mich besonders interessant.

Lieferung problematisch

Ich bestellte Chromecast Audio direkt bei Google und es kam heute mit dem „Paketdienst“ an. Paketdienst gehört deshalb in Anführungszeichen, weil ich mich entschied, nicht auf die Tube zu drücken und einen Gratisversand wählte, der nicht innerhalb derselben Woche, sondern 4 bis 6 Werktage später bei mir eintreffen würde. Als mir die Bestellung bestätigt wurde, erfolgte der erste Dämpfer. Google teilte mir mit, dass ich meine Sendung nicht nachverfolgen könne. Also wusste ich nicht, wann genau ich zu Hause würde sein müssen, um dem Paketdienst die Türe zu öffnen. Das war, wie sich heute herausstellte, gar nicht nötig. Aus 36243 Niederaula verschickte Google (oder ein Partner Googles) das Paket mit der „Deutschen Post“. Da der Postbote bei uns nicht immer klingelt, lag also das Päckchen mit dem Chromecast Audio darin den ganzen Tag unbeachtet im Hausflur. Erst am Nachmittag entdeckten wir es, zum Glück. Denn es ist schon vorgekommen, dass Lieferungen nie bei uns angekommen sind – aus welchen Gründen auch immer. Das ist ein Umstand, den Google bei allem Kostendruck dringend verbessern muss. Schon seit Google versucht, seine Nexus-Geräte selbst an den Kunden auszuliefern gibt es Kritik an der Logistik. Denn die allerersten Nexus-Geräte kamen damals nicht etwa bei den Kunden an, die sie Monate vorher bei Google bestellt hatten, sondern erst Tage vor dem Verkaufsstart bei anderen Händlern geordert.

Installation klappt prima

Die Installation des Chromecast Audio funktioniert prima. Man lädt eine App auf sein Smartphone oder Tablet herunter, das Gerät wird automatisch gefunden und alles Weitere wird auf dem Bildschirm der App erläutert. Natürlich darf das notwendige, sogenannte Zero-Day-Update nicht fehlen. Nachdem also das Gerät aktualisiert wurde, bevor man es zum ersten mal nutzen konnte, machte ich mich auf die Suche nach sinvollen, kompatiblen Apps. Google selbst schlägt über die Chromecast-App einige vor, zuvorderst solche, die auf meinem iPhone installiert sind.

Die Nutzung ist eingeschränkt und fehlerhaft

Die erste App, die ich also startete, war TuneIn Radio (Free). Das Cast-Icon zeigte sich, ich wählte meinen neuen Chromecast Audio aus und drückte auf Play. Die App stürzte ab. Tatsächlich stürzt die App mit TuneIn Radio immer ab und ist in der Chromecast-App aber trotzdem als „aktiv“ angezeigt. Radio über TuneIn Radio auf beliebigen Boxen hören ist derzeit scheinbar nicht möglich, jedenfalls nicht auf einem iPhone 6 Plus mit iOS 9.0.2. Ich startete die App neu, ich startete sogar das iPhone neu – nichts hilft derzeit. Möglich, dass hier der Anbieter der App ein Update herausbringen muss, damit das Streaming auf den Chromecast Audio funktioniert.

Es ist deprimierend, wenn man ein „cooles, neues Produkt“ ausprobieren möchte, und die erste Erfahrung mit Programmabstürzen und Schwierigkeiten behaftet ist. Ich suchte nach weiteren Apps, die ich nutzen könnte. Die YouTube-App wäre doch ein prima Kandidat, dachte ich. Sie ist von Google selbst und damals konnte ich den Chromecast-Stick der ersten Generation damit prima verwenden. Doch die YouTube-App (Version 10.38), die zuletzt am 6. Oktober aktualisiert worden war, zeigt mir, so oft ich auch ein Video überspringe und mir irgendwelche Playlists mit Songs aus den 80ern, 90ern oder wann auch immer anzeigen lasse, kein Cast-Symbol an. Offenbar erkennt die YouTube-App meinen Chromecast Audio nicht. Das ist ernüchternd. Ein Neustart der App oder des Chromecast Audio halfen nicht. Auch YouTube in Chrome unter iOS aufzurufen nützt nichts. Also versuchte ich das Gleiche in Chrome unter OS X. Der erste Versuch scheiterte auch dort. Ich deinstallierte die Cast-Erweiterung für Chrome, fügte sie erneut hinzu, und als nächstes hörte ich ein Klassik-Konzert, das Zelda-Videospielmusik intonierte über die Aktivboxen, an die normalerweise meine Konsolen angeschlossen sind. Die YouTube iOS-App fand aber sehr wohl ein aktives Fire TV im gleichen Netzwerk, auf das man die Inhalte hätte streamen können.

Weiter ging’s mit meinem iPhone 6 Plus. Ich durchsuchte weitere Gratis-Apps. Pandora gibt es in Deutschland nicht… iHeartRadio auch nicht. Was ist NPR One? In jedem Fall gibt es diese App im deutschen App Store, sie wird von Google vorgeschlagen und also installierte ich sie. NPR One ist ein US-Radio-Sender, bei dem man die einzelnen Radiosendungen quasi als Podcast-Häppchen präsentiert bekommt und sich daher aussuchen kann, in welcher Reihenfolge man sie verfolgen möchte. Das Playback klappte einwandfrei – so stelle ich mir das vor, so kenne ich es vom Chromecast der ersten Generation. Aber mit politischen und gesellschaftlichen Themen aus den USA wollte ich mich eigentlich nicht beschallen lassen, sondern mit Musik.

Da kommen wir zu einem Problem für Apple-Nutzer. Stand heute bietet Apple Music keinen Support für Chromecast Audio. Doch Spotify bietet ihn, richtig? Jain. Spotify erlaubt das Chromecast-Streaming (derzeit) „nur“ in der kostenpflichtigen Premium-Version. Nur man wird sicher nicht zwei Musik-Streaming-Angebote kostenpflichtig abonnieren, wenn man Kunde von Apple Music ist, um über Chromecast Audio Musik abzuspielen. Für dieses Szenario heißt es einfach warten. Apple wird den Support für Chromecast Audio vielleicht nachreichen. Da ich bereits früher mal Premium-Kunde bei Spotify war, konnte ich auch nicht einfach einen Gratis-Test absolvieren. Darüber hinaus sollte es aber doch noch mehr Apps geben, die dieses Produkt unterstützen?

Ich installierte Deezer für iOS, das mit Chromecast-Produkten kompatibel sein soll. 15 Tage könne ich das Premium-Angebot testen. Prima, für den Test von Chromecast Audio bestens zu gebrauchen. Und siehe da. Deezer für iOS und Chromecast Audio arbeiten ohne zu murren miteinander zusammen. So sollte es eigentlich immer sein.

Leider wiederum nicht problemlos verlief der Test mit der iOS Google Play Music App. Der Chromecast Audio wird als Gerät gefunden, es erklingt auch ein Verbindungston, dann aber wird die Verbindung scheinbar nicht vollständig aufgebaut. Die Wi-Fi-Anzeige im Cast-Symbol spielt quasi Karussell. Ein Schließen aller anderen Apps und ein Neustart sowohl des Chromecast Audio als auch der App auf meinem iPhone 6 Plus halfen nicht. Google muss also bei seinen eigenen Apps noch nachbessern und scheinbar auch die Firmware des Chromecast Audio optimieren. Denn nachdem ich dem Schauspiel geduldig zusah, um zu sehen, wo der dritte Verbindungsversuch denn endet, brach die Google Play Music App von sich aus ab. Gut dachte ich, probier ich’s noch einmal. Tatsächlich war sie dann in der Lage, sich unmittelbar mit der Hardware zu verbinden.

Technische Möglichkeiten

Sieht man von den Unzulänglichkeiten bei den Apps ab, funktioniert der Chromecast Audio, wie er soll. In den Einstellungen der Chromecast App kann man sogar eine Option wählen für Hi-Fi-Anlagen und -Verstärker, die ein höherwertigeres Streaming einrichten.

Der Chromecast Audio wird mit einem kurzen 3,5 mm Klinkenstecker-Kabel ausgeliefert. Das reicht für die allermeisten Endverbraucher-Produkte aus. Man kann aber das Gerät ebenfalls per optischem Kabel via Toslink oder mittels Cinch-Steckern anschließen. Natürlich nicht am Gerät selbst, dort gibt es nur einen 3,5 mm Klinken-Anschluss, doch auf der Gegenseite muss es eben nicht immer nur Klinke sein. Das Toslink-Kabel passt aber in den Klinken-Anschluss.

Der Vorteil gegenüber Bluetooth-Lösungen ist, dass Chromecast Audio autonom agiert. Das iPhone oder iPad oder der Computer wird nur als Fernbedienung genutzt. Man kann mit dem iPhone dann telefonieren, Spiele spielen usf., während auf den Boxen die Musik einer kompatiblen App zu hören ist und der Akku wird nicht weiter belastet, weil ja der Chromecast Audio selbst die Audiosignale abruft.

Ein besonderes Gimmick ist zudem die Möglichkeit des Gast-Zugangs. Plant man eine Party oder hat man im Haushalt mehrere Personen leben, die die Musik gerne von ihren eigenen Smartphones oder Tablets aus kontrollieren wollen, ist das auf diese Weise möglich. Natürlich muss man anfangs die Geräte trotz Gast-Zugangs autorisieren. Das ist aber schnell gemacht und nur ein einziges Mal notwendig.

Fazit

Der Chromecast Audio kommt in unserem Test relativ gut weg, weil ich aus Erfahrung weiß, was der Chromecast grundsätzlich zu leisten im Stande ist und wie einfach es ist, wenn alles funktioniert. Aber gerade das ist aktuell noch ein Problem. Nicht alle Apps haben im Test auf Anhieb funktioniert, manche überhaupt nicht und sind stattdessen ständig abgestürzt. So macht Chromecast Audio derzeit nur eingeschränkt Freude. Abonnenten von Deezer oder Spotify können getrost schon jetzt zugreifen. TuneIn Radio aber auch Google selbst muss seine eigenen Apps noch nachbessern. Als Apple-Nutzer muss man zudem hoffen, dass Apple Music ebenfalls Chromecast-Support erhält. Denn dieses Zubehör hat viel Potenzial und ist äußerst günstig.


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