Nähkästchen #16: Die Sache mit den Interviews

Alexander Trust, den 18. Oktober 2015
Macnotes unter neuer Führung
Macnotes unter neuer Führung

Ich hatte im Nähkästchen 14 Ende Juni ja angekündigt, mehr Interviews veröffentlichen zu wollen. Dabei geht es weniger darum, sich von irgendjemandem weichklopfen zu lassen, sondern Fragen dann beantwortet zu bekommen, wenn man der Meinung ist, etwas Mehr rauskitzeln zu können. Die letzten Monate zeigen, dass das nicht wirklich einfach ist.

Manchmal kommt man sich bei Macnotes ein bisschen vor wie Marcel Reif. Dortmund-Fans sagen, er ist Bayern-Anhänger und Bayern-Anhänger sagen, er sei Dortmund-Fan. Bei „Nachrichten“ habe ich früher schon einmal erklärt, dass man sich Quellen nicht „ausdenken“ kann und wenn sie eben in Asien oder den USA sitzen, man sich inhaltlich entsprechend auf sie bezieht, beziehen muss. Ich unterhalte leider keinen Kontakt zu Tim Cook, oder zumindest anderen hochrangigen Apple-Mitarbeitern, die mir alle paar Wochen mal irgendwelche Dinge erzählen, wie es bei Webseiten aus den USA der Fall ist und auch kenne ich keine Mitarbeiter von Firmen aus Apples Zuliefererbetrieben, die gegen Geld Webseiten aus Asien mit Informationen versorgen. Ich schreibe regelmäßig Fragen an Apples Pressestelle, aber die Quote, mit der ich Antwort bekomme, ist durchwachsen.

Das heißt aber nicht, dass ich nicht neugierig bin und trotzdem etwas wissen möchte. Denn ich habe schon zur Schulzeit journalistische Projekte begleitet, so zum Beispiel Artikel für die FAZ über den FraPort und den lokalen Remscheider General Anzeiger über Lotto in NRW schreiben können. Als der Bundestag noch in Bonn war, ich Roland Koch oder Joschka Fischer die Hand schüttelte, musste sich schon spontan ein Interview mit zumindest einem von beiden führen, weil ein Kollege gerade an anderer Stelle vom ZDF interviewt wurde. Darüber hinaus habe ich andere Artikel geschrieben, die auch „gedruckt“ erschienen sind. Doch irgendwann hab ich für mich „Online“ als zeitloses Medium erkannt. Umso mehr frustriert es mich, dass man sich online Nachrichten nicht aus den Rippen schneiden kann. Macnotes existiert seit 2006, ich selbst habe 1998 meine erste Domain registriert und damals wie heute immer wieder Interview-Anfragen gestellt. Mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg.

Fragen ohne Antworten

Zuletzt gab es aber eine ganze Reihe von negativen Ergebnissen auf der Suche nach Antworten, die ich chronologisch ein wenig zusammenfassen möchte, auch um den Stammlesern von Macnotes den Einblick zu geben, wie viel man eigentlich im Hintergrund arbeitet und wie wenig sich davon manchmal im Vordergrund zeigen lässt.

Am 14. Mai schicke ich gleich eine Reihe von Anfragen raus, als bekannt wird, dass Apple einen Vertrag mit dem dann insolventen RadioShack gehabt hat. Apple hat seine Produkte in einer Art „Shop im Shop“ beim Elektronik-Discounter angeboten und wollte gerichtlich erreichen, dass Kundendaten aus der Insolvenzmasse nicht verkauft werden dürften, die von Käufern und Käuferinnen stammen, die bei RadioShack Apple-Produkte gekauft haben.
Also schrieb ich an die Pressestelle von Saturn, Media Markt, Unimall, MacTrade und Gravis. Einzig von Gravis erhielt ich eine Rückfrage, bis wann ich denn eine Antwort benötigte. Die kam dann im Monat drauf und war eher vage, weil sie an meiner Frage vorbeiging. Ich erfuhr nicht, ob Gravis mit Apple ähnliche Abmachungen unterhält, sondern:

„Selbstverständlich hält sich GRAVIS an geltendes Recht und unsere Geschäftspartner ebenfalls. Soweit wir Kundendaten verarbeiten, tun wir dies in Übereinstimmung mit den rechtlichen Anforderungen. Die Daten unserer Kunden sind weder für Dritte einsehbar noch haben Dritte irgendwelche Rechte an diesen Daten. Aus diesem Grund sehen wir keine Verbindung zu dem von Ihnen genannten Fall in den USA, der darüber hinaus auf der Grundlage amerikanischer Gesetze entschieden wurde.“
Gravis

Am 15. August sende ich eine Interview-Anfrage an den deutschen Entwickler MetaQuark (z. B. AppFresh) aus Leipzig. Ich erkläre, dass ich gerne mehr zur App AppFresh und der Entwicklung von OS X wissen möchte. Ich habe bis heute keine Rückmeldung erhalten.

Am 23. September schreibe ich die Pressestelle von Aldi Süd an, weil ich gerne mehr über den kommenden Musik-Streaming-Service Aldi life Musik erfahren möchte, der in Kooperation mit Napster und Medion entsteht. Ich fühle vor, dass ich gerne die Konkurrenzsituation mit Spotify und Apple Music thematisieren möchte, und wie es zu der Kooperation mit Napster kam. Einige Tage später erhalte ich ein E-Mail mit dem Hinweis, dass man sich für die bisherige Zusammenarbeit bedankt (ich hätte nicht gewusst, dass ich für Aldi arbeite, wo darf ich meine Rechnung hinschicken?) und aber für ein Interview „nicht zur Verfügung steht“.

Am 30. September schicke ich 10 Fragen an einen Marketing-Mitarbeiter, der den Entwickler Welldoo vertritt. Dieser erstellt für die Techniker Krankenkasse Apps fürs iPhone und bald auch für die Apple Watch. Dieser bot mir zunächst ein „Hintergrundgespräch“ an. Das Thema wurde interessant, weil die TK die Apple Watch subventioniert für ihre Kunden. Auf meine Interview-Fragen habe ich bis heute keine Antwort erhalten, denn die waren Welldoo vielleicht zu hintergründig.

Am 11. Oktober schreibe ich einem Schweizer Entwickler namens Christian K., der über Hacker News einen interessanten Artikel von sich zum Thema AdBlocker promotete. Darin wurde beschrieben, dass AdBlocker in ganz anderen Situationen Fehlermeldungen auf einem Server erzeugten, mit dem Formular-Daten eines Kunden bearbeitet wurden. K. fand heraus, dass der AdBlocker sich mit AJAX nicht verstand, weil er die Funktion „XMLHTTPRequest.open()“ abfragt. Das Formular auf der Seite des Kunden nutzte AJAX und diesen Aufruf. Wurden dort „falsche“ URLs in das Formular eingegeben, die auf einer schwarzen Liste des AdBlockers standen, arbeitete das Formular nicht korrekt.
Ich fand, dass dies ziemlich weitreichend war. Also informierte ich mich vorher bei anderen Entwicklern. „Theoretisch“, so bekam ich zur Antwort, könnte man bei manchen Browsern, je nachdem wie diese das Javascript verarbeiten, „vielleicht“ sensitive Nutzerdaten auslesen, weil der AdBlocker so funktioniert, wie von K. beschrieben. Der Aufwand wäre nicht unerheblich und vielleicht beträfe es nur gewisse Versionen von Browsern und AdBlockern, aber man wollte auf meine Frage nicht völlig ausschließen, dass eine Manipulation möglich sei. Und K.? Der antwortete:

Hallo Alexander,
ich möchte mich in die politische/ethische Debatte bzgl. Adblockern nicht einmischen, deshalb habe ich kein Interesse. Aber danke für die Rückfrage.
Christian K.

Ich teilte ihm mit, dass ich seine Antwort respektiere, aber natürlich ein wenig enttäuscht bin. Denn ich dachte, dass K. sich zur Sicherheitsthematik hätte äußern wollen, gegenüber einem größeren Publikum.

Jetzt könnte ich mit Goethes Faust formulieren: „Da steh‘ ich nun, ich armer Tor, und bin so klug als wie zuvor!“ Ich muss zugeben, dass es sowohl ermüdend als auch enttäuschend ist. Es kommen dutzende Anfragen von Marketing-Leuten, die gerne irgendwelche Promotion für nur noch eine App oder Zubehör machen möchten, aber wenn man gerne echte Nachrichten produzieren will, und ein paar Fragen beantwortet haben, dann bekommt man manchmal sogar nicht mal ein Echo.


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